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"Irak soll Öltank werden"

Ein weiterer Insider verurteilt das Kriegstreiben Präsident Bushs gegen den Irak. In der Jungen Welt vom 11. 1. 2003 steht folgendes zu lesen, das wir hier gekürzt wiedergeben:

Scharfe Kritik an den Kriegsdrohungen der USA hat der Ire Denis Halliday, ehemaliger Koordinator des UN-Hilfsprogramms "Öl für Nahrungsmittel", geübt. "US-Präsident George W. Bush geht es nicht um Massenvernichtungswaffen im Irak, sondern allein um die Etablierung militärischer Präsenz in der Region." Die Arbeit der UN-Waffeninspektoren hätte bisher keinerlei Beweise für Massenvernichtungswaffen erbracht, sagte Halliday am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Bagdad. Der Irak solle "endgültig zum Öltank" für die USA werden. Ein Krieg werde dramatische Folgen für die irakische Zivilbevölkerung haben, die in keiner Weise für irgend etwas verantwortlich gemacht werden könne. Halliday leitete das Irak-Programm der Vereinten Nationen von August 1997 bis Oktober 1998, bevor er aus Protest gegen die UN-Sanktionen nicht nur von seinem Posten in Bagdad zurücktrat, sondern nach 34 Jahren Arbeit bei den UN die Weltorganisation ganz verließ. Halliday wiederholte den Vorwurf, daß die mittlerweile seit zwölf Jahren bestehenden UN-Sanktionen gegen den Irak einen "Massenvernichtungscharakter" hätten. Seit Beginn des Embargos seien mehr als eine Million Menschen ums Leben gekommen, was auf die Folgen der wirtschaftlichen, sozialen und vor allem medizinische Zerrüttung des Landes zurückzuführen sei. Schon im Golfkrieg 1991 seien von den damaligen alliierten Truppen Kriegsverbrechen begangen, aber nie geahndet worden, erklärte Halliday weiter. Gezielt seien irakische Soldaten auf der "Straße des Todes" bei Basra bei ihrem Rückzug aus Kuwait bombardiert worden. Auch der Einsatz von Munition aus abgereichertem Uran (Depleted Uranium) sei ein Kriegsverbrechen gewesen und habe ganze Landstriche im Süden des Irak radioaktiv verseucht. Die sprunghaft angestiegene Krebsrate unter der Bevölkerung sei die Folge. Auch die gezielte Bombardierung von Wasserversorgungsanlagen und Elektrizitätswerken sei ein Kriegsverbrechen gewesen, da es sich dabei um zivile Einrichtungen handele. Bei einem neuen Krieg gegen den Irak befürchtet Halliday den Einsatz modernster Waffen durch das US-Militär, denen die irakische Armee und erst recht nicht die Zivilbevölkerung etwas entgegenzusetzen habe. Der Irak stellt heute nach Ansicht von Halliday keine Bedrohung für die Nachbarstaaten dar. Er habe selbst etliche der Länder besucht und nicht einmal gehört, daß sich diese vom Irak noch militärisch bedroht fühlten. Auch die Vereinten Nationen kritisierte Denis Halliday. Vor allem der UN-Sicherheitsrat sei zu einem "Instrument der USA" geworden und "korrumpiert". Halliday monierte, daß es bisher keine Versuche zu einer friedlichen Beilegung der Irak-Krise gegeben habe. Selbst wenn die UN-Waffeninspekteure nachweisen könnten, daß der Irak über ein verstecktes Programm an Massenvernichtungswaffen verfüge, sei das für ihn kein Grund für einen Krieg. Halliday selbst geht allerdings davon aus, daß der Irak keine derartigen Waffen mehr besitzt. Immerhin gebe es weltweit eine Fülle von Staaten, die solche Waffen hätten, inklusive Israel, das über atomare Raketensprengköpfe verfüge. Doch nie hätten die USA einem dieser Staaten mit Krieg gedroht. Auch mit Nordkorea sei man offensichtlich bereit, friedlich zu verhandeln. Als Alternative schlug Halliday vor, die Massenvernichtungswaffen der gesamten Region zu verschrotten, die Sanktionen gegen den Irak aufzuheben und den Dialog mit der irakischen Führung aufzunehmen. Die irakische Regierung ihrerseits müsse der Bevölkerung mehr Rechte einräumen, so Halliday. Ein Regierungswechsel jedoch, wie er offenbar von den USA angestrebt werde, sei einzig und allein Sache der Iraker.