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Wahl zwischen Genfutter und "Genfutter"

Greenpeace deckte systematische Falschkennzeichnung von gentechnikfreien Futtermitteln auf.

Von Klaus Schramm Die deutsche Futtermittelindustrie versucht offenbar zu verhindern, daß Landwirte gentechnikfreie Futtermittel einkaufen können. Während die Supermärkte nach Einführung der Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, die Inhaltsstoffe aus gentechnisch veränderten Pflanzen enthalten, seit 18. April kaum Lebensmittel anbieten, die gekennzeichnet werden müssen, tituliert die Futterbranche ihre Produkte der Einfachheit halber gleich durchweg als gentechnisch verändert. Begründung: Eine korrekte Kennzeichnung sei aufgrund des hohen Anteils an US- und lateinamerikanischem Gensoja zu aufwendig. Dabei kann sich die Branche darauf berufen, daß Fleisch, Milch, Käse, Joghurt, Eier und andere tierische Produkte nach dem neuen Gentechnikgesetz generell nicht kennzeichnungspflichtig sind. 80 bis 90 Prozent aller weltweit angebauten Genpflanzen werden als Tierfutter eingesetzt. Mit der jetzt gültigen Kennzeichnungsregelung wird der Fall des seit sechs Jahren bestehenden Moratoriums für den kommerziellen Anbau von Genpflanzen vorbereitet. Gleichzeitig wird den Konsumenten vorgegaukelt, sie könnten per "Abstimmung mit dem Einkaufskorb" den Verkauf von Genfood auf Dauer verhindern. Drei Viertel der Landwirte wollen in der BRD gern ohne Gentechnik produzieren. Allein bei der Fütterung wird ihnen das verwehrt. Der weltweit größte Zulieferer von Futtersoja, der Bunge-Konzern, kennzeichnet seine Ware fälschlich durchweg als gentechnisch verändert. Im Januar kündigte der Raiffeisen-Verband an, gentechnikfreie Futtermittel könnten nur als überteuertes Nischenprodukt angeboten werden. Und der Hamburger Lieferant Una-Hakra hat die für Edeka produzierende Erzeugergenossenschaft vor wenigen Tagen informiert, daß ihre Ware zwar keine Genpflanzen enthalte, auf den Säcken dennoch Gensoja angegeben würde. Für Christoph Then, Gentechnik-Experte von Greenpeace, ist klar, welche Absicht hinter dieser Praxis steht: Die Futtermittelkonzerne wollen "einen neuen Qualitätsstandard ohne Gensoja verhindern". Mit der falschen Bezeichnung gentechnikfreien Futters als Gentechnikware sollen Fleischvermarkter in die Knie gezwungen werden, die Tierfutter ohne Gentechnik einsetzen wollen. Als Beweis präsentierte Greenpeace dieser Tage aktuelle Schreiben von Futtermittelkonzernen. Dabei ist gentechnikfreies Soja derzeit keine Mangelware. Seit Dezember 2003 hat Greenpeace in Hamburg auf zehn Schiffen mit Soja Proben genommen und von unabhängigen Instituten untersuchen lassen. Bei den letzten beiden Schiffen, die aus Brasilien kamen, lagen die Verunreinigungen mit Gensoja deutlich unter 0,9 Prozent. Die Ware müßte also laut neuer Verordnung nicht gekennzeichnet werden. USA-Schiffe haben hingegen generell einen hohen Anteil von 27 bis zu 97 Prozent Gensoja an Bord. Quelle: www.jungewelt.de/2004/04-27 Lesen Sie weitere interessante Artikel auf unserer News-Seite