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Rauchen: Politik von Tabakindustrie gezähmt

Um Kinder und Jugendliche vom Rauchen abzuhalten, bedarf es in erster Linie des positiven Beispiels durch Erwachsene. Man muss aber auch darüber aufklären (dürfen), wie schädlich die Droge Nikotin wirklich ist, auch wenn sie legal, und gesellschaftsfähig ist. "Nur ein Produkt tötet jeden dritten Käufer", mit diesem Slogan werben Tabak-Gegner in den USA. Während man sich unter internationalen Fachleuten einig ist, dass man Jugendliche nur durch drastische Warnung und Aufklärung vom Rauchen abhalten kann, probiert man es bei uns auf die sanfte Tour. Ein möglicher Grund für solche verharmlosende Leichtigkeit könnte - so recherchierte das ZDF-Magazin Frontal 21 für seine Sendung vom 30. Juli 2002 - zumindest in Deutschland der sein, dass Bundesregierung und Zigaretten-Industrie bei Nichtraucher-Kampagnen vertraglich zusammenarbeiten. 11,8 Millionen Euro an Spenden war diese Vereinbarung den Zigarettenfirmen wert - für eine Anti-Raucher-Kampagne des Gesundheitsministeriums bei Kindern. In diesem Vertrag, quasi ein Nichtangriffspakt, verpflichtet sich das Ministerium, die Industrie über alle ihre Schritte zu informieren. Darüber hinaus darf ein "Sachverständiger" der Zigarettenindustrie jederzeit Einsicht in sämtliche Projekte fordern. Außerdem "dürfen die Maßnahmen nicht die Zigarettenindustrie, deren Produkte oder den Zigarettenhandel diskriminieren." Frontal 21 ließ den Vertrag von einem Experten prüfen. Prof. Michael Adams von der Universität Bonn: "Zigaretten sind ein hochgiftiges Produkt, und wenn ich dieses nicht schlecht machen und sagen darf, dass es giftig ist, ist jede Maßnahme gegen dieses Produkt sinnlos. Es bewirkt, dass jede wirkliche Gegenwerbung, die Wirkung hat bei Kindern, dadurch abgeschnitten wird." In Amerika dagegen geht es in Thema Anti-Raucher-Kampagnen zur Sache. Ein Werbespot der "Truth-Kampagne" zeigt, wie Demonstranten vor dem Gebäude eines Zigarettenkonzerns Leichensäcke abladen. Hinter den Fenstern stehen nervöse Firmenbosse. Ein Demonstrant schreit via Megaphon: "Wisst ihr, wie viele Menschen euer Tabak tötet? Ihr tötet eintausendzweihundert Menschen - jeden Tag!" Wissenschaftliche Studien belegen, dass die harten "Truth-Spots" bei Kindern sieben Mal erfolgreicher sind als weichgespülte Industriekampagnen. Dr. Cheryl Healton, Initiatorin der "Truth-Kampagne". "Nur so kann man die Rolle der Tabakindustrie aufdecken und das Bewusstsein junger Verbraucher stärken, wie sie von Tabakprodukten abhängig gemacht werden." In Deutschland finden Politiker auch nichts dabei, dass Tabak-Lobbyisten die Presse-Lounges der Parteitage von SPD, CDU/CSU, FDP und der Grünen sponsern. Außerdem greift die Tabakindustrie maroden Parteizeitungen immer wieder durch großflächige Inserate unter die Arme. Ist es dann ein Zufall, dass deutsche Regierungen seit Jahren ein von der EU geplantes, europaweites Werbeverbot für Tabakprodukte verhindern?