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Der Leuchtturm vom Chiemsee

Die ungewöhnliche Erfolgsgeschichte einer regionalen Währung.

Das Thema "Regionalgeld" wird in den großen Medien immer noch klein gehalten. Bis vor kurzem war es sogar noch völlig tabu. Auch in der Politik möchte man davon am liebsten gar nichts wissen. Aber die Probleme in unserer Wirtschaft treten immer deutlicher und vor allem sichtbarer zutage: Firmenpleiten, Arbeitslosigkeit, Armut - und das massenhaft. Über die genauen Ursachen streiten sich die Gelehrten noch immer. Fakt ist: Überall dort,wo Geld dem Wirtschaftskreislauf entzogen wird, beginnen die Schwierigkeiten. Gleiches gilt, wenn vorhandene Mittel nicht in neue Wertschöpfung investiert werden. In Bayern mag es solche Probleme noch nicht in dem Ausmaß geben, wie es anderswo in Deutschland leider Realität ist. Trotzdem hat man sich auch hier Gedanken über die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe gemacht - und zwar mit Erfolg. Seit mehr als einem Jahr hat die Region rund um Rosenheim und den Chiemsee eine eigene Währung, den "Chiemgauer". Mit ihm kann man mittlerweile in etwa 120 Geschäften bezahlen. Und es werden kontinuierlich mehr. Die Idee für das Regionalgeld hatte Christian Gelleri, ein Lehrer aus Prien. Er ist auch Vorstand des eigens gegründeten Vereins "Chiemgauer regional". Gegenüber Rm führte Gelleri aus, dass es sich beim "Chiemgauer" nicht um eine Ersatzwährung handelt, "sondern um ein Gutschein-Netzwerk, das regionale Kreisläufe stärken möchte und gemeinnützige Vereine in der Region fördert." Dabei war das Zustandekommen der Aktion durchaus etwas ungewöhnlich: "Anlass war, dass auf meine Initiative sechs Schülerinnen mal ausprobieren wollten, wie es ist, ein Unternehmen aufzubauen und ein Produkt wie den Chiemgauer Gutschein einzuführen", erklärt Gelleri die Geschichte. Und so funktioniert die Sache: Wer den "Chiemgauer" nutzen will,muss zunächst Vereinsmitglied werden. Das ist aber - im Gegensatz zu anderen Regionalinitiativen - völlig beitrags- und kostenfrei. Mit dem Mitgliedsausweis kann man dann an verschiedenen Ausgabestellen Euro gegen "Chiemgauer" im Verhältnis 1:1 tauschen und damit bei den teilnehmenden Unternehmen eingekaufte Waren bezahlen. Der Rücktausch in Euro kostet fünf Prozent, das heißt, für 100 "Chiemgauer" bekommt man nur 95 Euro. Damit wird der Verbleib des Geldes in der Region gesichert. Von den fünf Prozent "Rücktauschgebühren" fließen zwei Prozent an das Schüler-Unternehmen und drei Prozent an einen gemeinnützigen Verein nach Wahl. Außerdem ist der "Chiemgauer" mit einer Umlaufsicherung ausgestattet. Er verliert nämlich innerhalb von drei Monaten zwei Prozent an Wert. Dadurch wird das Horten des Geldes zum Verlustgeschäft. Das System funktioniert, der Initiator zeigt sich mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden und plant schon den nächsten Schritt: "Als Vorstufe haben wir den regionalen Gutschein, und auf der nächsten Stufe könnte es ein auf die Region zugeschnittenes Finanzinstrument werden", wirft Gelleri den Blick voraus. So wird gegenwärtig mit verschiedenen Banken aus dem Umland über ein Regio-Girokonto nachgedacht. Darüber hinaus ist auch eine engere Kooperation mit anderen regionalen Zukunftsinitiativen vorgesehen. Das erscheint auch dringend notwendig, denn anderswo in Deutschland tut man sich sehr schwer bei der Einführung einer Regionalwährung. Kamenz, Delitzsch (beide Sachsen) und Überlingen (Baden-Württemberg) sind nur drei Beispiele. Dort ist man sicherlich für jede Form der Unterstützung dankbar. Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer News-Seite