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US-Lauschangriff auf Uno

Wir werden abgehört - na und?

Die Meldung war sensationell: Der britische "Observer" enthüllte, dass US-Geheimdienstler in großem Stil UNO-Botschafter anderer Staaten ausspionieren. Auf Wunsch der Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice wurden vom amerikanischen Geheimdienst NSA Privat- und Büroanschlüsse, sowie E-Mails mehrerer Delegationsvertreter im UNO-Sicherheitsrat überwacht. Die Aktion richtete sich v.a. gegen die Vertreter von Angola, Kamerun, Chile, Mexiko, Guinea und Pakistan. Alles derzeit "nichtständige" Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat, deren Stimme bei der Verabschiedung einer möglichen zweiten UNO-Resolution gegen den Irak wichtig sein wird. Kaut einem internem Memorandum der NSA soll die Abhöraktion nicht nur Erkenntnisse über das mögliche Abstimmungsverhalten bringen, sondern auch generell Informationen über "Verhandlungspositionen", "Politik", "Allianzen" und "Abhängigkeiten.
Scheinbar ist diese Praxis "business as usual", denn die Betroffenen reagierten bloß mit einem Schulterzucken. Fast scheint es, als wäre mancher Diplomat gar beleidigt, nicht belauscht zu werden. Die Welle der Empörung blieb aus. Keine Protestnoten aus Karatschi, keine Schimpfkanonaden aus Peking, kein Wutgeheul aus Sofia. Die Reaktion der betroffenen Uno-Diplomaten lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: "So what?"
"Spionage sei Teil des Spiels, sagte etwa der russische Botschafter Sergej Lawrow. "Das ist beinahe ein Lebensstil. Es gehört zum Beruf." Ähnlich äußerte sich sein pakistanischer Kollege Munir Akram: "Es wäre schon sehr naiv, überrascht zu sein." UNO-Diplomaten in New York und Washington sagten, dass Spionage bei den Vereinten Nationen seit der Gründung der Organisation im Jahr 1945 zum Alltag gehöre. (...) Kein Mitgliedsstaat habe sich an die zuständigen Institutionen der Vereinten Nationen gewandt und sich über den Lauschangriff beschwert, sagte Uno-Chefsprecher Fred Eckhard.
Der bulgarische Botschafter Stefan Tafrov ist sogar stolz darauf, von den USA belauscht zu werden, denn damit sei in UNO-Kreisen durchaus so etwas wie ein "Prestige-Faktor" verbunden: "Es ist beinahe eine Beleidigung, nicht abgehört zu werden."

Quellen:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,238695,00.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/01518,238413,00.html