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Eine agroindustrielle Einöde

Eine Broschüre beleuchtet die Arbeitsbedingungen in Europas Landwirtschaftszentren.

Von Kathi Hahn Auf mehr als dreißigtausend Hektar erstrecken sich die Plastikgewächshäuser im südspanischen Andalusien. Auf dieser Fläche werden für jeden Europäer mehr als zehn Kilo Treibhausgemüse im Jahr produziert. Es handelt sich um die größte Konzentration von Gemüse- und Obstanbau unter Plastik weltweit. Eine zerstörte Umwelt, eine von Pestiziden und üblen Gerüchen gesättigte Luft, eine Landschaft ohne Grünflächen, ohne Bäume, ohne sauberes Wasser, ohne Lebewesen, eine industrielle Einöde, die apokalyptische Züge annimmt. Das ist der Preis. <br><br> Auch für die Menschen ist dort kein Platz mehr. Es zählen nur noch die Arbeitskräfte: Sie müssen jederzeit zur Verfügung stehen, wie betriebsbereite Landmaschinen; am besten, sie leben in Rufweite in einem Plastikverschlag – Arbeitsmigranten, die man ebensoschnell wieder entlassen kann, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Sie kommen aus Marokko, Schwarzafrika, aus Lateinamerika oder neuerdings aus Osteuropa. Sie arbeiten zu niedrigsten Löhnen und unter Bedingungen, die Einheimische nie akzeptieren würden. Eine verschärfte Konkurrenz zwischen den verschiedenen Migrantengruppen, soziale Ausgrenzung und Rassismus sind feste Bestandteile dieses Systems. <br><br> Zur Frage, wie intensive Landwirtschaft, Arbeitsmigration und Fremdenfeindlichkeit zusammenhängen, hat das »Europäische BürgerInnenforum« eine Broschüre mit dem Titel »Bittere Ernte – Die moderne Sklaverei in der industriellen Landwirtschaft Europas« veröffentlicht. Sie informiert über die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Saisoniers und Erntehelfern in Spanien, Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, Österreich, Deutschland und Polen. Weitere Artikel setzen sich mit den Auswirkungen der EU-Agrar- und Migrationspolitik auf die Situation der Landarbeiter auseinander. Außerdem wird die Rolle der Großverteiler untersucht: Zwischen 70 und 80 Prozent des europäischen Lebensmittelmarktes werden heute von wenigen Großhandelsketten beherrscht, die durch ihre Monopolstellung die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse ständig nach unten drücken. Darüber hinaus regt die Broschüre zu einer allgemeinen Diskussion an und wirft einige grundsätzliche Fragen auf. <br><br> • Bittere Ernte – Die moderne Sklaverei in der industriellen Landwirtschaft Europas«. Verlag Europäisches Bürgerforum/ CEDRI, Basel 2004, 128 Seiten, 12 Euro (inklusive Versandkosten: 14 Euro), Solidaritätspreis: 30 Euro. ISBN 3-9522125-2-0. Bestelladresse BRD: Europäisches BürgerInnenforum, Hof Ulenkrug, 17159 Stubbendorf bei Dargun, Tel.: 03 99 59/2 03 29, Fax: 03 99 59/2 03 99, E-Mail: ulenkrug@t-online.de<br><br> Quelle: junge welt, 17.1. 2005
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