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Ärzte aus Bayern schlagen Alarm

Bis jetzt haben die Kontrahenten der so zäh und unleidlich geführten Mobilfunkdiskussion meist nur über Studien an Zellkulturen, Messungen in Wellen, Behauptungen, sowie Befindlichkeiten debattiert. Bayerische Ärzte reden aber nun voller Sorge konkret über Menschen und Schicksale. Die Schlinge um den Hals sorgloser Taktiker aus der Politik und naßforscher, hipper In-Unternehmer aus der Mobilfunkbranche wird enger.

Von Martin Reisbeck, 29.07.2004. Die erste epidemologische Studie zum von den Betroffenen nicht genehmigten Feldversuch mit hochfrequent gepulster Mikrowelle liegt nach 10 Jahren Studienverlauf nun vor. Von Entwarnung kann hier keine Rede sein. Im Gegenteil, es besteht dringender Handlungsbedarf! Die in Naila niedergelassenen Allgemeinmediziner Dr. med. Horst Eger, Klaus Uwe Hagen, Birgitt Lucas, Peter Vogel und Helmut Voit haben eine Studie erstellt, in welcher der Gesundheitszustand der Bevölkerung im Abstand zu einer in Naila seit 1993 bestehenden Mobilfunkanlage untersucht worden ist. Die Ergebnisse der "Nailaer Ärztestudie" wurden in einer Veranstaltung am 21.07.2004 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Studie wurde von Herrn Prof. Dr. med. Rainer Frentzel-Beyme, Epidemiologe am Zentrum für Umweltforschung und Umwelttechnologie der Universität Bremen, wissenschaftlich beurteilt. Die Studie ergab, dass sich der Anteil von neu aufgetretenen Krebsfällen bei Patienten, die während der letzten zehn Jahre in einem Abstand bis zu 400 Meter um die seit 1993 betriebene Mobilfunksendeanlage gewohnt hatten, gegenüber dem über 400 m entfernten Bereich im Gesamtzeitraum von 1994 - 2004 verdoppelt und in der Zeit von 1999 - 2004 sogar verdreifacht hat. Überdies war das Alter, in dem diese Patienten an Krebs erkrankt sind, durchschnittlich 8,5 Jahre jünger als im über 400 m entfernten Bereich. Nennenswerte äußere Einflussfaktoren, die das Ergebnis hätten beeinträchtigen können, konnten nicht eruiert werden. "Das Konzept der Pilotstudie ist einfach und kann jederzeit an all den Orten wiederholt werden, die jahrelang relativ isoliert von einer Sendeanlage bestrahlt wurden", teilten die Ärzte in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. "Wir vertrauen auf die Handlungsfähigkeit der Behörden mit Hilfe großer epidemiologischer Studien - nicht nur in Naila -, das Risiko für die Gesamtbevölkerung sicher abzuschätzen". Die Ärzte rufen jetzt ihre Mitbürger auf, nach Möglichkeit keine längeren Handygespräche zu führen und keine schnurlosen Telefone nach DECT-Standard zu verwenden. Sie kritisieren, dass vor allem Kinder und Jugendliche über Werbung zum Kauf von Handys und Gebühreneinheiten verführt würden. Zudem empfehlen die Ärzte privaten Hausbesitzern, ihre Dächer nicht für Funkmasten zur Verfügung zu stellen. Viele Ärzte, Wissenschaftler, Fachleute und auch Bürger zweifeln die Aussage schon lange an, dass bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte von einer Mobilfunksendeanlage keine gesundheitlichen Auswirkungen ausgehen können. Kernpunkte der Kritik sind, dass die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden gesetzlichen Grenzwerte für den Betrieb von Mobilfunksendeanlagen nur thermische Wirkungen, nicht jedoch bestimmte athermische Effekte der Mobilfunkstrahlung berücksichtigen und die Grenzwerte keine Vorsorgegrenzwerte darstellen. Das, obwohl in Deutschland im Rahmen der Umweltpolitik die grundlegende Idee des Vorsorgeprinzips entwickelt wurde. Zu den Auswirkungen von Mobilfunksendeanlagen auf die menschliche Gesundheit gibt es schon lange eine Reihe von Untersuchungen, z.B. von der durch die EU beauftragten Forschergruppe REFLEX aus sieben EU-Ländern und des ECOLOG-Institutes, das eine Untersuchung im Auftrag der Telekom durchgeführt hat. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass durch Mobilfunkstrahlung gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden können. Die Forschergruppe REFLEX hat den Nachweis erbracht, wenn auch unter extremen Laborbedingungen, dass durch Hochfrequenzstrahlung das Erbgut geschädigt werden kann. Die Studie des ECOLOG-Institutes kommt zum Ergebnis, dass Krebserkrankungen, Schwächung des Immunsystems und Einflüsse auf das zentrale Nervensystem durch Mobilfunk begünstigt werden. Mehr Infos: www.hessenbiss.de Lesen Sie auch unseren grossen Mobilfunkreport in der Ausgabe Nr.24