Syrienkonflikt - Spiel mit dem Feuer

Der Bürgerkrieg in Syrien wurde von langer Hand geplant. Selbst der Giftgasangriff auf syrische Zivilisten ist nicht, was er scheint. Dahinter lauert eine weit größere Gefahr, die uns alle betrifft.

SyrienkonfliktAm 21. August 2013 wird die Welt mit der Nachricht geschockt, dass in einem Vorort von Damaskus Giftgas gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt worden sei. Für US-Präsident Obama ist klar: Das kann nur das syrische Regime gewesen sein. Damit beginnt die amerikanische Kriegsmaschinerie mit den Vorbereitungen für einen Angriff auf Syrien. Die Amerikaner hätten, so Außenminister Kerry, eindeutige Beweise, dass syrische Regierungstruppen für den Chemiewaffeneinsatz verantwortlich seien. Unabhängige News-Seiten im Internet behaupten zu wissen, woher die USA diese angeblichen Beweise erhalten haben: vom israelischen Geheimdienst Mossad. Erstaunlich nur, dass die Beweise nie offen auf den Tisch gelegt werden. Lieber provozieren die USA einen Bruch mit Russland, das im UN-Sicherheitsrat sein Veto gegen einen amerikanischen Militärschlag eingelegt hat. Was Putin für sein Einlenken will, ist nicht viel: Er verlangt einfach nach diesen klaren Beweisen.

Stattdessen läuft in den Vereinigten Staaten eine Propagandaschlacht kaum gekannten Ausmaßes an. Doch die Amerikaner sind kriegsmüde. Umfragen zeigen trotz der ständigen Indoktrination durchs Fernsehen, dass eine überwiegende Mehrheit der US-Bürger sich in kein weiteres Kampfgetümmel mehr verstricken lassen will. Davon unbeirrt führen die amerikanische und israelische Flotte im östlichen Mittelmeer gemeinsam geheime Raketentests durch, die am 10. September 2013 eine harsche diplomatische Beschwerde Moskaus auslösen.

Dass die zionistische Israellobby in den USA lautstark die Kriegstrommel schlägt und die Politiker zu einem Angriff auf Syrien drängt, erstaunt niemanden, der die wahren Hintergründe um die ständigen Konflikte im Nahen Osten kennt. Dass nun aber auch die sonst eher zurückhaltenden jüdischen Gemeinden und Organisationen Amerikas in den Chor der Kriegshetzer einstimmen, ist ungewöhnlich. Am 6. September schreibt der republikanische Politiker, Journalist und TV-Kommentator Patrick J. „Pat“ Buchanan in seinem Essay Just Whose War Is This? („Wessen Krieg ist das nun?“): „Die Konferenz der Präsidenten Großer Amerikanisch-Jüdischer Organisationen hat sich der Israellobby AIPAC in einer kompromisslosen öffentlichen Kampagne angeschlossen, um einen US-amerikanischen Krieg gegen Syrien zu führen. (…) Aber ist es tatsächlich weise, wenn jüdische Organisationen einer Kampagne den jüdischen Stempel aufdrücken, die Amerika in einen weiteren Krieg hineinziehen soll, den die Mehrheit ihrer Mitbürger nicht kämpfen will?“

Für den US-Enthüllungsjournalisten Christopher Bollyn ist hingegen klar: „Der betrügerische ‚Krieg gegen den Terror’ ist ein israelisches Spiel, das Benjamin Netanjahu, der Premier Israels, zusammen mit seinem militärischen Geheimdienstapparat erfunden und vorangetrieben hat.“ Es ist ein offenes Geheimnis, dass „Bibi“ Netanjahu wie kaum ein anderer israelischer Politiker seit Jahren alles unternimmt, um die USA in einen Krieg mit dem Iran zu drängen – denn dieser ist das eigentliche Ziel und der wahre Grund für die sogenannte „syrische Revolution“. Zusammen mit dem Irak war der fundamentalistische Iran schon immer die größte Bedrohung, der sich Israel ausgesetzt sieht. Deshalb auch das jahrelange politische Tauziehen um das iranische Atomprogramm. Der Iran behauptet, ein Recht auf die friedliche Nutzung von Atomenergie zu haben. Israel behauptet, Teheran wolle die Atombombe. Und was Israel behauptet, plappern die USA nach. Beide verschweigen sie jedoch, dass Israel de facto seit Jahrzehnten die einzige Atommacht im Nahen Osten ist – mit einem Arsenal an Atomwaffen, welches von Insidern größer eingeschätzt wird als dasjenige Frankreichs.

Amerikas MachtspielWie stark der zionistische Einfluss Israels auf die amerikanische Außenpolitik ist, zeigt sich beispielsweise in einer unbedeutenden Randnotiz der Geschichte: Als Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 24. Mai 2011 vor dem US-Kongress eine 45-minütige Rede hielt, belohnten ihn die anwesenden Parlamentarier mit 29 Standing Ovations! Am nächsten Tag titelte die israelische Zeitung Ha’aretz süffisant: „Netanjahus Kongressrede zeigt, dass man Amerika alles auftischen kann.“ Die Politiker huldigten mit ihren stehenden Ovationen – im Schnitt eine alle eineinhalb Minuten – ausgerechnet jenem Mann, der seinerzeit in der New York Times geäußert hatte, die schrecklichen Terroranschläge vom 11. September 2001 seien „sehr gut“ für die amerikanisch-israelischen Beziehungen. Und später, im April 2008 an einer Religionsschule in Israel, zugab: „Wir profitieren von einer Sache, nämlich dem Anschlag auf die Zwillingstürme und das Pentagon und auch vom amerikanischen Kampf im Irak.“

Der „Pate des Kampfs gegen den Terror“ (Bollyn) versteht sein Geschäft. Nicht von ungefähr führt Netanjahu als Likud-Chef jene israelische Partei an, die in den 1970er Jahren von den beiden Terroristen und späteren Premierministern Menachem Begin und Yitzhak Shamir gegründet worden war. Um ein Haar wäre Netanjahus Plan aufgegangen. Nach dem Sturz des Irak und Libyens torkelt nun Syrien am Rand des Abgrunds, der nächste Trittstein auf dem Blutweg nach Teheran. Denn was die Weltpresse uns verschweigt: Syrien und der Iran haben einen gegenseitigen Verteidigungspakt. Wenn die Amerikaner Syrien doch noch angreifen sollten, würde deshalb mit größter Wahrscheinlichkeit auch der Iran in den Krieg hineingezogen. Dies könnte sich leicht zu einem Flächenbrand ausweiten, den dann auch Israel nicht mehr zu kontrollieren in der Lage wäre. So entstehen Weltkriege. Und genau das wollen große Teile der fundamentalistischen Rechten in den USA. Diese verblendeten Christen glauben tatsächlich, erst müsse im „Heiligen Land“ ein atomarer Weltenbrand auflodern (Stichwort „Armageddon“), bevor Jesus Christus mit seinen himmlischen Heerscharen auf einer Wolke erscheinen könne, um das prophezeite „Zweite Kommen“ zu erfüllen.

Die Eskalation, wie wir sie im Nahen Osten miterleben, entwickelte sich nicht einfach zufällig, sondern wurde von langer Hand geplant. Hierzu nur einige wenige Zitate: Bereits 1991 erklärt der damalige US-Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz (ein glühender Zionist) General Wesley Clark gegenüber, man habe nur wenige Jahre Zeit, um die alten Regimes in Syrien, Iran und dem Irak zu entfernen. Ein Jahrzehnt später, Clark ist inzwischen zum Nato-Oberbefehlshaber aufgestiegen, erfährt der General den vollständigen amerikanischen Geheimplan, sieben Länder ins Chaos zu stürzen: Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und Iran. Ein Jahr später, 2002, wird Syrien vom US-Vizeaußenminister John Bolton (ebenfalls ein Zionist) öffentlich als Teil der „Achse des Bösen“ bezeichnet. 2005 brüstet sich Ziad Abdel Nour, ein Mitglied des neokonservativen Beraterstabs um Präsident Bush, mit den Worten: „Sowohl das syrische als auch das libanesische Regime wird ausgewechselt werden – ob sie das wollen oder nicht – egal, ob es nun mit einem militärischen Coup oder auf einem anderen Weg geschehen wird. Wir arbeiten zusammen mit der Bush-Administration daran.“

Giftgas – wer ist schuld?

italienische Reporter

Was der italienische Reporter Domenico Quirico bei seiner Ankunft in Rom am 9. September 2013 nach fünf Monaten Geiselhaft über die syrischen Rebellen zu sagen hatte, möchten die Massenmedien lieber unter den Teppich kehren.

Wie weit also würde man dafür gehen? Das Online-Portal Mint Press News publizierte am 29. August 2013 einen Artikel von Dale Gavlak, die seit vielen Jahren Nahost-Korrespondentin von Associated Press ist. Darin steht detailliert, wie es zu dem Sarin-Gas-„Angriff“ kam, der in einem Vorort von Damaskus 355 Menschen tötete. Verschiedene Revolutionäre gaben im direkten Gespräch zu, die Chemiewaffen vom saudischen Prinzen Bandar bin Sultan erhalten zu haben. Bandar ist für die Versorgung der Rebellen zuständig, die mit dem Terrornetzwerk al-Qaida Verbindung haben. Es habe wegen falscher Handhabung eine unbeabsichtigte Explosion in einem geheimen Tunnel gegeben, wo die Waffen gelagert wurden. „Man hatte uns nicht gesagt, was das für Waffen waren und wie wir damit umgehen sollten“, sagte eine Kämpferin. „Wir wussten nicht, dass das Chemiewaffen waren.“

Vielleicht war ein solcher Unfall aber perfide Absicht. Das muss man zumindest aus den Behauptungen des italienischen Kriegsreporters Domenico Quirico schließen. Er, der an vorderster Front vom syrischen „Freiheitskampf“ berichten wollte, war von den Rebellen entführt und fünf Monate lang unter schlimmsten Bedingungen gefangen gehalten worden. Am 8. September 2013 kam er nach 152 Tagen ständiger Todesangst wieder frei. Laut dem italienischen Magazin Oggi gab der 61-jährige La Stampa-Journalist vor der Römer Staatsanwalt auf die Frage nach dem Einsatz von chemischen Waffen durch die syrische Regierung zu Protokoll: „Es ist verrückt, aber ich muss sagen, ich weiß, es war nicht Assad, der das Gas einsetzte. (…) Eines Tages hörten wir in dem Raum, wo wir festgehalten wurden, durch eine halb offene Tür ein in Englisch geführtes Skype-Gespräch mit, an dem drei Leute teilnahmen. Die Namen haben wir nicht mitbekommen. Einer von ihnen wurde uns vorher als Mitglied der Freien Syrischen Armee vorgestellt. (…) In diesem Gespräch“, so Quirico gegenüber dem Untersuchungsrichter, „ging es um den Einsatz von Giftgas in den beiden Stadtteilen von Damaskus durch die Rebellen. Sie gaben zu, es war als Provokation gedacht, um im Westen eine militärische Intervention auszulösen. Und sie denken, die Zahl der Todesopfer war übertrieben.“ (Die US-Regierung sprach ursprünglich von 1’400 Toten).

Quiricos Mitgefangener, der belgische Politologe und Historiker Pierre Piccinin, der ebenfalls freigelassen wurde, erklärte im belgischen Radio RTL: „Es ist meine moralische Pflicht, Folgendes zu sagen: Die Regierung von Bashar al-Assad hat in den Außenbezirken von Damaskus kein Sarin-Gas oder ein anderes Gas benutzt.“ Piccinin, der dem Assad-Regime kritisch gegenübersteht, räumte ein, dass der Freiheitskampf längst gestorben sei. „Mit der Unterstützung des Westens wurde die revolutionäre Bewegung durch islamische fundamentalistische Zellen und durch Banden von Kriminellen ersetzt. Alles ging bergab, alle Ideale sind gefallen. Sie sind nicht dort, um eine Revolution zu machen, sondern nur um die Bevölkerung zu überfallen und auszunutzen.“

Ein Land versinkt in Chaos und Bürgerkrieg, viel schrecklicher und blutiger als vor seiner versuchten „Befreiung“. Wir sahen dasselbe Muster schon in Libyen, in Ägypten und im Irak, um nur einige Länder zu nennen. Der „lachende Dritte“ ist Israel, denn wenn sich die Araber gegenseitig zerfleischen, können sie sich nicht gegen Israel vereinen.

Ach wie gut, dass auch die meisten Journalisten an einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne leiden. Sonst könnten sie sich womöglich noch an einen Artikel erinnern, den die britische Daily Mail am 29. Januar 2013 publiziert hatte: E-Mails, die dank eines Hackers publik wurden, belegen angeblich, dass „das Weiße Haus grünes Licht für einen Giftgasangriff in Syrien gegeben haben soll, den man dem Assad-Regime in die Schuhe schieben kann, um so eine internationale Militäraktion gegen das zerstörte Land voranzutreiben.“ Ende 2012 hatten sich zwei führende Angestellte der britischen Sicherheitsfirma Britam Defence auf elektronischem Weg über etwas ausgetauscht, was das Unternehmen nachträglich aufs Heftigste bestreitet. Den Plan nämlich, die syrischen Rebellen dank finanzieller Hilfe von Katar mit Chemiewaffen zu versorgen, wie sie auch die Regierungstruppen von Assad besitzen. Katar soll sich übrigens gemäß einer Aussage von Präsident Obama auch bereit erklärt haben, die Kosten eines allfälligen US-Militärschlags gegen Syrien zu finanzieren. Laut besagtem E-Mail-Verkehr waren Kontaktleute von Katar mit dem Vorschlag an Britam herangetreten, den Chemiewaffenschmuggel zu organisieren – eine verdeckte Operation, die angeblich von der US-Regierung abgesegnet worden sei. Einer der beiden Britam-Leute kommentierte den Plan mit den Worten: „Ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist – aber die angebotenen Summen sind enorm. Deine Meinung?“