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Nutzung von Computern führt zu schlechteren Leistungen

Computer als Hilfe für Schüler zweifelhaft - Studie korrigiert Pisa-Ergebnisse

elv. "Schulen ans Netz", "E-Learning", "Informationsgesellschaft", "digitale Kluft" - seit Jahren wird uns weisgemacht, dass wir im Bildungsbereich den Anschluss verlieren, wenn wir nicht schnellstmöglich alle Schulen vernetzen und jeden Schüler vor einen Computer setzen. Lernen online - sogar von Klassen ohne Lehrer wurde schon geschwärmt. Kein Land in Europa, das nicht bereits riesige Geldsummen und enorme Anstrengungen unternommen hat, um eine Computer-infrastruktur für seine Schulen aufzubauen. Und sogar die millionenschweren Computer-"Geschenke", die Bill Gates auf seinen Reisen durch europäische Schulen und Gemeinden verteilte, wurden hemmungslos angenommen. Die Veröffentlichung der ersten Pisa-Studie (Pisa 2000) diente dann entsprechend als Rechtfertigung dieser Bestrebungen. Auch in der Schweiz herrschte eine breite Übereinstimmung, dass Schüler - gemäss der Studie - den Computer in Schule und Elternhaus viel zuwenig nutzen und dass dieser "Mangel" schnellstmöglich behoben werden müsse. Das eidgenössische Projekt "Schulen ans Netz" wurde 2001 vom Nationalrat genehmigt, und trotz Sparzeiten wurden dafür von der Schweizer Privatwirtschaft sowie von Bund und Kantonen Gelder in Höhe von 1 Milliarde Franken gesprochen1. Wie etwa die "Neue Zürcher Zeitung" schrieb, könnten "die Erkenntnisse der [Pisa-]Studie bezüglich Computernutzung als eigentliche Legitimation zur Umsetzung des eidgenössischen Aktionsprogrammes ÐSchulen ans Netzð gelesen werden".2 Inzwischen haben die beiden Wissenschafter Thomas Fuchs und Ludger Wössmann vom ifo - Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München eine umfassende empirische Studie vorgelegt, die die These widerlegt, dass eine vermehrte Nutzung von Computern die schulischen Leistungen verbessere.3 Laut Pisa-Studie erzielen diejenigen Schüler, die einen Computer nutzen, bessere schulische Leistungen. Diese vereinfachte Betrachtung stellt jedoch eine starke Verzerrung des Sachverhalts dar, da die Schüler, die zu Hause einen Computer nutzen, häufig aus Familien mit höherem Einkommen und höherem Bildungsniveau kommen, in denen die Eltern oftmals mehr Wert auf die Ausbildung der Kinder legen. Es liegt also nahe, dass diese Schüler einerseits häufiger einen Computer zur Verfügung haben, andererseits aber auch insgesamt bessere Lernvoraussetzungen und damit bessere schulische Leistungen zeigen. Zur Untersuchung der Frage nach dem Einfluss von Computern auf das Lernen ist es somit notwendig, Schüler aus ähnlichen familiären Verhältnissen miteinander zu vergleichen. Dies taten die Forscher des ifo-Instituts in ihrer Studie. Als Grundlage ihrer Untersuchung verwendeten sie das umfangreiche Datenmaterial der Pisa-2000-Studie. Im Unterschied zur Pisa-Studie kombinierten sie aber die dort gesammelten Testergebnisse mit Hintergrundinformationen zum familiären und schulischen Umfeld der Schüler, welche ebenfalls im Rahmen von Pisa erhoben worden waren. Insgesamt werteten sie die Daten von etwa 100000 15jährigen Schülerinnen und Schülern aus 32 Ländern aus. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass ein zweidimensionaler Zusammenhang zwischen Computernutzung und guten Schulleistungen, wie er im Rahmen der Pisa-Studie beschrieben worden war, in höchstem Masse irreführend ist. Die tatsächlichen Fakten sind alarmierend: Wenn man das Lernumfeld in die Untersuchung mit einbezieht, zeigt sich, dass Schüler, die zu Hause Zugang zu einem Computer haben, schlechtere Schulleistungen bringen als solche ohne Computerzugang. Der Computer wirkt sich also negativ auf die Lernerfolge der Jugendlichen und Kinder aus. Als Erklärung vermuten die Wissenschafter des ifo-Instituts, dass der Computer die Schüler ablenkt und durch Spiele, Internet-Surfen usw. vom eigentlichen Lernen abhält. Ähnliches gilt auch für die Nutzung von Computern in der Schule. Bezieht man auch hier das Lernumfeld, etwa die Ausstattung der Schule, in die Untersuchung ein, so ergibt sich keine relevante Verbesserung der Schulleistungen. Im Gegenteil werden bei besonders häufiger Computernutzung in der Schule, die Leistungen ebenfalls schlechter. Als Mittel zu schulischem Erfolg gibt es also nichts besseres als lernen, lernen, lernen. 1 vgl. "Der Bund" vom 8.12.20012 "NZZ" vom 5.12.20013 Computers and Student Learning: Bivariate and Multivariate Evidence on the Availability and Use of Computers at Home and at School, CESifo Working Paper No. 1321, zu finden unter www.cesifo-group.de > Publication Series > Working Papers. Eine deutsche Zusammenfassung unter: www.cesifo.de/cesifo/newsletter/Computer_und_Lernen.htm Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer News-Seite