Sie sind im News-Archiv der ZeitenSchrift gelandet.
Aktuelle Beiträge finden Sie im Bereich Aktuell.

Unkalkulierbare Risiken

Deutsche Versicherungsk

Von Klaus Schramm Durch ihre Weigerung, mögliche Folgeschäden des Anbaus von Genpflanzen zu versichern, schützen die deutschen Versicherungskonzerne unfreiwillig den Fortbestand des Gen-Moratoriums. Bereits vor Verabschiedung des Gentechnikgesetzes durch den Bundestag am 18. Juni haben mehrere deutsche Versicherer öffentlich die Risiken der Gentechnik als unkalkulierbar bezeichnet und einen Versicherungsschutz ausgeschlossen. Sowohl Gentechnikkonzerne wie Monsanto, Bayer oder Syngenta als auch Landwirte, die genmanipulierte Pflanzen anbauen, sind entsprechend der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für Schäden in Folge von Auskreuzungen haftbar zu machen. Darüber hinaus besteht bereits seit 1958 nach Paragraph 906 BGB ein Ausgleichsanspruch bei entstehenden Schäden. So ist es beispielsweise gängige Rechtspraxis, daß ein Bauunternehmen, das eine Baustelle in einem Wohngebiet einrichtet und durch unvermeidbaren Lärm die Mieter in der Nachbarschaft belästigt, den Eigentümern der Wohnungen die von Mietern geltend gemachten Mietminderungen ausgleichen muß. Ebenso muß ein Grundstückseigentümer, der beispielsweise eine Kiefer an die Grundstücksgrenze setzt, dem Nachbarn den Reinigungsaufwand ersetzen, der durch abfallende Nadeln und Zapfen erforderlich wird. Ein weiteres in diesem Zusammenhang interessantes Präzedenzurteil betrifft die Analysekosten. Der Bundesgerichtshof hat im Fall von Wasserwerken am Rhein, die Uferfiltrat zu Trinkwasser aufbereiten, entschieden, daß sie einen Anspruch auf Ersatz der Wasseranalysekosten haben. Wenn bekannt wird, daß flußaufwärts ein Chemieunfall zu Einleitungen geführt haben könnte, werden präventive, schadensbeobachtende Analysen notwendig. Sie gehören laut Urteil des Bundesgerichtshofs zum Schaden, den der Unfallverursacher sogar dann ersetzen muß, wenn sich im Uferfiltrat keine Spuren der Chemikalien gezeigt haben. Anfang Juli hat nun der »Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft« die Position der Versicherer öffentlich bekräftigt. Aus Angst vor unvorhersehbaren Schäden, die durch eine Verunreinigung konventioneller oder ökologischer Ernten durch Genpflanzen entstehen könnten, wird ein Versicherungsschutz für Genbauern abgelehnt. Laut Tagesspiegel vom 3. Juli hatten die deutschen Versicherer am Tag zuvor erklärt, daß sie Landwirte nicht versicheren werden, die gentechnisch verändertes Saatgut verwenden. »Das Risiko ist nicht versicherbar«, sagte Edmund Schwake, Vorsitzender des Hauptausschusses Schaden- und Unfallversicherung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Wie der Tagesspiegel weiter berichtete, sind auch die Saatgutfirmen nicht bereit, Verantwortung für mögliche Schäden durch genmanipulierte Pflanzen zu übernehmen. Einen entsprechenden Vorstoß des Deutschen Bauernverbandes hatte der größte deutsche Saatguthersteller KWS Saat abgelehnt. Da sich die Auskreuzung nicht vermeiden lasse, »werden wir kein Risiko eingehen«, sagte KWS-Sprecher Georg Folttmann. Nach Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes werde demnach kein Landwirt in Deutschland auf absehbare Zeit gentechnisch verändertes Saatgut verwenden. Ob sich diese Einschätzung als zutreffend erweist, ist allerdings in Anbetracht des derzeit laufenden »Erprobungsanbaus« von Genmais fraglich. Mit Erlaubnis von Ministerin Renate Künast (Grüne) wurde im Frühjahr 2004 für sieben Sorten gentechnisch veränderten Mais der Erprobungsanbau ermöglicht, der auf rund 60 geheimgehaltenen Flächen mit insgesamt rund 1 000 Hektar in sieben Bundesländern stattfindet. Angeblich wissen nicht einmal die betroffenen Landesregierungen, wo sich die Versuchsfelder befinden. Beteiligt sind außer landwirtschaftlichen Versuchsanstalten auch einzelne Bauern, die von Gentechnikfirmen durch hohe Zahlungen und vertragliche Risikoabsicherungen zum Anbau der Genpflanzen veranlaßt wurden. Um die weitere Entwicklung einschätzen zu können, ist auch ein Blick nach Brasilien sinnvoll. Trotz Anbauverbotes durch die Regierung und einem gerichtlichen Stopp, der im September 1998 ausgesprochen worden war, wurde aus dem Genanbauland Argentinien Monsanto-Saatgut über die Grenzen geschmuggelt. Im brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul wurde so im letzten Jahr großflächig Gensoja illegal angebaut. Über zwei Drittel der Sojaernte der Region stammt inzwischen aus dem Schmuggelsaatgut. Carlos Sperotto, ein Funktionär der Sojaanbauer und Chef des mächtigen Agrarverbandes Farsul verkündete bereits, der Durchbruch für Gensoja sei nun in Brasilien erreicht und die Entwicklung nicht rückgängig zu machen. Die brasilianische Regierung knickte daraufhin ein, und der Verkauf von Gen-Soja wurde für den brasilianischen Markt freigegeben - mit der Alibiklausel einer Befristung bis 2004. Monsanto feiert indes seinen Sieg und Brasilien wird in Infomaterialien des Gentechkonzerns schon in der Farbe der »Pro-Gentechnik-Staaten« wiedergegeben. Quelle: Junge Welt Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer News-Seite