Deutschland in den Fängen dunkler Mächte

Die Deutschen wurden von einem "Rattenfänger" verführt, der die schrillen Töne einer dämonischen Unterwelt spielte. Der Spuk führte sie geradewegs in den Untergang.

 Drittes ReichEs war in mehr als einem Sinn eine dunkle Nacht, als der Geist seine düstere Prophezeiung machte. Man schrieb das Jahr 1919. Die Münchner Thulegesellschaft , ein okkulter Orden, hatte sich versammelt, um mit dem Geist verstorbener Mitglieder zu kommunizieren. Als Medium diente ihnen eine einfache, unwissende Bauersfrau. Die Frage, welche die Thule-Leute am stärksten beschäftigte, war, ob sich die alte Prophetie eines "deutschen Messias" nun endlich bald erfüllen würde. Da stieg der "Schatten" der einstmals blonden und schönen Gräfin Heila von Westarp im Zwielicht auf. Heila war Sekretärin der Thulegesellschaft gewesen, bevor die "Roten" sie ermordet hatten. "Wie eine durchsichtige Kassandra stieg sie aus dem Schoß ihres schlummernden Mediums und verkündete, daß dieser Mann, der sich nun daran mache, die Führung der Thulegesellschaft zu übernehmen, sich als falscher Prophet erweisen würde. Er würde totale Macht über die Nation erlangen, aber eines Tages ganz Deutschland in Ruinen legen und das deutsche Volk in eine Niederlage und moralische Verderbnis führen, die bislang nicht ihresgleichen in der Geschichte habe", schreibt Trevor Ravenscroft in seinem viel beachteten Buch Die Heilige Lanze.

Der Name jenes Mannes war Adolf Hitler. Daß dieser Hitler eines seltsamen Geistes ‚Kind' war, erkannten schon damals hellsichtigere Zeitgenossen. Unter ihnen Hermann Rauschning, Danziger Senatsvorsitzender: "Man ist gezwungen, an Medien zu denken. Die meiste Zeit sind sie ganz gewöhnliche, unbedeutende Menschen. Plötzlich fallen wie aus dem Himmel Kräfte auf sie, die sie weit über das Maß des Gewöhnlichen hinausheben. Diese Kräfte haben mit ihrer eigentlichen Persönlichkeit nichts zu tun. (...) Das Medium ist besessen. Wenn der Bann gebrochen ist, fällt es wieder in seine Mittelmäßigkeit zurück.

Und auch bei Hitler ist es unzweifelhaft so, daß gewisse Kräfte durch ihn hindurchgehen. Fast dämonische Kräfte, denen der Mensch, der Hitler heißt, nur die augenblickliche äußere Hülle bietet. Durch dieses Zusammentreffen des Gewöhnlichen mit dem Außerordentlichen ergibt sich jene unerträgliche Zwiespältigkeit, die man empfindet, sobald man mit Hitler in Berührung kommt." Auch andere Zeitgenossen hatten denselben Eindruck Hitlers als eines Automaten, der an- und ausgeschaltet werden konnte, als einer Hülle, die von irgendwelchen Kräften benutzt wurde.

Hitlerbiograph Toland zitiert Haushofers Sohn Heinz, der von seinem Vater zu einer Rede Hitlers in einen Münchner Salon mitgenommen worden war. "Hitler gebärdete sich, als ob er hinter dem Rednerpult im Zirkus Krone stünde. Es war entsetzlich (...) er schrie und gestikulierte mit den Armen. Niemand unterbrach ihn. Er redete und redete, wie eine Schallplatte, eine oder eineinhalb Stunden hindurch, bis er absolut erschöpft war (...) als er geendet hatte und atemlos dasaß, zeigte er sich wieder als der einfache und freundliche Mann (...) Es war, als ob er in einen anderen Gang geschaltet hätte. Und es gab kein Zwischenstadium." (Lesen Sie dazu den Artikel Wie Hitler zum Hexer wurde, ZeitenSchrift-Druckausgabe Nr. 48)

Werkzeug des Antichrist

"Trauert nicht um mich: Ich werde die Geschichte mehr als alle anderen Deutschen beeinflußt haben." So sprach Dietrich Eckart, bevor er im Dezember 1923 an den Folgen einer Senfgasvergiftung in München starb. "Der imposante Bayer, der zu den sieben Gründern der Nazipartei zählte, war nach außen hin bekannt als Dichter, begabter Schriftsteller, Historiker, sowie als bon vivant und Liebhaber geistvoller Gespräche. Wer ihn scheinbar ganz dem munteren Treiben in Münchens Bierkellern hingegeben sah, konnte nicht ahnen, daß sich hinter dem jovialen Äußeren dieses ehemaligen Offiziers ein fanatischer Teufelsanbeter versteckte, ein Mann, der die höchste Weihe in den Künsten der schwarzen Magie und Rituale empfangen hatte und Mittelpunkt eines einflußreichen und ausgedehnten Kreises von Okkultisten war - nämlich der Thulegruppe", schreibt Ravenscroft.

Der erste direkte Kontakt Hitlers mit Thule kam am 3. Oktober 1919 zustande, als Hitler von seinem Vorgesetzten beauftragt wurde, eine Versammlung der Deutschen Arbeiterpartei im Sterneckerbräu in München zu besuchen. Noch im gleichen Monat ersuchte Hitler um Aufnahme in die Partei: "Ich bin 30 Jahre alt, habe von 1914 bis 1918 als Frontsoldat im Felde gestanden, bin ausgezeichnet mit EK 1. Mein Beruf ist Kaufmann, möchte aber Werberedner werden, man spricht mir diese Begabung zu." "Dieser Dietrich Eckart ist ein Mann, den ich bewundern muß", schwärmte Hitler. "Er scheint zu wissen, was wirklicher Haß ist und wie man ihn zeigt." Eckart war der Funke, der an die "Lunte" Hitler gelegt wurde.

Daß jenem bewußt war, welch wichtige Rolle er als "Königsmacher" gespielt hatte, beweist folgender Ausspruch Eckarts, ebenfalls auf seinem Totenbett gesprochen:"Folgt Hitler! Er will tanzen, aber ich bin es, der die Melodie angestimmt hat! Ich habe ihn in die ‚heimliche Lehre' eingeweiht, seine Visionszentren geöffnet und ihm die Mittel gegeben, mit den Mächten zu kommunizieren." Schon länger war Eckart auf der Suche nach seinem Meisterschüler gewesen. Im Kreise seiner Thulegruppe behauptete er, er habe eine Art satanischer Verheißung empfangen, nämlich, daß er, Eckart, dazu ausersehen sei, das Werkzeug des Antichrist vorzubereiten - jenen Mann, der von Luzifer inspiriert werde, um die Welt zu erobern und die arische Rasse zu Ehre und Ruhm zu führen. 1922 soll Eckart soll den späteren Führer in die höheren Grade des Thule-Ordens eingeweiht haben.

Die okkulte "Wiege" des Nationalsozialismus

"Es gibt mehr als nur Indizien dafür, daß dem äußerlichen Gefüge des Nationalsozialismus eine Geheimgesellschaft, ein geheimer Glaube zugrunde lag, eine Verbindung, die geheimen und geheimnisvollen Riten und Dogmen gehorchte, die viel schärfer ausgearbeitet waren als die allgemein gehaltenen Thesen in Mein Kampf oder in Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts", bestätigt auch E.R. Carmin in seinem Buch Das schwarze Reich.

"Wenn man diese Zusammenhänge berücksichtigt, mag es vielleicht noch angehen, die offensichtlich mystischen Schwärmereien Hitlers, seine und die seines Stellvertreters Rudolf Heß' Astrologiegläubigkeit als Nebenprodukt eines allgemeinen psychopathologischen Zustandes abzutun", urteilt Autor E.R. Carmin. "Beim Reichsführer SS, Heinrich Himmler, ist das aber kaum mehr möglich. Da muß schon eine gute Portion historiographische Ignoranz im Spiel sein, um nicht zu sehen, wessen geistiges Kind er war: Er glaubte nicht nur wie sein Führer felsenfest daran, daß das Schicksal in den Sternen festgeschrieben stehe, er bezeichnete sich selbst auch als Buddhisten, schickte Expeditionen nach Tibet, ließ den Heiligen Gral suchen und sah sich als Reinkarnation des Kaisers Heinrich I. des Voglers und hielt es offenbar zumindest nicht für unmöglich, sein urgermanischer ‚Rasputin', SS-Brigadeführer Karl Maria Weisthor alias Wiligut, sei der leibhaftige Abkömmling eines priesterlichen germanischen Königsgeschlechts, dessen Wurzeln sich in den mythischen Welten der Asen und Wanen verloren. Der Reichsführer SS war in der Tat der Großmeister eines religiösen Ordens, und dieser Orden war eben die SS."

Die SS - ein nationalreligiöser Orden

Wenn jemand alle magisch-okkulten Aspekte des Hitlerreiches übersehen haben sollte - eine genauere Betrachtung der SS muß einfach zutagebringen, wes Geistes Kind die Nazi-Elite war. Ihre Zentrale hatte die SS in der Wewelsburg in der Nähe von Paderborn (Westfalen). "Sie war sozusagen das große SS-Kloster", schreibt Walter Schellenberg in seinen Memoiren, "wohin der Ordensgeneral einmal jährlich das Geheimkonsortium einberief. Hier sollten alle, die zur obersten Ordensführung zählten, geistige Exerzitien und Konzentrationsübungen abhalten." Im großen Versammlungssaal traf sich die Tafelrunde des Schwarzen Ordens - "ein ganz kleiner, aus hochstehenden Persönlichkeiten und SS-Führern bestehender Kreis (zwölf an der Zahl), der über die wesentlichen Theorien und Ziele im Bilde war", wie Karl Poetel (Typologie de l' Ordre Noir) schreibt. "Die Mitglieder der verschiedenen untergeordneten Trupps erfuhren nur Bruchstücke davon. Denn entgegen landläufiger Meinung war die SS keineswegs nur eine Polizeitruppe: sie war ein regulärer religiöser Orden mit einer hierarchischen Gliederung - und gleichzeitig die modellartige Vorform jenes weltlichen Priesterstaates, der Hitler vorgeschwebt hatte: einer Gesellschaft, die aus Herren, Unmündigen und Sklaven bestehen sollte. So war es auch bei der SS nur die unterste Kaste, deren einziger Zweck darin bestand, den Tod zu geben und den Tod zu empfangen."

1925 hatte Stoßtruppmitglied und Hitlerchauffeur Julius Schreck auf Hitlers Befehl hin begonnen, landesweit Schutzstaffeln zusammenzustellen. Was Schreck in Wirklichkeit suchte, war Rohmaterial zur Züchtung des neuen Menschen. Jeder potentielle Kandidat wurde auf seine Reinrassigkeit und auf körperliche Eignung untersucht. Mit der "Pingeligkeit eines gelernten Hühnerzüchters" (Höhne) achtete Himmler darauf, daß den SS-Männern nicht jene Ebenmäßigkeit im Bau fehlte, die zum Bild des "schönen, sich selbst gebietenden Gottmenschen" gehörte, der in Hitlers Ordensburgen als lebendes Kultbild stehen sollte. Hatte ein Mitglied erst den Eid auf den Führer - Treue bis in den Tod - abgelegt, hatte er die eigentliche Herrschaft über sein Leben abgetreten. Er durfte zum Beispiel nur noch nach rassischen Gesichtspunkten und mit Einwilligung des Rassenamtes und Himmlers heiraten. Dem SS-Mann wurde nach und nach alles Schwache weggehämmert, bis er zum "freien, herrlichen Raubtier" wurde, das der Losung "Glauben, gehorchen, kämpfen" bedingungslos folgte. Der ideale SS-Mann war ein Roboter ohne Gewissen, eine allzeit bereite Kampfmaschine. Die Ausrottung der Juden wurde ihm als ein moralisches Recht eingeimpft, mit der Begründung, jene hätten ja dasselbe mit dem deutschen Volk versucht.

Wohl durfte man unter der selbst ausgeübten Grausamkeit leiden, mußte sich als mannhaftes Mitglied jedoch der unangenehmen, aber "lebenswichtigen" Pflicht beugen. So betonte es Himmler in seinen Reden. Einmal, in Posen, sagte er wörtlich zu seinen SS-Männern: "Sollte im Bereich Ihres Gesichtskreises jemals einer dem Führer oder dem Reich untreu sein, und sei es nur in Gedanken, so haben Sie dafür zu sorgen, daß dieser Mann aus dem Orden kommt, und wir werden dafür sorgen, daß er aus dem Leben kommt."

In erster Linie sollte sich die SS durch ein konsequentes Neuheidentum von ihrer Umwelt abheben. Sie sollte das Vorbild, der Sauerteig des heraufdämmernden magischen Zeitalters sein. An die Stelle kirchlicher Trauungen rückten die Eheweihen unter den Siegrunen der alten Germanen. Dabei tauschten die Eheleute vor dem örtlichen Einheitsführer ihre Ringe und empfingen von diesem Brot und Salz. Denn der Führer hatte schon 1933 verkündet: "An die Stelle des Dogmas von dem stellvertretenden Leiden und Sterben eines göttlichen Erlösers tritt das stellvertretende Leben und Handeln des neuen Führergesetzgebers, das die Masse der Gläubigen von der Last der freien Entscheidung entbindet. Der christlichen Lehre von der unendlichen Bedeutung der Einzelseele und der persönlichen Verantwortung setze ich mit eiskalter Klarheit die erlösende Lehre von der Nichtigkeit und Unbedeutendheit des einzelnen Menschen gegenüber."