Templer, Troubadoure und Katharer – die Jünger der Isis

Als die römische Kirche in den ersten Jahrhunderten das Dogma anstelle der Gnostik setzte, verbannte sie damit auch alles Weibliche, Mystisch-Esoterische aus dem Christentum. Seit damals wurde der Katholizismus von geheimen spirituellen Strömungen begleitet. Geheim, weil sich die Kirche in ihrer Existenz bedroht fühlte und diese ‘Ketzer’ durch die Jahrhunderte hinweg immer wieder aufs blutigste verfolgte. Allen häretischen Bewegungen gemein war das Streben nach Wahrheit und Erleuchtung, sowie der Wunsch einer im Frieden vereinten Menschheit.

Die verschleierte Isis ist das Weibliche in jeder Religion, die allumfassende Weisheit und Wahrheit, nach welcher die Eingeweihten aller Zeiten strebten.

Die verschleierte Isis ist das Weibliche in jeder Religion, die allumfassende Weisheit und Wahrheit, nach welcher die Eingeweihten aller Zeiten strebten.

Die Entwicklung der Menschheit war immer schon geprägt von verborgenen Geistesströmungen, deren Einfluß manchmal offen zutage trat, häufig jedoch im Untergrund wirkte. Wie jene den Zusammenbruch heidnischer Mysterien überdauernde Geheimlehre, die im Laufe der Jahrhunderte viele Namen angenommen hatte und im südlichen Okzitanien und in der Templerbewegung zu ihrer größten Blüte fand. Das von der Gralslegende inspirierte christliche Rittertum nährte sich von ketzerischem Gedankengut, das bis heute überlebte - auf daß jenes 'Philosophische Reich' dereinst zur natürlichen Regierungsform der ganzen Welt werde.

Gnostiker, Pythagoräer, Platoniker, Manichäer, Mithras-Anhänger, Bogomilen, Meistersinger, Rosenkreuzer, Templer und Katharer... Die geheime, von der römischen Kirche verbotene Lehre hatte zu allen Zeiten ihre Gläubigen und Märtyrer. Weil die Väter der christlichen Religion die Vorstellung der jüdischen Pharisäer übernahmen, machten sie Teufel aus den heidnischen Göttern wie Mithras oder Serapis und stellten die frühere Verehrung als Verkehr mit den Mächten der Finsternis hin. Das von den Brahmanen Indiens, den Chaldäern und ägyptischen Eingeweihten überlieferte Wissen wurde von der Kirche als Zauberei und Teufelswerk mit dem Bann belegt.

Welch geistige Stufen könnte unsere Kultur erklommen haben, wäre dieses im wahrsten Sinn esoterische Wissen den Menschen nicht vorenthalten worden! Stattdessen wurde "die Unwissenheit als Mutter der Unterwürfigkeit auf den Thron gesetzt", schrieb H. P. Blavatsky in Isis entschleiert. "Gelehrtheit wurde denunziert und gelehrte Männer pflegten das Studium der Wissenschaften mit Gefahr ihres Lebens. Sie waren gezwungen, einen Jargon zu gebrauchen, um ihre Ideen vor allen (außer ihren eigenen) Schülern zu verbergen und der Schande, Verleumdung und Armut zu entgehen." - Unwissenheit ließ sich eben auch von der Kirche leichter beherrschen.

Und dennoch: Wer die Geschichte mit aufmerksamen Augen durchforscht, stößt immer wieder auf mehr oder weniger verborgene Mosaikstücke, die sich zu einem einheitlichen, farbigen Bild zusammenfügen lassen. Auf den ersten Blick sehen wir nur eine Vielzahl von Ketzer- Bewegungen und Geheimbünden, ihr Werden und Vergehen, ihre unterschiedlichen Glaubensgerüste, ihre Rivalität - und erkennen dabei den goldenen Faden nicht, der eingewirkt ist in all diesen vielfältigen Stoffen geistigen Strebens.

Forscher wie Manly P. Hall, der große amerikanische Philosoph, legten diesen Faden frei und ermöglichen uns die Sicht auf ein anderes, ein gnostisches Christentum. Obwohl die geistigen Wurzeln viel tiefer gehen, wollen wir uns nur auf die letzten 2000 Jahre beschränken.

Mani - der verheißene Tröster

Im Jahre 216 n. Chr. wurde in Persien ein Junge namens Shuraik (lat. Cubricus) geboren, der zu einem bedeutenden Weisen und Religionsstifter werden sollte. Seine geistige Erziehung war nicht nur von der Gnostik und dem Christentum geprägt, sondern auch von der ägyptischen Philosophie und Magie, den Religionen Indiens und Westchinas, sowie den Mysterien des Mithras. Obwohl sich Shuraik zum Christentum bekannte, betrachtete er das philosophische Weltbild der heidnischen Weisen dem Judentum und primitiven Christentum gegenüber als weit überlegen.

240 n. Chr. trat er als Prophet am persischen Königshof auf und gründete eine neue christliche Religion. Er nannte sich nun Manio der Manes, was soviel wie 'der Gesalbte' bedeutet. Den Menschen verkündigte er, die Verkörperung des Parakleten zu sein, des von Jesus verheißenen endgültigen Trösters. Mani betrachtete sich als einen Apostel Christi - als der Apostel Christi - welcher das Werk Jesu vollbringen und den Menschen die abschließende Offenbarung überbringen werde.

Die offizielle Kirche war nach Manis Meinung auf einer niederen Stufe stehengeblieben und hatte sich nicht zur wahren Vollendung erhoben. Als allzu stark in den sinnlichen Formen des Heidentums versunken empfanden die Manichäer die Kirche, während ihre eigene Lehre zu einer geistigen Religiosität tendierte. Ihr Prüfstein war die durch den Parakleten in die Wahrheit eingeweihte Vernunft. "Nur durch eine Sichtung der Vernunft könne die notwendige Reinigung des Christentums von allen heidnischen und jüdischen Bestandteilen vollzogen werden", schreibt Walter Nigg in seinem Buch der Ketzer. Schon damals also schien die Welt eine Revolution des gesunden Menschenverstandes zu missen.

Die Manichäer übten zwar die Sakramente der Taufe und der Kommunion aus und akzeptierten die Mission des Christus, verneinten aber die Göttlichkeit von Jesus und warfen den Christen Götzendienst vor. Sie bekannten sich allein zum Jesus Impatibilis, dem Christus(-geist),der allem innewohnt und die größte Hoffnung darstellt.

Selbstverständlich ging der Manichäismus mit einer solchen Lehre auf Konfrontationskurs zur orthodoxen Kirche. Daß die Bewegung rasch an Anhängern gewann und zum schärfsten Konkurrenten der Kirche wurde, weckte unter den frühen Kirchenfürsten erst recht keine freundschaftlichen Gefühle. Noch im vierten Jahrhundert war der Kampf zwischen Manichäismus und Großkirche längst nicht entschieden. Schon im Jahre 251 wurde beispielsweise Novatian zum Gegenpapst gewählt und strebte zwanzig Jahre lang eine Kirche an,die sich bereits damals Katharoi - die Reinen nannte.