Amerika vor dem K.O.?

Die USA, der angebliche Motor der Weltwirtschaft, stehen kurz vor dem Bankrott, wie Gerald J. Swanson in seinem kürzlich erschienenen Buch ‚America the Broke' aufzeigt.

Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika schmeißt mit (geborgtem) Geld nur so um sich. Ihre Ausgaben sind für 2004 mit 2,4 Billionen - also 2'400 Milliarden! - US-Dollar budgetiert. Damit gibt die Bush-Administration ungefähr ein Drittel des gesamten Bruttoinlandproduktes (BIP) der USA aus. Noch 1990 betrug das Bundesbudget nicht einmal die Hälfte…

Die rücksichtslose Kriegspolitik von George Bush reißt jedes Jahr größere Löcher in die Staatskasse. Nachdem Bill Clinton den Staatshaushalt wieder saniert hatte, beschert Bush seinem Land Defizite in noch nie dagewesenem Ausmaß. Allein in diesem Jahr werden 477 Milliarden Dollar in der Bundeskasse fehlen. Das wird die Gläubiger der Vereinigten Staaten freuen. 7,5 Billionen Dollar Schulden sind bereits aufgelaufen. Damit sind die USA die am meisten verschuldete Nation der Welt. Man geht davon aus, daß im Jahr 2013 dieser unvorstellbare Schuldenberg auf das Doppelte angewachsen sein wird. Das wird die Gläubiger noch mehr freuen.

Allein 2003 mußte die amerikanische Regierung 17 Prozent ihrer Einnahmen für Zinszahlungen aufwenden: immerhin 318 Milliarden Dollar. Swanson rechnet vor, daß die gesamten Steuereinnahmen von den Zinszahlungen aufgefressen würden, sollten die Zinssätze in den zweistelligen Bereich wachsen - was 1981 das letzte Mal der Fall war.
Dennoch senkte George Bush die Steuern massiv - für die Reichen und die Großkonzerne. Swanson: "Letztes Jahr [2003] zahlten 60 Prozent der US-Firmen überhaupt keine Bundes-Steuern." Bis Ende dieses Jahr verzichtet die Bush-Regierung damit auf Steuereinnahmen von über 150 Milliarden Dollar. Damit zahlten Unternehmen nur während der großen Depression in den Dreissiger Jahren weniger Steuern ein.

Doch das Herz von Bush ist groß. In ihm finden auch die Reichen des Landes Platz - von Anleger-Sorgen geplagte Menschen wie seine Familie, die im Ölgeschäft groß wurde. Dank der Steuerreform zahlt das reichste Prozent der Bevölkerung einen Fünftel weniger Steuern; die Mittelschicht hingegen spart nur gerade 4 Prozent ein. Wen wundert es da noch, daß die Kluft zwischen Arm und Reich heute größer ist als vor dem Börsenkrach von 1929 - und beschleunigt anwächst? Im Jahr 2000 versteuerten die 400 reichsten Amerikaner knapp 70 Milliarden Dollar; 1,1 Prozent des gesamten Volkseinkommens. Acht Jahre zuvor verfügten sie ‚bloß' über 0,5 Prozent des Gesamteinkommens.

Präsident Bush konzentriert sich derweil ganz auf den Freihandel, wenn er nicht ab und zu durch Werbeauftritte für seinen Vierten Weltkrieg gegen den Terrorismus abgelenkt wird. Die multinationalen Konzerne jubeln und verlegen ihre Arbeitsplätze nach Billiglohnländern wie China. So werden sogar Traditionsmarken wie ‚Levi's Jeans' längst nicht mehr in Amerika hergestellt.

Doch dieses ‚Outsourcing' hat seinen Preis: Seit Bush die Macht übernahm, sind im amerikanischen Industriesektor bis Mai diesen Jahres 2,7 Millionen Stellen verloren gegangen. Noch 1979 beschäftigte die US-Industrie 19,5 Millionen Amerikaner, heute sind es noch 14,5 Millionen.

Selbstverständlich werden auch neue Stellen geschaffen. Doch was die Statistiken verschweigen: Die meisten davon bieten nur unqualifizierte, schlecht bezahlte Arbeit à la ‚McDonald's' und ‚Wal Mart' an.

Der als Wirtschaftsevangelium verkündete globalisierte Freihandel kommt die USA teuer zu stehen: Sie führen mittlerweile weit mehr Güter ein als sie ins Ausland verkaufen können. Entsprechend tiefrot leuchten die Defizite im Außenhandel. Seit Jahren übersteigt jedes Defizit das vorjährige im zweistelligen Prozentbereich. 2003 betrug das Defizit 490 Milliarden Dollar. Allein für den Monat Juni 2004 belief sich die Fehlbilanz bereits auf 55 Milliarden Dollar! Eine von Bush's kleinen Possen war beispielhaft für die Situation im ganzen Land: Der Präsident gab ein TV-Interview zur wirtschaftlichen Stärke der USA. Als Hintergrund wurde ein Lagerhaus gewählt, das vollgestapelt war mit Kisten, die den Stempel ‚Made in the USA' trugen. Eine Peinlichkeit, die weltberühmt wurde: Die vermeintlichen Kisten waren bloß aufgemalte Attrappen. Dahinter aber standen echte Transportkisten. Dort prangten allerdings die Worte ‚Made in China'.

Die Wirtschaftspolitik von George Bush trägt auch auf anderem Gebiet Früchte. Seit er im Weißen Haus sitzt, geraten immer mehr Menschen in Armut. Im Jahr 2003 zählte man 35,9 Millionen Amerikaner - 12,5 Prozent der Bevölkerung -, die unter dem Existenzminimum lebten.