Jugend forscht - und findet Geldrolleneffekt
In der kritischen Mobilfunkszene zählt der Geldrolleneffekt zu den sieben Weltwundern: Alle reden davon, aber kaum einer weiss Genaueres darüber.
Die Folge: Internetrecherchen zum Thema mündeten schon nach kurzer Zeit in einem Kreislauf. Seit Anfang März 2005 steht es besser um die Sache, denn der mysteriöse von einigen schon ins Reich der Fabel verbannte Effekt bedarf gar keiner bombastischen Forschungsmaschinerie, um sichtbar zu werden. Das jedenfalls zeigen zwei Regionalsieger des Wettbewerbs Jugend forscht. Nach nur 20 Sekunden dauernden Handytelefonaten konnten sie in den Blutbildern ihrer Versuchspersonen deutliche Verklumpungen roter Blutkörperchen beobachten - eben den Geldrolleneffekt. Unter Einwirkung elektromagnetischer Felder verklumpen rote Blutkörperchen zu zylinderartigen Gebilden, die wie ein Stapel Geldmünzen aussehen. Entdeckt hat diesen so genannten Geldrolleneffekt Ende der 1990er-Jahre der deutsche Mediziner Dr. Hans-Joachim Petersohn. Welche Folgen dem Effekt zuzuschreiben sind ist unklar, denkbar sind ein erhöhtes Thrombosenrisiko und mangelhafter Sauerstofftransport wegen der reduzierten wirksamen Oberfläche der Blutkörperchen. Aber: Auf Seiten der Betreiber gibt es massive Zweifel an der Existenz dieses Effekts, nachzulesen z. B. unter Elektrosmoginfo. Und auch die Schulmedizin in Gestalt von Prof. K. E. von Mühlendahl und Dr. M. Otto hat einen eindeutigen Standpunkt zur Frage, ob Blutuntersuchungen die Auswirkungen von Mobilfunkfeldern belegen könnten: "Wir halten derartige Untersuchungen nicht für sinnvoll. Es gibt viele gut bekannte Situationen, in denen der Körper mit einer Veränderung des Blutbildes reagiert. Mit Mobilfunk haben diese Situationen nichts zu tun". Bis Anfang März 2005 galt also auch für den Geldrolleneffekt das in der Mobilfunkszene nur zu gut bekannte Gleichgewicht des Schreckens - gemeint ist damit die allgegenwärtige und lähmende Pattsituation zwischen warnenden und entwarnenden Stimmen. Auch nach 10 Minuten war der Geldrolleneffekt noch nachweisbar!
Download verfügbar Seit 25. März 2005 steht die komplette Dokumentation der Arbeit von Ritter/Wolski auf der Website des h.e.s.e.-Projects zum
Download bereit. Auch zwei ältere wissenschaftliche Studien zum Geldrolleneffekt (englisch) sind dort nachzulesen. Doch dieses Gleichgewicht ist aus dem Lot, denn zwei Abiturienten des Gymnasiums Spaichingen haben den Geldrolleneffekt nun ebenfalls entdeckt. Maria Ritter und Wasgan Lester Wolski, machten sich im Baden-Württembergischen Regionalwettbewerb Jugend forscht gezielt auf die Suche nach den typischen Blutverklumpungen. Ihre 51 Versuchspersonen durften dazu zunächst einen Tag lang nicht mit dem Handy telefonieren. Dann wurde eine erste Blutprobe abgenommen. Danach mussten die Probanden 20 Sekunden lang telefonieren und sich sofort einer zweiten Blutentnahme an Ohr und Finger unterziehen, gefolgt von einer dritten Blutentnahme nach einer Wartefrist von 10 Minuten. Aus den fünf Blutentnahmen pro Person resultierten insgesamt 255 Blutproben, die von den Jungforschern mit einer selbstentworfenen Apparatur aus Mikroskop und Digitalkamera fotografiert und ausgewertet wurden. Resultat: Die Bilder der ersten Blutentnahme zeigen keine Auffälligkeiten. Auf den Bildern der zweiten Blutentnahme sind dagegen eindeutige Verklumpungen der Blutkörperchen zu sehen, etwas, was auch noch in den Bildern der dritten Entnahme deutlich zu erkennen ist. Unsere Angaben über das Projekt der beiden Abiturienten entstammen allesamt einem Bericht der Schwäbischen Zeitung, in dem nicht ausdrücklich vom Geldrolleneffekt gesprochen wird, sondern die Verklumpungen mit dem Synonym Clusterbildung beschrieben werden. Ohne Verdacht: Wes Brot ich ess', des' Lied ich sing Bemerkenswert ist, dass mit Ritter und Wolski zwei völlig Unverdächtige ein warnendes Resultat hervorgebracht haben, zwei Schüler, die so gar nicht ins Lager der Mobilfunkbefürworter und ebenso wenig in das der Mobilfunkgegner passen wollen. Die Betreiber können und werden die Arbeit der beiden Jungforscher freilich nicht unwidersprochen lassen, schliesslich muss die verloren gegangene Pattsituation möglichst schnell wiederhergestellt werden. Zu erwarten ist deshalb a) viel Lob fürs Projekt, gepaart mit b) allerlei Bedenken, ob das, was da gefunden wurde, denn auch stimmen mag. Erfrischend ist das, was die Baden-Württemberger hervorgebracht haben jedoch allemal, denn es ist zu vermuten, dass hier kein zweckorientiertes Sponsoring im Spiel ist, ein Schicksal, das der staatlichen Mobilfunkforschung in Deutschland wie Blei in den Gliedern steckt, weil diese zu etwa 50 % von den Mobilfunkbetreibern mitfinanziert wird und es ihr daher an der Glaubwürdigkeit mangelt. Und: Noch findet sich keiner der deutschen Betreiber auf der Sponsorenliste der Stiftung Jugend forscht. Von den Handyherstellern ist zwar Siemens mit dabei, der Laden aber ist unübersichtlich groß und nach dem Hickhack um die Handysparte steht derzeit nicht einmal fest, ob Siemens im Jahr 2006 noch zu den Handyherstellern zählt. Aus dem Baden-Württembergischen Regionalwettbewerb ist das Abiturientenpaar Ende Februar als einer der Regionalsieger hervorgegangen. Im Baden-Württembergischen Landeswettbewerb sind die beiden dann leider gescheitert. Den 40. Bundeswettbewerb richtet die Stiftung Jugend forscht e. V. zusammen mit der der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in der Deutschen Arbeitsausstellung (DASA) vom 26. bis 29. Mai 2005 in Dortmund aus (14.03.05-ll). Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer
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