Der große Angriff aufs Bargeld

Kaum etwas ist uns so geläufig wie Bares. Trotzdem wollen es mächtige Kreise verbieten. Es droht die totale Kontrolle – höchste Zeit, sich dagegen zu wehren.

Im Mai 2016 beschloss die Europäische Zentralbank EZB die Abschaffung der 500-Euro-Banknote. „Der 500-Euro-Schein ist ein Instrument für illegale Aktivitäten“, hatte EZB-Präsident Mario Draghi bereits im Vorfeld erklärt. „Die Einschläge kommen näher“, diagnostiziert der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring. Gemeint sind die Einschläge zur Abschaffung des Bargelds. Nicht umsonst sprechen immer mehr kritische Experten von einem „Krieg gegen das Bargeld“. Nicht nur das Ende des 500-Euro-Scheins ist ein untrügliches Zeichen, dass uns scheibchenweise das Bargeld genommen werden soll: In den vergangenen Jahren beschloss ein Land nach dem anderen eine gesetzliche Obergrenze für Barzahlungen. Das extremste Gesetz gilt derzeit in Frankreich: Hier dürfen seit September 2015 Beträge über 1'000 Euro nicht mehr mit Scheinen und Münzen beglichen werden. Derzeit überlegt die EU, für alle Mitgliedsstaaten eine Bargeldobergrenze einzuführen.

Scheinargument Geldwäsche: Die EU zog den 500-Euro-Schein aus dem Verkehr – angeblich um Kriminellen das Leben zu erschweren.

Sicher, rein wirtschaftlich betrachtet hat Bargeld über Jahrzehnte hinweg viel an Wert verloren, ganz besonders in Deutschland und Österreich nach der Einführung des Euro. Andererseits kann niemand in unserer Gesellschaft ganz ohne Geld existieren. Und wenn wir Bargeld mit den verschiedenen Arten des elektronischen Geldes vergleichen, stellen wir schnell fest: Es ist „geprägte Freiheit“, wie es der russische Philosoph Fjodor Dostojewski formulierte. Wer uns das Bargeld wegnehmen will, will uns auch unserer Freiheit berauben.

„Die Koalition der Bargeldgegner ist stark, gut vernetzt und hervorragend organisiert“, erklärt der in Graz lehrende Wirtschaftsprofessor Max Otte. Doch wer sind diese Bargeldgegner, die sich über den Willen der meisten Menschen hinwegsetzen wollen?

  • Banken
  • Anbieter von elektronischen Bezahlsystemen
  • E-Commerce-Unternehmen und Datenkraken
  • Politiker

„Alle haben ein großes Interesse daran, eine bargeldlose Welt zu schaffen, weil sie dann viel mehr verdienen und ungestört vom Willen der Bürger wirtschaften können“, so Otte.

Die angestrebten Bargeldverbote sind vor allem eines, wie es Buchautor Häring formuliert: der Weg in die totale Kontrolle. Datenkraken wie Google, Facebook oder Apple sind besonders daran interessiert, zu Hauptakteuren im Zahlungsverkehr zu werden. Das Zahlen mit Handy, Kreditkarte oder der virtuellen Kryptowährung Bitcoins soll nach Vorstellung der Mächtigen bald das Bargeld ersetzen. Wer möglichst viele Informationen über unser Zahlungsverhalten hat, der kann daraus auch die größten Profite schlagen. Gäbe es kein Bargeld, wäre fast unser gesamtes Leben zugänglich. Auch deshalb soll es verschwinden. Das Online-Bezahlsystem Paypal arbeitet beispielsweise aktiv daran, die Nutzer daran zu gewöhnen, ihre Finanztransaktionen öffentlich zu machen.

Schweden: Chips unter der Haut

Vorreiter bei der Überwachungsgesellschaft (fast) ohne Bargeld sind Schweden, China und afrikanische Länder. In Schweden hängt das Schild „Wir nehmen kein Bargeld“ beinahe an jeder Wurstbude. Was noch viel schlimmer ist: Im schwedischen Malmö läuft ein Modellversuch, wo man mit einem implantierten Mikrochip einkaufen kann. Ein Zentimeter ist er groß und wird unter die Haut der Hand verpflanzt. Die Software funktioniert bereits. Ein Lesegerät verbindet den Chip mit dem System. So wird der Mensch selbst zur Bankomat- oder Kreditkarte. Er wird entmenschlicht und biblische Endzeitszenarien werden real. Ein Leben lang ist solch ein Mensch völlig gläsern und dem System überall ausgeliefert (außer er lässt den Mikrochip wieder herausoperieren). Die meisten Massenmedien berichten wohlwollend über solche Entwicklungen. So leitete der ZDF-Nachrichtensprecher Claus Kleber einen Beitrag über genau diesen eingepflanzten Chip mit den Worten ein: „Bargeld: Es ist viel Unpraktisches daran. ... Da gibt es inzwischen ganz andere Zahlungsmittel. Die Schweden sind bei der Einführung ganz vorne.“

Auch in Afrika läuft in mehreren Ländern ein riesiges Experiment zur Bargeldverdrängung. So gibt zum Beispiel MasterCard in Nigeria einen amtlichen Personalausweis aus, der gleichzeitig zum bargeldlosen Zahlen verwendet werden kann. Die Daten dürften ihren Weg in die MasterCard-Zentrale in den USA und von dort zu allen interessierten Regierungsstellen und Datenbanken finden. Ähnliches spielt sich in anderen Ländern wie Kenia und Ägypten ab. In einer bargeldlosen Gesellschaft kann die Regierung unser aller Leben bis ins kleinste Detail regulieren. Sie kann natürlich auch unliebsamen Strömungen das Wasser abgraben. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks wurde beispielsweise 2010 vom elektronischen Zahlungsverkehr und damit von den meisten Spendern abgeschnitten. Amazon, Visa, Paypal und die Bank of America brachen ihre Geschäftsbeziehungen mit WikiLeaks kurzerhand ab.