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Die blühenden Finanzen des Vatikans

Die Katholische Kirche in Italien gleicht einer sehr gut geführten Firma

"Über finanzielle Probleme kann die katholische Kirche in Italien nicht klagen - dank Steuerbefreiung, Spendenrekord und Kirchensteuer. Ums Geld kümmern sich Top-Manager." Mit dieser Einleitung beginnt Luisa Brandl einen Stern-Bericht über die Finanzen des Vatikans, der anlässlich des Papstbesuchs an dieser Stelle näher widergegeben soll.

Die Katholische Kirche prosperiert unter Benedikt XVI, sie gleicht einer sehr gut geführten Firma. Erst kürzlich stieg der Vatikan in das Geschäft mit den Charterflügen ein. Die neue Fluglinie soll Wallfahrtsorte in aller Welt ansteuern. Auch beim Geschäft mit Pilgerreisen liegt der Vatikan vorn, denn der religiöse Tourismus boomt wie selten zuvor. Priester und Nonnen bieten in Italien 250.000 Betten an. 40 Millionen Gäste jährlich sorgen für fünf Milliarden Euro Umsatz.

Top-Manager von Top-Firmen abgeworben

Laut dem Magazin "L'Espresso", auf das sich der "Stern" beruft, sitzen in der Vermögensverwaltung des Vatikans Top-Manager, abgeworben von den grossen Banken wie Merrill Lynch und Goldmann Sachs. Mit Immobiliengeschäften, so das Magazin, erzielte der Heilige Stuhl im vorigen Jahr 32,3 Millionen Euro Gewinn, vor allem aus Mieteinnahmen und einigen Verkäufen. Der Boom der Vatikanischen Museen und der Personalabbau von 1500 Stellen im Vatikanstaat spülte 22 Millionen Euro in die Kassen. Über das Vermögen der Vatikan-Bank IOR (Istituto delle Opere Religiose) gibt es hingegen nur Schätzungen. L'Espresso zufolge beträgt es rund sechs Milliarden Euro und hat auch in diesem Jahr eine zweistellige Millionenrendite erwirtschaftet, die der Vorstand direkt dem Papst überweist. Mit dem Ertrag und den Spenden werden die Missionen in aller Welt und die ärmeren Diözesen finanziert.

Die Spenden sind dank der enormen Beliebtheit von Benedikt XVI. im Vorjahr um mehr als die Hälfte auf 74,7 Millionen Euro gestiegen, wie "L'Espresso" berichtete. 86 Millionen Euro (ein Plus von 16,3 Prozent) haben die Bischofskonferenzen 2006 nach Rom überwiesen, vorneweg die US-Amerikaner und Deutschen. Die Haupteinnahmequelle des Heiligen Stuhls ist jedoch die Kirchensteuer. Sie beträgt 0,8 Prozent der Steuerschuld der Italiener.Enorme Steuervorteile für den Vatikan

Die Katholische Kirche besitzt in Italien rund 10.000 Immobilien. Der Vatikan spart für seine Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Hotels und Altenheime jedes Jahr 400 Millionen Euro Grundsteuer. Es genügt etwa, dass ein Hotel eine Kapelle vorweisen kann, um die Steuer zu umgehen, heisst es in dem "Stern"-Bericht. Die Europäische Union hat die Steuerschlupflöcher mehrfach angeprangert, da dem Vatikan daraus ein Wettbewerbsvorteil entstehe. Erneut hat Brüssel die italienische Regierung zu mehr Transparenz aufgefordert. Es ist das erste Mal in der Geschichte Westeuropas, dass die EU-Kommission mit Nachdruck in die Beziehungen zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl eingreift. Wenn es tatsächlich zu einer Verurteilung käme, müsste der Vatikan mit Steuerrückzahlungen in Höhe von einer Milliarde Euro rechnen. Das wäre ein hässlicher Fleck auf den glänzenden Bilanzen des Heiligen Stuhls, schreibt Luisa Brandl.
(hd)

© boerse-express.com, 07.09.2007