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Aussage gegen Damaskus offenbar erkauft

Syrisches TV präsentierte UN-Zeugen: Geld für belastende Aussagen. Kontakte zu Politikern existierten nicht

Im syrischen Fernsehen hat ein Zeuge die UNO-Untersuchung zum Mord an dem libanesischen Politiker Rafik Hariri in Zweifel gezogen. Der Syrer Hussam Taher Hussam erklärte, Hariris Sohn Saad habe ihm Geld angeboten, damit er ranghohe syrische Beamte belaste. Mitarbeiter der Vereinten Nationen hätten ihm zudem genau gesagt, wie er auf Fragen der Ermittlungsbeamten zu antworten habe.

Saad Hariri habe ihm 1,3 Millionen Dollar für seine Falschaussage geboten, sagte Hussam weiter. Den UN-Ermittlern warf er vor, sie seien gegen Syrien voreingenommen. So hätten sie ihn aufgefordert zu behaupten, er stehe dem Chef des syrischen Militärgeheimdienstes, Brigadegeneral Assef Schaukat, nahe. "Aber ich habe ihn noch nie im Leben gesehen", erklärte Hassam. Außerdem hätten ihn die Mitglieder der Untersuchungsmission aufgefordert zu sagen, Syriens Präsident Baschar Al Assad habe den libanesischen Expremier Hariri vor dessen Tod bedroht. Er habe sich jedoch geweigert, weil er von so einer Drohung nichts gewußt habe.

Der UN-Chefermittler, der Deutsche Detlev Mehlis, und ein Vertreter der Regierung in Damaskus arbeiteten am Sonntag Einzelheiten für das Verhör syrischer Verdächtiger im Mordfall Hariri aus. Der Berliner Oberstaatsanwalt und der Rechtsberater des syrischen Außenministeriums, Rijad Dawudi, trafen sich für rund eine Stunde in Beirut. Aus syrischen Kreisen verlautete, beide hätten unter anderem über einen Termin für das Verhör in Wien gesprochen. Syrien hat sich nach langer Diskussion bereit erklärt, die Verdächtigen am Wiener Sitz der Vereinten Nationen vernehmen zu lassen. Sie sollen in Anwesenheit von Dawudi befragt werden.

Mehlis hat Syrien nach seinen Ermittlungen im September mangelnde Zusammenarbeit vorgeworfen. Er beschuldigt unter anderem den Chef des Militärgeheimdienstes, einen Schwager von Präsident Assad, in den Anschlag auf Hariri vom 14. Februar verwickelt zu sein. Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete Ende Oktober eine Resolution, die Damaskus zur vollen Kooperation mit den UN-Ermittlern auffordert. Dies hatte in Syrien Empörung hervorgerufen: Weder sei man in den Anschlag verwickelt, noch habe man die Zusammenarbeit verweigert. Vielmehr sei Mehlis, dessen Untersuchungsmethoden als äußerst fragwürdig gelten, dafür eingesetzt worden, Beweise gegen Syrien zu fabrizieren.

Quelle: junge Welt vom 29.11.2005