Endlich frei vom Gewicht der Welt!

Im Jahre 1993 machte ein Schweizer eine beunruhigende Entdeckung: Der Atlaswirbel praktisch aller Menschen befindet sich in einer krassen Fehlstellung. Seit 1996 ist es möglich, ihn risikolos in seine richtige Lage gleiten zu lassen. Die Folgen für Geist und Körper gleichen einer Rückkehr zu wahrem Mensch-Sein in der vollen körperlichen und geistigen Kraft, verbunden mit dem allmählichen Verschwinden zahlloser Leiden.

Es war an einem Montagnachmittag, als Karin mich anrief. Irgendwann im Laufe unseres munteren Gesprächs erwähnte sie einen Mann, der "eine super Sache" mache. Sie selbst habe die "super Sache" schon bei sich machen lassen, und sie könne sie mir nur sehr empfehlen.

Ich horche auf, denn Karin ist einer jener Menschen, die einem immer gute Dinge bringen, die Hand und Fuß haben, die funktionieren. Ich beschließe, bei diesem Mann schon bald einen Termin auszumachen. Seine Praxis wirkt gepflegt - eine einladende Mischung zwischen einer gewissen Gediegenheit (Intarsienmöbel), wie sie zur wohlsituierten Bevölkerung der zentralschweizerischen Steueroase Zug paßt (Boris Becker ist seit gut einem Jahr auch hier angemeldet), und einer spirituellen Atmosphäre (Elementarwesen, Pflanzen, bildschöne Blumensträuße und eine große, alles überstrahlende Marienstatue), die darauf schließen lassen, daß dieser Mann sich nicht nur mit Körpern, sondern auch mit dem Geist befaßt.

Klaus Zumkehr ist Deutscher aus dem Raum Aachen, doch er trägt ein rotes Polohemd mit Schweizerkreuz und eine ebensolche Armbanduhr. Ich muß zugeben, daß dies (zynische Leute würden es vielleicht Anbiederung nennen) mir durchaus mein schweizerisches Herz erwärmt!

Alles, was ich von Zumkehrs Arbeit weiß, ist, daß er ‚irgendwas' am Atlas macht, dem obersten Halswirbel, dem Träger des Kopfes, an dem die ganze Wirbelsäule hängt. Ich erzähle ihm, daß ich schon von Atlaslogie gehört hätte und selbst nach einem schweren Sturz einige Male zur Craniosakraltherapie gegangen sei; jedoch damit aufgehört hätte, weil jene Therapeutin mir jedes Mal versicherte, man werde mich niemals wiederherstellen können.

Von Atlaslogie distanziere ich mich deutlich", bemerkt Zumkehr sehr bestimmt. Das, was er mache, habe weder mit der Atlaslogie, noch mit der Vitalogie irgend etwas zu tun. Nanu, denke ich, und meine Spannung wächst. Zumkehr holt einen Schädel und die ersten zwei Halswirbel aus dem Schrank. Er legt den Atlas, den obersten Halswirbel in die vom Skelett dafür geschaffene Kuhle (siehe Bilder Seite 63). Die speziellen Knochenformationen beidseitig des Schädelloches, Condyli occipitales genannt, die in den oberen konkaven Gelenkflächen des Atlas liegen, ergeben zusammen mit dem Atlas die Kopfgelenke (Atlantookzipitalgelenke). "Dies ist die richtige Lage des Atlas", erläutert Zumkehr und zeigt, wie die beiden Stiloide des Schädels zusammen mit dem Zapfen (Dence) des zweiten Halswirbels (Axis) den Atlas perfekt an seiner Stelle fixieren.

Dann nimmt er beide vom Schädelende weg und legt den Atlaswirbel geradezu grotesk schräg hin - so daß einer der beiden seitlichen Fortsätze des Atlas vor und der andere hinter die kleinen Knöchelchen, Stiloide genannt, zu liegen kommt (siehe Bild). Das Schädelloch wird dadurch seitlich angeschnitten und im Durchmesser verringert. "In dieser Lage befindet sich der Atlas bei praktisch allen Menschen", erläutert Zumkehr. Ich bin geschockt.

"Das heißt, wir werden wohl schon mit einem vollkommen ausgerenkten Atlas geboren. Bei manchen Menschen verschiebt er sich dann durch Schleuder- oder Sturztraumas noch stärker, wodurch der Druck auf die Nervenbahnen noch intensiver wird. Mit fatalen Folgen für die Nervenbahnen, das Rückenmark, Arterien und Gefäße." Die Verengung des Schädelloches (Foramen magnum) kann übrigens mittels der Kernspintomographie sichtbar gemacht werden. Sie ist also kein Phantasieprodukt. Meist wird die Verengung jedoch fehlinterpretiert - als Folge von Wucherungen, die man dann womöglich noch herausfräsen müßte...

Atlas

Bei einem Schleudertrauma ist der Atlas noch stärker verschoben (C) als sonst. (B). Zum Vergleich: Lage eines gerichteten Atlas (A).

Zu den auftretenden Beeinträchtigungen bei einem ausgerenkten Atlas gehören:

Ein Dauerdruck auf die am Schädelloch austretende craniale Fortsetzung des Rückenmarks, die in diesem Bereich austretenden Hirnnerven und andere Nervenbahnen sowie das übrige Rückenmark, das am Oberrand des Atlas beginnt. Dadurch wird der vom Hirn zum Körper und zurück fließende Nervenimpuls reduziert, verfälscht oder gar deformiert. Das Zentralnervensystem, die ‚Elektronik' des Menschen, wird dadurch stark beeinträchtigt. Dasselbe geschieht mit den übrigen acht Hirnnerven.

Der freie Fluß der Zerebrospinalflüssigkeit, wovon beim erwachsenen Menschen in den Räumen des Rückenmarks ständig um die 125 bis 150 Milliliter zirkulieren, werden durch den Dauerdruck auf das Rückenmark ebenfalls behindert, was wiederum zu schweren Störungen führen kann.

Die Arterien vertebralis, die durch die Ösen der beiden seitlichen Fortsätze des Atlas verlaufen als auch andere hier verlaufende Arterien und Gefäße, sowie möglicherweise auch die Halsschlagader können durch den luxierten Atlas zum Teil stark eingeschnürt werden. Dies kann zu Durchblutungsstörungen im Bereich der cranialen Fortsetzung des Rückenmarks, des Kleinhirns und des ganzen Kopfes und als weitere Folge zu Schwindel führen, was wiederum Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Hirns, des Zentralnervensystems (ZNS), des Hormonsystems etc. und auf die Psyche des Menschen hat.

Jede einzelne Zelle der Trillionen von Zellen des menschlichen Organismus wird vom Gehirn aus über das Zentralnervensystem gesteuert und unterhalten. Eine Luxation des Atlas stört den Daten-Informationsfluß, genannt Nervimpuls, gravierend.

Durch Leiden zur Lösung

Das Wissen um die katastrophale Fehlstellung des Atlaswirbels ist noch sehr jung, und einmal mehr ging dieser bahnbrechenden Erkenntnis ein jahrzehntelanger Leidensweg voraus: René-Claudius Schümperli, geboren am 16. Februar 1940 in der Nähe von Zürich, erlitt in seiner militärischen Ausbildungszeit mit zwanzig Jahren einen Unfall, der nicht nur seinen Halswirbel, sondern auch sein Leben zertrümmern sollte. Beim Nahkampf wurde er Kopf voran in den harten Boden gerammt, verlor das Bewußtsein, und als er wieder erwachte, brannte Feuer in seinem Nacken und tobte Chaos in seinem Kopf. Kein Arzt erkannte, daß sein Atlaswirbel gebrochen war. 36 Jahre lang funktionierte er nur noch "wie ein Roboter, meine Persönlichkeit war verändert, mein Verhalten ebenso". Immer wieder litt er unter starken Schmerzen im ganzen Körper, totaler Erschöpfung, Problemen mit dem Herzen, starkem Nervenfieber, Druckschmerzen hinter den Augen, rasenden Kopfschmerzen u.v.m.

Nachdem die behandelnden Ärzte ihm Badekuren, Wickel, Massagen und unzählige Medikamente verordnet hatten, sich die Schmerzen aber nicht legen wollten, übergab man ihn der Psychiatrie, nach dem Motto - wenn alle herkömmlichen Methoden nicht halfen, mußte seine Pein wohl Einbildung sein. Alsbald wurde ihm denn auch die Invalidenrente gestrichen. Nur sein Arbeitgeber hielt noch zu ihm, versetzte ihn ins Wallis. Seine Stelle als Betriebsleiter mußte er wegen seiner starken Beschwerden jedoch bald aufgeben, arbeitete dann vorübergehend als Kellner, als Bügelgeber am Skilift und Hilfsarbeiter. "Schlußendlich hielt ich mich eine Zeitlang mit Kleinkrediten über Wasser. Hoch verschuldet und krank, erbarmte sich dann der Himmel meiner. Ich fand eine Stelle als Kurtaxenkassier in einem Ferienort. Während 17 Jahren verdiente ich meinen Lebensunterhalt, indem ich von Haustür zu Haustür ging, um für den Verkehrsverein die Kurtaxe zu kassieren: eine unangenehme und oft demütigende Arbeit, aber ich war von den Unfallfolgen dermaßen geschädigt, daß ich zu nichts anderem fähig war." Die Arbeit erlaubte ihm, Pausen zu machen, wann er sie benötigte, und über eintausendmal in einen Badeort zu fahren, um Linderung für seine Beschwerden zu finden (die Sie auch im ‚Schleudertrauma'-Kasten finden, der in der Druckausgabe publiziert ist).

Trotz alledem verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends - sosehr, daß er 1986 an Selbstmord dachte. Sein Hausarzt riet ihm, zu einem Vitalogen zu gehen. Die Vitalogie erschien ihm zunächst als Rettungsanker, entpuppte sich aber nach einiger Zeit als Fehlkonzept. Wie die Atlaslogie geht sie davon aus, daß der Atlaswirbel nur um Hundertstel Millimeter verschoben sei, was im Fachjargon Subluxation genannt wird. Obwohl sich Schümperli selbst zum Vitalogen hatte ausbilden lassen, wurde ihm mehr und mehr bewußt, daß damit etwas nicht stimmen konnte. Bei ihm wie auch seinen Patienten kamen die Beschwerden nach jeder Anwendung wieder. Es konnte sich also im besten Fall um eine Symptombekämpfung, nicht aber um eine Beseitigung der Ursachen handeln.

Anders die Methode, die Schümperli dann Anfang der Neunziger Jahre entwickeln sollte, und die sich Atlasprofilax nennt. Sie muß nur ein einziges Mal an jedem Menschen durchgeführt werden - und dessen Atlaswirbel verbleibt für den Rest seines Lebens in der richtigen, ursprünglich vom Körper vorgesehenen Lage, selbst nach einem neuerlichen Unfall oder Sturz.

Wie genau er zu seinen Erkenntnissen kam - dazu gibt Schümperli sich wortkarg. Natürlich war er getrieben vom Forscherdrang des Leidenden, der alles tun würde, um sich Linderung, sprich ein normales Leben zu verschaffen. In der Vitalogie hatte er sich zusätzlich intensiv in die anatomischen Gegebenheiten der ganzen Nackenregion eingearbeitet. Sein ‚Heureka' erlebte er im Jahre 1993, als er erstmals zweifelsfrei feststellte, daß der Atlas nicht subluxiert - also nur um hundertstel Millimeter - schief lag, sondern vollständig luxiert war - sprich, sich in einer krassen Fehlstellung befand.

Von der Erkenntnis bis zum ersten Praktizieren seiner Methode, bemerkt er, war der "Weg noch weit und steinig". Am 25. Juni 1996 war es dann aber soweit: Erstmals wandte er seine neu entwickelte Methode an mehreren langjährigen Patienten seiner Praxis an - natürlich mit deren vollem Einverständnis. Und siehe da: Der Atlas glitt mühelos und praktisch schmerzfrei in seine richtige Lage, wo er von den Stiloiden und dem zweiten Halswirbel dann auch an Ort gehalten wird!

Eine der eindrücklichsten Erfahrungen, die Klaus Zumkehr machte, nachdem sein Atlas vor gut eineinhalb Jahren von Schümperli selbst korrigiert worden war, lag darin, daß die übrigen Wirbel bei ihm seit einem halben Jahr stabil in ihrer natürlichen Lage bleiben. Vorher mußten sie vier- bis fünfmal jährlich wieder eingerenkt werden. "Wirbel renken nicht aufgrund gewisser Gefühlsmuster aus", erklärt Zumkehr. "Wirbel renken ursächlich aufgrund eines ausgerenkten Atlas aus, denn die Wirbelsäule muß die extreme Schiefstellung des Atlas (15 bis 40° in der Rotation) bis zum Iliosakralgelenk kompensieren, woraus u.a. diverse Fehlhaltungen und Beckenschiefstände resultieren. Dies wiederum stört das hochsensible statische Gleichgewicht innerhalb der Wirbelsäule massiv.

"Die unnatürlichen emotionalen Muster sind eine Folge dieser Schiefstellungen, nicht die Ursache", betont Zumkehr. "Generell kann gesagt werden, daß traditionelle Wirbelsäuletherapien wesentlich schneller und vor allem dauerhaft zum Erfolg führen, wenn der Atlas in seiner natürlichen Position fixiert ist und die Aufhängung der Wirbelsäule damit im Lot ist und auch bleibt."

Meine eigene Erfahrung ist, daß ich nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder ohne (pflanzliche) Schlafmittel ein- und durchschlafen kann. Schädel- und Nackenschmerzen, Migräne und Nachtschweißanfälle, die alle eine Folge meines Sturztraumas waren, sind vollkommen verschwunden; neu habe ich manchmal Schmerzen in der Schultermuskulatur, die jedoch durch die regelmäßigen Massagen allmählich verschwinden und eine Folge des ‚Geraderückens' des Rückens sind. Beim Meditieren erreiche ich viel schneller eine tiefe Versenkung, was mir nach dem Sturztrauma überhaupt nicht mehr möglich war. Der ganze Körper ist von einer wunderbaren Lebendigkeit erfüllt, die bis in die Fingerspitzen spürbar ist, und sich manchmal wie prickelnder Champagner anfühlt.