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Genetisch manipuliertes Saatgut

Verlieren wir nun auch unsere Nahrungsmittelsicherheit?

Von F. William Engdahl

GMOWashington und London sind sich nicht nur in bezug auf die Politik im Irak einig. Tony Blair und George W. Bush stimmen auch darin überein, dass der Weltmarkt mit genmanipuliertem oder genetisch verändertem (GV) Getreide und Saatgut gesättigt werden sollte. Deren Fürsprecher, einschliesslich der Chemiegiganten Monsanto, Syngenta, DuPont und Bayer, behaupten, dass genetisch verändertes Getreide die Antwort auf den Hunger in der Welt sei, und versprechen der stetig wachsenden Bevölkerung Nahrungsmittelsicherheit. Erstaunlicherweise werden die Behauptungen in Ermangelung irgendeiner ernstzunehmenden, unabhängigen und wissenschaftlichen Langzeitstudie über die Auswirkungen von genetisch verändertem Getreide auf den tierischen oder menschlichen Organismus gemacht.

Wenn die Verbreitung des genmanipulierten Getreides mit der gegenwärtigen Geschwindigkeit vorangetrieben wird, dann wird innerhalb der kommenden 7 bis 8 Jahre die grundlegende Nahrungsmittelversorgung der Menschheit möglicherweise in den Händen der 3 bis 4 grössten multinationalen Konzerne liegen. Solche Macht über Leben und Tod war nie vorher in der Geschichte in so wenigen Händen konzentriert. Am schockierendsten aber ist, dass solch ein tiefgreifender Wandel in der Politik mit dem fast kompletten Fehlen einer wirklich unabhängigen wissenschaftlichen Studie einhergeht beziehungsweise mit dem Fehlen einer Analyse der möglichen negativen Langzeitauswirkungen der genetisch veränderten Nahrungsmittel, manchmal auch GVO (genetisch veränderte Organismen) genannt, entweder auf Menschen oder auf Tiere.

Seit dem 18. April hat die EU, unter starkem Druck von Washington, den Verkauf von genmanipulierten Nahrungsmitteln innerhalb der EU zum erstenmal seit dem Verbot von 1998 wieder erlaubt. Die neue Richtlinie sieht wie eine Kontrolle der genetisch veränderten Produkte aus, da sie eine Kennzeichnung vergleichbar der Warnung auf Zigarettenschachteln vorsieht, dass ein Produkt einen bestimmten Prozentsatz an genmanipulierten Substanzen enthält. Der EU Kommissar für Landwirtschaft, Franz Fischler, ein offener Anhänger von genetisch veränderten Nahrung, begrüsst sie als «das Recht jedes Landwirts, sich dafür oder dagegen zu entscheiden». Mit diesem Schritt ist jedoch das EU-Moratorium für GV-Pflanzen jetzt effektiv ausser Kraft gesetzt worden. Und die zweitgrösste Wirtschaftsregion der Welt sieht sich nun dem Verlust ihrer Kontrolle über das lebenswichtigste Gebrauchsgut ausgesetzt &endash; die eigene Nahrungsmittelversorgung.

Im Juni 2003, direkt nach der US-Besetzung von Bagdad, startete Präsident George W. Bush eine Offensive gegen das EU-Moratorium über GV-Produkte. Bush bezichtigte die EU, durch dieses Verbot den Hunger in Afrika voranzutreiben, und drohte damit, bei der WTO gegen das EU-Moratorium vorzugehen. «Wegen eines durch den Hunger bedrohten Kontinents», erklärte Bush, «ersuche ich die europäischen Nationen, ihre Opposition zur Biotechnologie aufzugeben.»

Die Dringlichkeit von Bushs Anliegen, ein europäisches Verbot auf GV-Produkte aufzuheben, hatte wenig damit zu tun, den Hunger in Afrika zu stoppen. Sie hatte allerdings sehr viel mit der zukünftigen Kontrolle der Weltnahrungsmittelversorgung durch eine Macht zu tun, deren Militär bereits die schrecklichste Herrschaft in der Geschichte ausübt und deren finanzielles und ökonomisches Gewicht die Weltwirtschaft beherrscht. Wenn Wa-shington und seine Unterstützer in der Industrie mit ihrem Vorstoss zu genetisch veränderten Organismen Erfolg haben, dann wird dies der Menschheit zum Negativen gereichen. Wieso das?

Ende Januar genehmigte die EU-Kommission den Verkauf von genmanipuliertem Mais in Dosen durch das Schweizer Biotechunternehmen Syngenta und liess es als Mais vom Grill in Geschäften und Restaurants in der EU verkaufen. Die EU argumentiert, dass die neuen Richtlinien zur Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen die Genehmigung solcher Nahrungsmittel sichermachen. Am gleichen Tag verkündete die belgische Regierung, dass sie plane, eine Vielzahl von gentechnisch veränderten ölhaltigen Samen oder Raps zum Anbau zuzulassen.

Im letzten Monat verkündete die EU-Kommission, sie sei im Begriff, die Anpflanzung eines angeblich Herbizid-beständigen Mais zu genehmigen, des NK603, dessen Hersteller Monsanto einer der grössten Inhaber von Patenten auf genetisch veränderten Pflanzen weltweit ist. Zur gleichen Zeit wandte sich der Schweizer Riese Syngenta an deutsche Behörden mit der Bitte um Versuchsfelder für GV-Weizen in Thüringen. Nimmt man die Erfahrungen in den USA als Richtschnur, dann heisst das, dass innerhalb weniger Jahre die gesamte EU-Landwirtschaftsproduktion von Polen und Ungarn bis nach Deutschland und Frankreich von genetisch verändertem Getreide beherrscht wird. Das polnische Parlament öffnete unlängst unter dem Druck von Monsanto und der US-Agrobusinesslobby sein Land der breiten Anwendung von genmanipuliertem Getreide auf einem der ertragreichsten Böden in Europa. Die EU-Kommission hat mit ihrer Entscheidung, den Verbrauchern eine «Wahl» zuzugestehen, die Büchse der Pandora geöffnet. Brüssels Abteilung für Europäische Nahrungsmittelsicherheit erneuert die Zulassungen für Monsanto und Syngenta zum Anbau und zur Verarbeitung von genetisch verändertem Mais als Futtermittel.

Keine unabhängige Forschung

Das grösste Entsetzen löst das praktisch komplette Fehlen einer grundlegenden unabhängigen Forschung über die möglichen Nebenwirkungen auf Menschen und Tiere aus, wenn gentechnisch veränderte Substanzen in die Nahrungskette gelangen; jetzt sind aber die Schleusentore für Veränderungen geöffnet worden, die die Art und Weise, wie wir leben, beeinflussen und jedes Lebewesen betreffen könnten.

Der britische Umweltminister Michael Meacher wurde im Juni 2003 von Tony Blair gefeuert. Der Grund war laut britischen Quellen Meachers Weigerung, den ungetesteten Anbau von genetisch veränderten Pflanzen zu unterstützen. Nach seiner Entlassung aus dem Kabinett beschuldigte Meacher die Blair-Regierung, «voreilig erwünschte Schlussfolgerungen zu ziehen, die nicht wissenschaftlich abgestützt werden können». Die britische Soil Association unterstützte Meachers Vorwurf mit den Worten: «Die Entscheidung, ob man oder ob man nicht den kommerziellen Anbau von genetisch manipuliertem Getreide zulassen sollte, ist sehr bedeutsam. Möglicherweise ist sie eine der weitreichendsten Entscheidungen, die je eine Regierung bezüglich der Umwelt und der allgemeinen Gesundheit zu treffen hatte.»

Die Soil Association warnte darüber hinaus, dass «der einzige bislang an Menschen unternommene Versuch mit genetisch veränderten Organismen erbracht hat, dass genmanipulierte DNA auf Bakterien im menschlichen Darm übertragen werden können, während Tierversuche eine Verdoppelung der Sterblichkeitsrate bei Verabreichung von gentechnisch verändertem Hühnerfutter zur Folge hatte und die Entwicklung von Darmerkrankungen bei Ratten, die genetisch veränderte Kartoffeln und Tomaten assen, erbrachten.» Was sie nicht weiter ausführten, war die Tatsache, dass Englands BSE- und MKS-Katastrophen vor einigen Jahren ebensogut auch das Resultat des Verfütterns gentechnisch veränderter Futtermittel hätte sein können.1

Im August 1998 wurde der weltweit führende Experte der GVO-Forschung, der in Ungarn geborene Wissenschafter Dr. Arpad Pustzai, aus seinem Job am Forschungszentrum des britischen Rowett Instituts gefeuert. Seine Karriere war ruiniert, und er wurde an weiteren Arbeiten gehindert, indem man ihn auf eine schwarze Liste setzte. Sein Verbrechen war, dass er den Mut hatte, mit alarmierenden Forschungsergebnissen in einem britischen Fernsehinterview an die Öffentlichkeit zu gehen. Pustzai deckte auf, dass seine Forschung mit Laborratten Tiere hervorbrachte, die durch das Füttern mit genetisch veränderten Kartoffeln an gebremstem Wachstum und Schäden im Immunsystem litten. Gemäss Pusztai zeigten seine Daten, dass die Ernährung mit genmanipulierten Kartoffeln zu kleineren Lebern und Herzen führte und sogar die Gehirngrösse beeinflusste. Über seine Forschung wurde ein Embargo verhängt, seine Forschungsmannschaft aufgelöst, und es wurde ihm verboten, mit seinen Kollegen über seine frühere Arbeit zu sprechen

Pustzai, ein hervorragender Wissenschafter, der seit mehr als 35 Jahren professionelle Forschungsergebnisse veröffentlicht, fand später heraus, dass er auf Intervention des britischen Premierministers Blair gefeuert worden war. Es scheint, dass der damalige US-Präsident Bill Clinton Blair anrief, nachdem selbst von Monsanto auf die Gefahr hingewiesen worden war, die die Forschungen Pustzais darstellten, wenn sie weltweit Aufmerksamkeit erregen würden. Zu der Zeit produzierte Monsanto, eine amerikanische Chemiefabrik, die für ihr tödliches in Vietnam verwendetes Agent Orange bekannt ist, 91% des genetisch veränderten Saatgutes der Welt. Clinton war nachweislich derjenige gewesen, der Blair vom Nutzen der Förderung von genetisch veränderten Nahrungsmitteln als neues Hauptbetätigungsfeld für die britische Industrie überzeugte.2

Ein Jahr später, nämlich im Jahre 1999, ersuchten anlässlich einer wissenschaftlichen Konferenz der Internationalen Föderation der Biobauern-Bewegung Delegierte aus 60 Ländern ihre Regierungen, den Handel mit genetisch veränderten Nahrungsmitteln zu verbieten und benannten dabei mögliche Gefahren für die menschliche Gesundheit und Risiken für Landwirte bei der Auswahl ihres Saatguts. Dr. Michael Fox, ein Fachmann für Bioethik aus Washington, lieferte den Nachweis, dass mit dem genmanipulierten Getreide fremde DNA in den menschlichen Körper eindringen kann; genetisch veränderte Organismen können unvorhergesehene Giftstoffe oder allergieauslösende Stoffe produzieren; Genübertragung zwischen transgenen Pflanzen und Bakterien kann auftreten, «dessen ökologische Konsequenzen verhängnisvoll sein können». Er berichtete auch, dass Milch von Kühen, denen eine genetisch hergestellte Substanz, das r-bGH (Wachstumshormon für Rinder), injiziert wurde, erhöhte Werte des Insulinartigen Wachstumsfaktors (IGF I) besitzt. Dieser steht in Beziehung zu Brustkrebs beim Menschen. Fox verlangte ein weltweites Moratorium für die Verbreitung von gentechnisch veränderten Substanzen so lange, bis eine ausreichende wissenschaftliche Risikobeurteilung vorliegt.

Im März 2004 wurde in den Vereinigten Staaten ein Bericht über Tests veröffentlicht, die von zwei unabhängigen Labors durchgeführt worden waren. Sie hatten nicht gentechnisch verändertes Saatgut überprüft, das normalerweise für Mais-, Sojabohnen- und Rapsanbau verwendet wird, die drei wichtigsten Futtermittel für Tiere. Laut einem Bericht in der britischen Zeitung «The Independent» fanden sie heraus, dass ganze 67% des herkömmlichen Getreides &endash; Mais, Sojabohnen, Raps &endash; mit genetisch verändertem Material durch Wind, Bestäubung und andere Ursachen verseucht worden waren. Laut Aussage der Studie bauten Landwirte unwissentlich pro Jahr Milliarden von genmanipulierten Samen an im Glauben, sie hätten normales oder gentechnikfreies Saatgut. Dies kam heraus 8 Jahre nachdem genetisch verändertes Getreide in der amerikanischen Landwirtschaft zum erstenmal eingeführt worden war. Der Bericht warnte, es könnte «eine ernste Gefahr für die Gesundheit» darstellen, wenn GV-Drogen oder industrielle gentechnisch veränderte Chemikalien der nächsten Generation von genmanipulierten Produkten ihren Weg in die menschliche Nahrungsmittelkette finden.

In einem weit publik gemachten Fall konnte man Gene von Starlink (Bayer AG), einem genetisch veränderten Getreide, das nur für Tiere genehmigt wurde und in nur 0,4% aller amerikanischen Maissorten vorkam, in Nahrungsmitteln in den gesamten Vereinigten Staaten nachweisen, sogar in den Tacos von Taco Bell (Fast-Food-Kette mit mexikanischen Spezialitäten). Die Tacos enthielten Proteine von Insektenvertilgungsmitteln, die von Menschen nicht verdaut werden können.

Die Verunreinigung durch gentechnisch verändertes Saatgut ist das Kernproblem des GV-Themas. Wenn einmal dem Anbau von genmanipuliertem Saatgut in einer Gegend die Tür geöffnet wurde, dann ist sämtliches Saatgut in dieser Region anfällig für die Verseuchung, entweder durch Wind, Bienen oder andere Insekten. Es gibt nur wenig Kontrollen in den grossen Getreidefirmen wie Cargill oder ADM, von denen viele verdächtig werden, absichtlich GV-Samen mit nicht GV-Samen zu mischen. Diese Verseuchung oder die Tatsache der genetischen Verunreinigung alleine bedeuten das Ende der Bio-Bauern sowie das der herkömmlichen Landwirtschaft innerhalb einiger weniger Jahre, wie die Erfahrung in den USA zeigt.

In einer anderen totgeschwiegenen Studie lieferte Dr. Terje Traavik, der Direktor des norwegischen Instituts für Gen-Ökologie, alarmierende Beweise für Auswirkungen von gentechnischen Veränderungen. Im Fall von BT-Mais des amerikanischen Samenproduzenten Dekalb liegt der Verdacht nahe, dass in der Zeit der Bestäubung der genetisch veränderte Mais bei Menschen auf den Philippinen, die nahe dem GV-Feld lebten, Krankheiten hervorrief. Das Virus CaMV, das bei der Herstellung der meisten genmanipulierten Nahrungsmittel verwendet wird, wurde intakt in Rattengewebe gefunden, 3 Tage nachdem es einer einzelnen Mahlzeit beigemischt worden war. Ebenso wurde es in menschlichen Zellen nachgewiesen. Am alarmierendsten aber ist, dass genetisch veränderte Pockenviren im Verbund mit natürlichen Viren neue, hybride Viren mit unvorhersehbaren und möglicherweise gefährlichen Eigenschaften hervorbringen.

Traavik drängte auf sofortige weitere Untersuchung dieser alarmierenden Entdeckungen. Er sagte, seine Forschungen «erregen zusätzliche Verdachtsmomente, dass genetisch veränderte Nahrungsmittel genetische Instabilität und Veränderung, versehentliche Ausbrüche von Allergenen oder Toxinen aus nicht anvisierten Genen hervorbringen und sogar die Aktivierung schlafender Viren verursachen können. [...] Wir müssen erforschen, ob Bt-Getreide zum unerklärlichen Anstieg von Allergien beitragen.» Er wurde mit eisigem Schweigen in den westlichen Medien bedacht.

Eine dreijährige Studie der britischen Regierung, die ursprünglich unter der Aufsicht von Michael Meacher durchgeführt und im Oktober 2003 veröffentlicht wurde, wies nach, dass die Tierwelt in der Landwirtschaft viel stärker von den besonders leistungsfähigen Herbiziden geschädigt wird, die bei genmanipuliertem Getreide verwendet werden, als durch herkömmliche chemische Herbizide. Ein Argument, das von Monsanto und der GV-Lobby verwendet wird, um die grünen Kritiker des genetisch veränderten Saatguts zum Schweigen zu bringen, ist die Behauptung, sie bräuchten weniger chemische Herbizide. Die britische Biotech-Industrie bestritt, dass der Bericht von Bedeutung sei, und die Blair-Regierung genehmigte die «begrenzte» Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut. Die Meacher-Studie fand auch heraus, dass genetisch verändertes Getreide auch dahingehend manipuliert worden war, widerstandsfähig gegenüber dem Herbizid zu sein und selbst von den stärksten todbringenden chemischen Unkrautvernichtungsmittel nicht angegriffen werden konnte. Eines dieser Unkrautvernichtungsmittel ist beispielweise Monsantos Roundup, eine Chemikalie, die so stark ist, dass sie alles auf einem herkömmlichen Getreideacker vernichtet, einschliesslich des Getreides, der Bienen und der Schmetterlinge.3

Die britische Meacher-Studie dauerte 3 Jahre, kostete Millionen von Euro und stellte eine 500%ige Abnahme an Floravielfalt, einen 25%igen Rückgang von Schmetterlingen und eine geringere Samenzahl beim Raps fest. Die Blair-Regierung unterdrückte die Resultate und genehmigte dieses Jahr die begrenzte Verwendung gentechnisch veränderten Saatguts.

Betrügerische Behauptungen zu Kosten/Nutzen von Genmanipulation.

Die Verbreitung von gentechnisch verändertem Saatgut unter amerikanischen Landwirten gelang mit Hilfe des betrügerischen Versprechens, dass es zu einer grossen Produktivitätssteigerung komme und bedeutend weniger chemische Pestizide eingesetzt werden müssten. In der Realität hat sich dies nicht bewahrheitet; sogar das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Im Jahre 2001 präsentierte Dr. Charles Benbrook die Ergebnisse einer Analyse der Wirtschaftlichkeit von Bt-Mais. Er stellte fest, dass amerikanische Landwirte 3 Jahre lang hohe Prämien für gentechnisch verändertes Saatgut bezahlten und schliess-lich einen Nettoverlust von 92 Millionen Dollar beziehungsweise 1,31 Dollar pro Acre (4047 m2) zu verzeichnen hatten. Benbrook fand ausserdem heraus, dass der «Anbau von 550 Millionen Acre gentechnisch verändertem Mais, Sojabohnen und Baumwolle in den Vereinigten Staaten seit 1996 den Pestizidverbrauch um ungefähr 50 Millionen Pfund [Gewichtseinheit] erhöht hat». Sogenannte «herbizid-tolerante» Getreidesorten, die eine viel grössere Menge an Herbiziden benötigen als normale Pflanzen, wurden dahingehend gentechnisch verändert, dass Landwirte, die den gentechnisch veränderten Mais oder andere Feldfrüchte anbauen, gezwungen sind, das gentechnisch veränderte Herbizid derselben Firma zu kaufen, zum Beispiel Monsantos Roundup.4

Gentechnisch verändertes Saatgut wurde aggressiv beworben und versprach verzweifelten amerikanischen Landwirten in den späten 90er Jahren grosse Profite, höhere Erträge und weniger Probleme mit Unkraut. 2002 waren mehr als 70% aller amerikanischen Sojabohnenpflanzen gentechnisch verändert, mehr als 61% der gesamten Baumwolle und 25% des gesamten Mais. Produkte im Supermarkt, von Ovomaltine bis Babynahrung von Nestlé bis hin zu McDonald`s Burger enthalten gentechnisch veränderte Nahrungsmittel.

Eine von Michael Duffy durchgeführte Studie der Iowa State University hat gezeigt, dass HT-Soja, eine gentechnisch veränderte Variante, einen Verlust von 8,87 Dollar pro Acre im Vergleich zu normalem Soja mit sich brachte. 2001 erklärte der Beratungsausschuss Biotechnologie der kanadischen Regierung: «[...] es gibt kein öffentlich zugängliches Gutachten oder Daten darüber, inwiefern einzelne Landwirte von der Umstellung auf gentechnisch veränderte Feldfrüchte in Kanada profitiert hätten.»

Ein weiterer versteckter Kostenpunkt bei gentechnisch verändertem Saatgut entsteht für Landwirte durch die von Monsanto und anderen so bezeichnete «Technologie-Gebühr». Monsanto berechnet eine «Technologie-Gebühr», die zusätzlich zu dem sowieso schon hohen Saatgutpreis anfällt, mit dem Argument, dass die Landwirte einen Nutzen aus der Gentechnologie ziehen werden. Zusammen mit dieser Gebühr kostet genetisch verändertes Saatgut den Landwirt normalerweise 24 bis 40% mehr als gentechnisch nicht verändertes Saatgut. Für genmanipulierten Mais fallen zwischen 30 und 90% höhere Kosten an. Hinzu kommt, dass der Landwirt gezwungen ist, beim Kauf des Saatguts ein «Technologie-Abkommen» mit dem Lieferanten Monsanto zu schliessen, welches dem Landwirt rechtlich verbietet, Samen für die nächste Ernte aufzubewahren. Wenn er betrügt, riskiert er, dass man gerichtlich gegen ihn vorgeht.

Laut einem Bericht des «Food First/Institute for Food and Development Policy» (Nahrung zuerst/Institut für Nahrungs- und Entwicklungspolitik) in Kalifornien «könnte gentechnisch verändertes Saatgut verantwortlich sein für eine Reihe von Missernten». So wird berichtet, dass Herbizid-tolerante Pflanzen und Unkräuter in den Vereinigten Staaten aufgetreten seien und dass Glyphosat-tolerante Unkräuter dort GV-Baumwoll- und Sojafelder heimsuchen. Atrazin, eines der giftigsten Herbizide, muss bei Glufosinat-tolerantem Mais eingesetzt werden.

Noch beunruhigender ist die Tatsache, dass sich Bt-Proteine, welche weltweit bei 25% der gentechnisch veränderten Saaten verwendet werden, als schädlich für eine Reihe von harmlosen Insekten erwiesen haben, und viele Wissenschafter haben davor gewarnt, Bt-Saaten für den Menschen freizugeben. Grosse Pharmazieunternehmen verwenden immer mehr genetisch verändertes Saatgut, um Medikamente zu produzieren, so auch Zytokin, das laut Food First bekanntlich die Funktion des menschlichen Immunsystems unterdrückt, Krankheiten verursacht und giftig ist für das zentrale Nervensystem. Ausserdem ist dokumentiert, dass genmanipulierte Pflanzen Interferon Alpha produziert haben, von dem es heisst, dass es Demenz auslöst und eine Virusreihe, wie zum Beispiel das «Spike»-Protein-Gen aus dem Coronavirus des Schweins, welches zur gleichen Familie wie das Sars-Virus gehört, das kürzlich Asien überschwemmte. Glufosinat-Ammonium und Glyphosat werden bei Herbizid-toleranten genetisch veränderten Saaten eingesetzt, weltweit bei etwa 75% aller genetisch veränderten Saaten. Glufosinat-Ammonium wird in Verbindung gebracht mit neurologischer, respiratorischer und gastrointestinaler Toxizität und Geburtsfehlern bei Mensch und Tier. Kinder, deren Mütter Glyphosat einnahmen, wiesen in erhöhtem Masse neurologisch bedingte Verhaltensstörungen auf.

Food First zieht den Schluss: «Die bekannten Auswirkungen von Glufosinat und Glyphosat sind ernst genug, um jeden weiteren Gebrauch der Herbizide aufzuhalten.» Es wurde herausgefunden, dass das Herbizid Roundup von Monsanto Zell-Dysfunktionen (Funktionsstörungen) auslöst, welche mit menschlichen Krebsformen in Zusammenhang stehen könnten. Aber die erschreckendste Gefahr des GV-Konsums besteht in der inhärenten Neigung zu neuen Genverbindungen und Genübertragungen; auf diesem Wege entstehen dann neue Viren und Bakterien, die Epidemien auslösen können. 2001 wurde ganz «unbeabsichtigt» während eines scheinbar harmlosen Gentechnikexperimentes ein Killer-Maus-Virus geschaffen.5

Im Februar diesen Jahres berichtete Devinder Sharma in einem Artikel der Zeitschrift BioSpectrum von alarmierenden Ergebnissen im Zusammenhang mit dem Anbau von Monsanto-Bt (GV)-Baumwolle. Die indische Firma Mahyco-Monsanto warb für die Bt-Baumwollsamen mit der Behauptung, dass sie eine eingebaute Fähigkeit hätten, den rosa Baumwollkapselwurm, einen bedeutenden Schädling, zu töten. Wegen dieser Behauptung konnten sie das genmanipulierte Saatgut zu einem Preis verkaufen, der viermal höher war als der bestehende Preis für Saatgut. Im ersten Jahr ihres Anbaus scheiterte die Ernte der Bt-Baumwolle in Indien auf manchen Feldern zu 100%.

In China wurde 1999 auf 7 Millionen Hektar Bt-Baumwolle angebaut. Heute ist der Pestizidverbrauch wieder auf einen Stand von vor 1999 angestiegen, weil die Bt-Baumwolle ihre Resistenz gegen Schädlinge verliert. Genetisch veränderte Baumwolle in China macht einen Anteil von 50% der gesamten Baumwolle aus. In diesem Jahr hat die Regierung in Peking Import-Zertifikate für verschiedene US-Gentechnologien ausgestellt, darunter auch fünf von Monsanto. Mehr als 70% der Sojabohnenimporte Chinas sind genmanipuliert. China versucht seinen eigenen genmanipulierten Reis und andere Pflanzenarten zu entwickeln, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass dies sicherer sein könnte.

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1 Brussels clears GM maize to «Please US», von Andrew Osborn, The Guardian, 29.1.2004. Meacher attacks GM crops, in BBC News, 18.2.2003, news.bbc.co.uk

2 Soil Association backs Meacher`s stance on GM crops, Pressemitteilung vom 23.6.2003, www.soilassociation.org. World`s top GE researcher was fired and persecuted by White House & Blair, von Andrew Rowell, The Daily Mail, 7.7.2003. www.organiconsumers.org

3 Revealed: Shocking new dangers of GM crops, von Geoffrey Lean, The Independent, 7.3.2004. Proven: Environmental dangers that may halt GM revolution, von Michael McCarthy, The Independent, 17.10.2003. New health dangers of genetically modified foods (and vaccines) discovered, vom Institute for Responsible Technology, 24.2.2004 auf www.organicconsumers.org. Dangers of GE foods & crops, Dr. Michael W. Fox, Humane Society of the United States, www.hsus.org oder www.organicconsumers.org

4 Farmer Income: seeds of doubt, von Norfolk Genetic Information Network, 24.10.2002. members.tripod.com oder www.non-gm-farmers.com

5 The case for a GM-free sustainable world, von Food First/Institute for Food and Development Policy. www.foodfirst.or