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Frieden ist die Frucht der Gerechtigkeit

Ismail Haniyeh, Palestine Chronicle, 18. 4. 06

Ismail Haniyeh ist neuer palästinensischer Premierminister. Er gehört der Hamas an, die aus den Wahlen im Januar 2006 als stärkste Partei hervorging. Die Hamas gilt vielen als Terrororganisation, der von ihr gebildeten Regierung verweigern Israel, die USA, die Vereinten Nationen und die Europäische Union die Anerkennung. In seinem kürzlich erschienenen Artikel entwickelt Ismail Haniyeh die Vision eines gerechten Friedens zwischen Palästinensern und Israelis. Palästina, sagt er, sei Jahrhunderte lang  das gemeinsame Heimatland von Muslimen, Christen und Juden gewesen, wo sie friedlich zusammen lebten. Der ersehnte Friede, sagt Haniyeh, kann nur als Frucht der Gerechtigkeit wachsen. Sein Fazit: eines Tages wird die brutale Besatzung enden,  und die Völker dieses Landes werden wieder in Frieden und Harmonie leben. Das palästinensische Volk  geht seinen langen und leidvollen Weg  zur Freiheit und Unabhängigkeit  weiter. Wir blicken mit Hoffnung und Optimismus in die Zukunft. Tatsächlich ist es diese Hoffnung, dieser starker Glaube an die Gerechtigkeit unserer Sache, der uns seit vielen Jahren weitergehen lässt. Er hilft uns, dem Leid und der brutalen Gewalt zu widerstehen, die uns von einer bösen und  menschenverachtenden israelischen Militärbesatzung angetan wird. Palästina war seit undenklichen Zeiten das friedliche Heimatland alt eingesessener Muslime, Christen und Juden. Sie lebten hier  in Frieden und Harmonie  zusammen und teilten eine gemeinsame Geschichte und Kultur. Erst als Palästina nach dem 1. Weltkrieg unter britisches Mandat kam und die kolonialistische britische Staatsgewalt in der Folge gegen Gesetz und Recht entschied, Palästina, die Heimat unserer Vorfahren, dem Zionismus zu übergeben – da zerbrach die Harmonie zwischen den Bevölkerungsgruppen und Religionen. Als Folge dieser mutwilligen Ungerechtigkeit sind wir heute Gefangene in unserm eigenen Lande, versklavt und gequält von einem illegalen und unmoralischen Besatzer, der unser Volk behandelt wie Kinder eines geringeren Gottes oder als ob wir Tiere wären. Tatsächlich sprengt der Unrechtscharakter dieser Besatzung die Realität. Die Demütigungen, die Hauszerstörungen, die Morde, denen unser Volk tagtäglich ausgesetzt ist, diese hässlichen Szenen, die man außerhalb Palästinas am Fernseher verfolgt, all das ist nur ein kleiner Teil dessen, was vor Ort wirklich geschieht. Selbstverständlich könnten die israelischen Besatzer  ihre Verbrechen gegen ein hilfloses Volk,  dessen einziges Verbrechen es ist, sich nach Freiheit und Gerechtigkeit zu sehnen, nicht begehen, wenn  die internationale Gemeinschaft nicht mit so beschämender Apathie auf die Misere meines Volkes reagieren würde. Deshalb rufe ich die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf den israelischen Staat auszuüben, damit es seine systematische Unterdrückung und institutionalisierte Verfolgung meines Volkes beendet. Trotz der erdrückenden Qualen und Leiden sind wir uns sicher: eines Tages wird die brutale Besatzung unserer Heimat und unseres Volkes enden,  und die Völker dieses Landes werden wieder in Frieden und Harmonie leben. Ja, ich wage sogar zu behaupten, dass der Frieden in Palästina in die Welt ausstrahlen und eine neue Ära des Frieden einläuten wird. Ich weiß, es gibt viele, die uns  böswillig und  lügnerisch, aber vielleicht auch aus Unwissenheit darstellen, als wären wir kriegslüstern, gewalttätig und unfähig zum Frieden. Das ist nicht wahr. Wir sehnen uns nach Frieden wie jeder andere auch, ja vielleicht sogar noch mehr, denn wir sind Opfer von Gewalt und Krieg . Frieden ist ein unschätzbarer Wert, ohne den der ganzen menschlichen Entwicklung das Wesentliche  fehlen würde. Doch Frieden, wenn er real, dauerhaft und sinnvoll sein soll, muss auf Gerechtigkeit gegründet sein. Wir, das palästinensische Volk, suchen ernsthaft nach einem echten Frieden, der von Herzen kommt. Wir bitten die Internationale Gemeinschaft dringend, uns zu helfen, diesen Frieden zu verwirklichen, so dass alle Kinder in diesem Teil der Welt, arabische  und jüdische Kinder ein normales Leben führen können. Seit Jahren verwüstet ein bitterer Kampf in diesem gequälten Land das Leben der Menschen. Er hat unermesslichen Besitz zerstört und die wirtschaftliche Entwicklung vereitelt. Kriege zeugen Hass und Bosheit, – Frieden aber bringt Zusammenarbeit und Wohlwollen. Doch machen wir uns nichts vor. Die Gewalt wird solange weitergehen, wie eine Volksgruppe, von ihrer politischen und militärischen Macht berauscht, meint, sie habe das Recht,  ihren Willen einer anderen Volksgruppe brutal aufzuzwingen.  Ein solcher  „Frieden“ wäre ein Akt der Vergewaltigung. Selbstverständlich kann in Palästina nur ein gerechter Frieden wachsen, wenn die Weltgemeinschaft sich ehrlich mit diesem Konflikt auseinandersetzt. Wir sagen das so deutlich, weil wir die Heuchelei und  Doppelmoral der internationalen Gemeinschaft im Umgang mit diesem Konflikt leid sind. Wir würden tatsächlich gern wissen, warum die Vereinten Nationen es Israel erlauben,  mehr als hundert VN-Resolutionen, in denen es um die Beendigung der illegalen Besatzung meines Landes geht, einfach zu ignorieren.. Gibt es zwei Arten des Völkerrechts, das eine für die Schwachen, das andere für die Starken? Steht  Israel über dem Völkerrecht? Hat die internationalen Gemeinschaft  Israel einen Freibrief erteilt, dass es ungestraft Kinder töten, ungestraft unser Land stehlen, uns ungestraft in alle Welt vertreiben darf? Es ist an der Zeit, dass alle Menschen mit Anstand und Gewissen laut und deutlich für die Gerechtigkeit gegenüber den Palästinensern eintreten. Wir haben genug gelitten, und es ist an der Zeit, dass man uns erlaubt, die uns geraubte Freiheit und Würde wieder zu gewinnen..   Wir verlangen nichts Unmögliches. Wir fordern nur die Weltgemeinschaft auf, sich an die VN-Charta und die Internationalen Verträge zu halten, die es verbieten, Land mit Gewalt zu an sich zu bringen. Kurz gesagt: die Besatzung muss enden – und sie muss jetzt enden. Englischer Text bei: http://palestinechronicle.com Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer News-Seite