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Kriegslüstern

Der Chef der internationalen Chemiewaffenkonvention mußte gehen, weil er kurz davor stand, den geplanten Militärschlag gegen den Irak zu verhindern.

Die Welt bereitet sich auf einen neuen Krieg vor - das wünscht sich zumindest der amerikanische Präsident. Der Junior kann es kaum erwarten, mit seinem Vater gleichzuziehen. "Wir müssen gegen den Schurkenstaat Irak militärisch vorgehen - zum Schutze der freien Welt." So tönt es seit geraumer Zeit aus dem Weißen Haus. Und während seine Administration überall um Verständnis für eine Neuauflage des Golfkrieges wirbt, läßt George W. Bush bereits ausrechnen, wieviel an Geld und Männern eine neuerliche Invasion des Irak kosten wird. Und gerade jetzt kommt ihm José Bustani in die Quere. Der Brasilianer war während der letzten fünf Jahre Generalsekretär der UNO-Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OPCW). Unter seiner erfolgreichen Führung hatte sich die Zahl der Staaten, welche die Chemiewaffenkonvention unterzeichnet haben, verdoppelt. Trotzdem zettelten die USA eine Palastrevolution an und setzten Bustanis Absetzung durch. Bustani hatte nämlich gleich zwei Fauxpas begangen. Der kleine Fehltritt war Bustanis Anordnung, daß seine Inspektoren wieder einmal die USA unter die Lupe nehmen sollten. Einer brasilianischen Zeitung gegenüber sagte José Bustani: "Die Amerikaner sind es nicht gewohnt, daß ihre Fabriken inspiziert werden. Aber die Chemiewaffenkonvention sollte bei allen Ländern gleich angewandt werden." Die USA weigern sich jedoch, Inspektoren aus jenen Staaten ins Land zu lassen, welche die US-Regierung als feindlich betrachtet. Und die USA entscheiden selbst, welche Bereiche ihrer Chemieanlagen die Inspektoren besichtigen dürfen und welche nicht. Außerdem hat der amerikanische Kongreß ein Gesetz erlassen, das den US-Präsidenten ermächtigt, überraschende Inspektionen zu stoppen und den Inspektoren zu verbieten, Chemikalienproben mitzunehmen. - Im Grunde genommen unterscheiden sich die USA nicht sonderlich vom Irak, der ja bekanntlich ebenfalls Mühe bekundet, fremde Inspektoren ins Land zu lassen. Auch Israel ist nicht gerade ein Vorbild. Es hat zwar die Chemiewaffenkonvention unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Somit gilt es nicht als Mitgliedstaat. José Bustani stand nun kurz davor, ein diplomatisches Meisterstück zu vollbringen - und das war sein unverzeihlicher Fehltritt: Der Irak signalisierte, daß er die Konvention allenfalls unterzeichnen und sich den Bedingungen unterwerfen wolle, die für alle Mitgliedstaaten gelten. Mit dieser politischen Lösung wäre eine militärische Intervention im Irak hinfällig geworden. Flugs warfen die USA dem Chef der Chemiewaffenkonvention Mißwirtschaft vor und verlangten seine Absetzung. Ein erster Umsturzversuch schlug jedoch fehl, weil sich zu viele Mitgliedstaaten ihrer Stimme enthielten. Da die USA aber den Löwenanteil des Budgets dieser UNO-Organisation tragen und damit drohten, den Geldhahn zuzudrehen, stimmte Ende April 2002 eine Mehrheit trotz 43 Enthaltungen für die Entlassung von José Bustani. Der Irak wird die Konvention nun kaum unterzeichnen, weshalb Präsident Bush weiterhin zum Krieg gegen den ‚Schurkenstaat' aufrufen kann. Die USA haben den Irak schon einmal hereingelegt. Damals, als Saddam Hussein bei der US-Botschafterin in Bagdad vorstellig wurde und sie fragte, ob Amerika etwas dagegen hätte, wenn sich der Irak seine '19. Provinz' zurückholen würde. Nein, hatte April Glaspie geantwortet, Präsident Bush würde sich im Konflikt um Kuwait neutral verhalten. Saddam war dumm genug, dem Wort der Amerikaner zu glauben und lieferte Bush senior mit dem irakischen Einmarsch in Kuwait den lang ersehnten Vorwand für die ‚Operation Wüstensturm'. An den Folgen des Golfkrieges leidet die irakische Bevölkerung noch heute. Viele Babys werden mit Mißbildungen geboren. Dies sind die Spätfolgen der reichlich verschossenen uranhaltigen US-Munition. Gemäß einer UNICEF-Schätzung sterben seit 1991 jeden Monat 4'000 Kinder wegen der über den Irak verhängten Sanktionen. Routinemäßige Bombenangriffe zermürben die Bevölkerung und behindern den wirtschaftlichen Aufbau. Zudem muß der Irak noch immer einen Drittel seiner Exporterlöse an die UN-Entschädigungskommission zahlen, was einer systematischen Ausplünderung des irakischen Volkes gleichkommt. Ob es George W. Bush bei seiner Kriegstreiberei um die Sicherheit und das Wohl der Völker geht, darf bezweifelt werden. Schließlich befinden sich im Nahen Osten (und nicht zuletzt im Irak) riesige Ölfelder, die es zu kontrollieren gilt. Geld macht man eben dort, wo man es kann. Das sagte sich auch Dick Cheney, als er noch Chef des Halliburton-Konzerns war. So ordnete er im Herbst 1998 persönlich den Verkauf von Ölfördertechnologie im Wert von 50 Millionen US-Dollar an. Empfänger war der Irak. Dieses Geschäft aber war illegal, hatte die internationale Staatengemeinschaft doch Sanktionen über den Irak verhängt. Cheney, ein alter Spezi von Bush senior, umging das Embargo jedoch über Strohfirmen in Europa. Heute ist Dick Cheney Vizepräsident der Vereinigten Staaten von Amerika und beteiligt sich lautstark am Säbelrasseln gegen den Irak.