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Und die Bomben töten noch immer

Ehemals amerikanisches und britisches Kriegsmaterial wird im Irak zu tödlichem Spielzeug, dem viele irakische Kinder zum Opfer fallen.

Der Krieg im Irak ist zwar offiziell vorbei, doch die Überbleibsel des Krieges verstümmeln und töten weiterhin die irakischen Kinder, sagt Unicef. Seit Kriegsende wurden über 1000 Kinder im Irak durch Waffen wie Streubomben oder zurückgelassenes Kriegsmaterial verletzt. Laut Carel de Rooy, Büroleiter von Unicef im Irak, macht ihre natürliche Neugierde Kinder zu den häufigsten Opfern. "Streubomben haben interessante Formen, die attraktiv für Kinder sind", sagte de Rooy. "Viele Kinder werden getötet oder verletzt, weil sie ein schimmerndes Metallobjekt sehen, manchmal in der Form eines Balls, es aufheben und damit spielen." Unicef berichtet, dass in einigen Gegenden Gärten und Dachterrassen voll mit kleinen Streubomben sind, manche in der Form von kleinen Flaschen mit Bändern, andere mit Papierfallschirmen. Grössere, nicht explodierte Bomben findet man oft im Fussboden von Häusern, die von Familien bewohnt werden, die kein anderes Zuhause haben. "Darüber hinaus suchen Kinder Metallstückchen, die sie verkaufen können", sagte de Rooy. Vor zwei Wochen wurden mindestens 30 Menschen getötet, die ein Waffendepot in Haditha, 260 Kilometer östlich von Bagdad, durchsuchten. Menschen aus der ganzen Region kamen täglich zu diesem Depot, zerlegten Granaten, entfernten den Sprengstoff und verkauften dann die Metallteile. Allein in der nördlichen Stadt Kirkuk wurden in den letzten beiden Aprilwochen 133 Kinder durch Sprengkörper getötet oder verletzt. Aus der Stadt Mosul wurden täglich 20 solcher Unfälle gemeldet und im Südirak sind 20 Prozent der Opfer Kinder unter 5 Jahren. Eine neue Bedrohung durch SA-2-Raketen zeichnete sich in den letzten Wochen ab. Internationale Experten schätzen, dass bis zu 1000 Stück dieser Waffen von den irakischen Truppen zurückgelassen wurden. Kleine Beschädigungen dieser Raketen führen zum Austritt von gelbem Rauch, der beim Einatmen die Lungen angreift und zu einem langsamen, qualvollen Tod führen kann. Hautkontakt verursacht schwere Verbrennungen. "Wir haben bereits Kinder mit entsetzlichen Verbrennungen gesehen. Sie hatten mit diesen Waffen gespielt", sagte de Rooy. Eine SA-2-Rakete explodierte in einer Wohngegend in Bagdad und tötete alle Bewohner eines Hauses. Bei einem anderen Unfall erlitt ein Kind, das neben so einer Rakete spielte, durch austretendes Gas schwere Verbrennungen. "Ebenso wie bei den Streubomben haben die Koalitionstruppen nach humanitärem Recht die eindeutige Verantwortung, diese gefährlichen Waffen zu entfernen", hielt de Rooy fest. "Obwohl die Soldaten vor Ort ihr Bestes geben, ist es nicht genug und vor allem nicht schnell genug." Alle Unicef-Schulkisten, die an Tausende irakische Schulen geliefert wurden, enthalten neben Unterrichtsmaterial auch Informationsmaterial über Minen und andere Sprengkörper, um Kinder vor der tödlichen Gefahr zu warnen. Unicef ist für die Nothilfe im Irak weiter dringend auf Spenden angewiesen: Spendenkonto PSK 15 16 500, BLZ 60000, Stichwort: Kinder Irak Quelle: Zeit-Fragen Nr.32/33 vom 1.9.2003