Das Geld regiert die Welt

Die heute mächtigsten Institutionen der Welt sind die Zentralbanken, die weder vom Staate noch vom Volke gelenkt werden können, sondern sich meistens in privatem Besitz befinden. Wer immer die Weltpolitik verstehen möchte, möge sich stets die Frage stellen: Wer bezahlt – und wer verdient?

Nathan Rothschild

Nathan Rothschild (1777–1836) schwang sich im London des frühen 19. Jahrhunderts zum Herrn über das englische Geld auf.

Jahrtausende lang hatten sich die Banken den Zustand der Unschuld bewahrt. Mindestens seit Babylon waren sie Wechselstuben und Zinsleihanstalten, die mit staatlich in Umlauf gebrachten, kontrollierten Währungen arbeiteten und meist nur über ein bescheidenes Eigenkapital verfügten.

Vor drei- bis vierhundert Jahren traten dann zwei grundlegende Änderungen ein. Anfang des 17. Jahrhunderts wurden die Geldinstitute zu Depositenbanken, und am Ende desselben Jahrhunderts zu Zettel- oder Notenbanken. Die Bank­note, die heute das alltäglichste Zahlungsmittel darstellt, wurde von der 1694 gegründeten Bank von England ‚erfunden'. Von England aus trat sie im 19. Jahrhundert – also dem der Industrialisierung – ihren Siegeszug über die ganze Welt an. Schon 1682 hatte William Petty, einer der bedeutendsten ökonomischen Denker jener Zeit, in seiner Schrift ‚Quantulumcunque Concerning Money' auf die Frage "Welches Heilmittel gibt es, wenn wir zuwenig Geld haben?" geschrieben: "Wir müssen eine Bank gründen, die, recht geschätzt, die Wirkung unseres ge­münzten Geldes fast verdoppeln wird. Und wir haben in England Material für eine Bank, welche eine genügende Goldmenge bereitstellen wird, um den ganzen Welthandel zu finanzieren."

Im Jahre 1694 war die Regierung von König William III. von England in großer Geldverlegenheit. Eine Reihe von finanzstarken Gläubigern unter der Leitung des Schotten William Patterson streckten nun dem Staat die Summe von 1,2 Millionen Pfund gegen 8 Prozent Zinsen vor, unter der Bedingung daß der ‚Gouverneur und die Gesellschaft der Bank von England', wie sie sich nannten, das Recht erhalten sollte, Banknoten bis zur vollen Höhe ihres Kapitals auszugeben. Die Bank erhielt damit das Recht, 1,2 Millionen englische Pfund in Gold und Silber einzunehmen und es in 2,4 Millionen Pfund in Noten zu konvertieren. Die Hälfte davon, also 1,2 Millionen (das Gold und Silber) wurden an die Regierung verliehen, die restlichen 1,2 Millionen in Banknoten konnten sie selbst benutzen. Patterson gab offen zu, daß sie das bemerkenswerte Privileg erhalten hatten, Geld zu machen.

Es war dies eine jener historischen Stunden, die in keinem Geschichtsbuch vermerkt werden, und die doch den Anbruch einer neuen Ära einläuten sollten. Es war der erste Schritt in eine Richtung, die man mit dem Sprichwort ‚Das Geld regiert die Welt' betiteln könnte, denn da verfügten auf einmal ein paar reiche Privatmänner über die Möglichkeit, Geld zu drucken. Hinzu kam, daß die Bank vom Staat von 1697 bis 1826 eine eigentliche Monopolstellung zugesichert erhielt. Sie durfte auch die Finanzgeschäfte des Staates führen, die Staatsschulden verwalten, die Einlösung der Schatzscheine betreiben undsoweiter. Um das Jahr 1900 war ihr Kapital enorm angewachsen. Sie galt als das größte Goldreservoir Europas, und ihre Reserven an Gold beliefen sich zu jener Zeit auf 14,553 Millionen Pfund, der Notenumlauf 1897 auf fast das Doppelte, nämlich 27,42 Millionen Pfund.

Zum ersten Machtkampf zwischen Staat und Bank kam es 1844. Die damals vom Parlament verabschiedete ‚Peelsakte' war strikt anti-inflationär orientiert. Sie unterteilte die Bank von England in zwei selbständige Departemente: Eines für die Notenemission, und ein anderes für sonstige Bankoperationen. Es war so für die Bank nicht mehr möglich, nach Belieben und je nach Geschäftsgang die Anzahl der ausgegebenen Banknoten zu erhöhen. Dies paßte den geldmächtigen, privaten Betreibern der Bank von England ganz und gar nicht. Schon nach drei Jahren inszenierten sie eine ‚Krise', indem sie die Geldmenge künstlich verknappten, und zwar so drastisch, daß sie damit den Staat erfolgreich das Fürchten lehrten. Nur drei Jahre nach Inkraftsetzung der Peelsakte wurde sie 1847 zeitweilig wieder aufgehoben. Die Bank nutzte die Frist, um unverzüglich massenhaft zusätzliche Banknoten in Umlauf zu bringen. Als später die Akte wieder in Kraft gesetzt wurde, wiederholte man das Spiel einfach. Schließlich resignierte der Staat und ließ die Bank von England ohne inflationshemmende Auflagen frei gewähren.

1852 erklärte der damalige Schatzkanzler und spätere Premierminister Gladstone: "Der Angelpunkt bei der ganzen Sache war der:
die Regierung selbst besaß keine substantielle Macht in Finanzierungsangelegenheiten, sondern mußte die Geldmacht als ihr über­legen und nicht hinterfragbar anerkennen."

Um die letzte Jahrhundertwende hatte die Bank von England den Status der ‚Bank der Banken' errungen – sie war zur Zentralbank des Landes geworden. Reginald McKenna, der von 1915–1916 Schatzkanzler gewesen war, sagte 1924 als Vorstandsvorsitzender der Midland Bank zu deren Anteilseignern: "Ich fürchte, der normale Bürger wird nicht erfreut sein zu hören, daß die Banken Geld schaffen können und es auch tun. – Und diejenigen, die den Kredit der Nation kontrollieren, lenken die Politik der Regierung und halten das Schicksal des Volkes restlos in der Hand." Von nun an war es so, daß die Regierung – und nicht nur jene Britanniens, sondern mittlerweile die meisten Regierungen der Welt – als Bittsteller zu ihren völlig autonomen Zentralbanken gehen müssen, wenn sie Geld leihen möchten, oder wünschen, daß die Geldmenge erhöht wird – worüber zu entscheiden sie keinerlei Befugnis mehr besitzen. Merke: Es ist nicht die vom Volk gewählte Regierung, oder das Volk selbst, das entscheiden kann, ob mehr Dollar, Pfund oder Mark gedruckt werden. Es sind allein die Bankiers. Und keine Verfassung, kein Gesetz der Welt könnte sie daran hindern, ihren eigenen Interessen gemäß zu handeln – und nicht zum Wohle der Völker.

Geld ist Werkzeug für alles, Instrument des Erfolgs, Symbol der Macht, die Macht schlechthin.

Guy de Rothschild

Leserstimmen zum Artikel

Ihr höchst wichtiger Aufsatz, den man bei ausgeglichener Darstellung aller Seiten mit berücksichtigen muß bei der Darstellung der Währungsgeschichte, enthält den Hinweis „Warburgs Bruder war übrigens der Chef des Deutschen Geheimdienstes“. Gemeint kann nur sein, dass er mit dieser Position seinen enormen Einfluss geltend machen, und so das ganze System auf eine höchst "wunderbare" Weise nach seinen eigenen Vorstellungen umkrempeln konnte.

D. S., DE-Dresden