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363 Tonnen Bargeld im Irak verschwunden

Washington ließ Unmengen von Bargeld in den Irak schaffen. Was damit geschah, weiß niemand.

http://diepresse.com/ Washington. Man verlegt schon einmal einen Schlüssel. Auch nach der Geldtasche hat man vielleicht schon hektisch gesucht. Aber ein paar Milliarden Dollar? Über dermaßen viel Geld sollte man eigentlich den Überblick bewahren. Offensichtlich nicht. Denn laut einer Untersuchung des US-Repräsentantenhauses sind im Irak mehrere Milliarden Dollar Bargeld irgendwo spurlos verschwunden. Weitere Milliarden wurden ausgegeben, und niemand weiß, wofür. Einer der unglaublichsten Vorfälle ereignete sich laut Untersuchung des US-Rechnungshofes im April 2004. Damals verteilte die provisorische Übergangsregierung unter Botschafter Paul Bremer im gesamten Irak Bargeld an Behörden, zivile Organisationen und Militärs. In jenem April flogen drei Blackhawk-Hubschrauber insgesamt 1,5 Milliarden Dollar nach Erbil in Iraks Kurdenregion. Das Geld wurde einem Mann übergeben, der damit untertauchte. Später konnte niemand den Namen des Mannes nennen oder dessen Aussehen beschreiben. "Es geht hier um Milliarden von Dollar, über deren Verbleib niemand Auskunft geben kann", donnerte der Vorsitzende des Kontrollausschusses des Repräsentantenhauses, Henry Waxman. Er beruft sich auf Berichte, wonach an irakische Ministerien insgesamt 8,8 Milliarden Dollar übergeben wurden, die irgendwo versickerten. Andere Berichte sprechen gar von zwölf Milliarden Dollar, die im Irak verschwanden. Das Geld hatte das US-Militär in mehreren Transportflugzeugen eingeflogen. Die Stapel wogen insgesamt 363 Tonnen: der größte Geldtransport in der Geschichte. Das Geld kam aus Ölverkäufen des Irak, von Konten Saddam Husseins und vonÜberschüssen des "Oil-for-food"-Programms. "Wer, der ein bisschen Verstand hat, schickt 363 Tonnen Bargeld in eine Kriegszone?", fragte Waxman. "Aber genau das tat unsere Regierung." Was mit dem Geld passierte, konnte niemand erklären. "Es war irakisches Geld, nicht amerikanisches", meinte Bremer bei der Anhörung. Doch auch bei US-Geld war man wenig umsichtig. 600 Millionen Dollar in bar hatte Bremer in seinem Büro zur Verfügung, ohne dafür Quittungen präsentieren zu müssen. Laut Berichten stahl jemand 750.000 Dollar, und einem US-Beamten übergab man wenige Tage vor der Angelobung der neuen irakischen Regierung sieben Millionen Dollar mit dem Hinweis, er möge das Geld schnell ausgeben, bevor die Irakis das Kommando übernehmen. Die Untersuchung ergab auch, dass zigtausende Feuerwaffen verschwanden. Im besten Fall verwenden sie Iraks Sicherheitskräfte, im schlechtesten Fall werden damit jetzt US-Soldaten angegriffen. Unbeirrt von den neuen, peinlichen Enthüllungen verstärkt die Bush-Regierung ihre Bemühungen, doch noch das Ruder im Irak herumzureißen. US-Truppen starteten am Mittwoch die lang angekündigte Großoffensive gegen Rebellen in Bagdad. Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer News-Seite