Amnesty: "Regierungen verlieren moralischen Kompass"
Im Kampf gegen Terrorismus verlieren viele Regierungen ihren moralischen Kompass.
Die Zahl der Menschenrechtsverletzungen ist 2003 gestiegen. Das sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, beim Vorstellen des Amnesty-Jahresberichts. Demnach wurden 2002 in 151 Staaten, aber 2003 in 155 Ländern Menschenrechtsverletzungen festgestellt. Der Kampf gegen den Terror, so Lochbihler, sei oft eine "Kriegserklärung gegen menschen- und völkerrechtliche Grundwerte".
"Amnesty "wirft den USA und England vor, während des Krieges im Irak, aber auch danach, Menschenrechte verletzt zu haben. Die bekanntgewordenen Folterungen seien "keine Einzelfälle". Es handle sich "um ein Muster, das sich wiederholt". Die größte Menschenrechtsverletzung sei freilich ein Krieg, der gegen das Völkerrecht verstößt. Lochbihler ermahnte die Deutschen, das Folterverbot nicht in Frage zu stellen. "Folter ist ein absolutes Tabu in unserer Gesellschaft." Erst kürzlich hatte der Münchner Historiker Michael Wolffsohn den Einsatz der Folter beim Kampf gegen Terroristen befürwortet.
"Amnesty " fordert in Deutschland eine unabhängige Beschwerde- und Kontrollstelle für Übergriffe durch Polizisten. "Das ist überfällig" sagte Barbara Lochbihler. Dringend aufgeklärt müssten auch jene Fälle werden, in denen deutsche Soldaten im Kosovo die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch genommen hätten. In London monierte die Generalsekretärin von Amnesty International, Irene Khan, dass es 2003 einen weltweiten Abbau an Menschenrechten "wie seit 50 Jahren nicht mehr" gegeben habe. Amnesty verurteile die Menschenrechtsverletzungen von Terrorgruppen wie Al Quaida wie die der englischen und US-Regierungen. London und Washington opferten "globale Menschenrechtswerte" einen "blindwütigem Sicherheitsdenken". Irene Khan griff besonders die US-Regierung und ihrer Verbündeten im Irak an. Dieser Krieg würde angeblich" um der Menschenrechte willen geführt, während dieselben Regierungen Menschenrechte untergraben, um ihren sogenannten Krieg gegen den Terror zu gewinnen". Frau Khan meinte schließlich: "Vom Anfang dieses Krieges an hat die US-Administration ein Klima geschaffen, das Folter und Grausamkeit wesentlich begünstigte." Die Liste der Menschenrechtsverletzungen ist lang: Massenverhaftungen im Yemen, Polizeiübergriffe in Marokko und Tunesien, willkürliche Verhaftungen in Indien, Nepal, Pakistan, Malaysia und Thailand sowie politische Inhaftierungen in China und Tibet. Warum also sollte China künftig noch auf westlichen Druck wegen Menschenrechtsverletzungen reagieren, wenn westliche Demokratien selbst Menschenrechte verletzen?
Quelle: Franz Alt - 2004 Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer
News-Seite