Die Aufklärung des Mordes am Münchner Modeschöpfer Rudolf Moshammer kam schneller als erwartet. Wurde der Täter in einer konzertierten Aktion als Strohmann vorgeschoben?
Von Wolfgang Egger
Bei der Münchner Polizei ist der Mord an Walter Sedelmayr noch in frischer Erinnerung. Ständig, sagte jetzt ein in der Cause Moshammer eingebundener Kriminalkommissar vor laufenden Kameras, sei damals auf die Ergreifung eines Täters gedrungen worden. Von Bürgern bis zu Politikern hätte einfach jeder sich berufen gefühlt, die ermittelnden Beamten im Stundentakt unter Druck zu setzen. Erst nach endlosen Monaten legte sich die Kripo seinerzeit auf zwei Verdächtige fest, die in einem aufsehenerregenden und nicht unumstrittenen Indizienprozeß schuldig gesprochen wurden - da waren bereits etliche Köpfe gerollt.
Dieser Krampf sollte sich nicht wiederholen, und tatsächlich wurde in dem von der Presse ähnlich aufgemachten Fall Moshammer bereits nach wenigen Tagen ein herzerfrischend geständiger Täter präsentiert. Und jedermann ist´s zufrieden: Während die Klatschpresse mit Sonderschlagzeilen Auflage macht, feiert die Kripo ihren Erfolg - Arm in Arm mit Repräsentanten des linken wie rechten Parteienestablishments, die endlich Rückenwind für den Aufbau flächendeckender Gendatenbanken verspüren. Gern möchte man sich einreihen in den Reigen dieses DreamTeams, das da unter gegenseitigem Schulterklopfen Ermittlungstechnische Gründerzeitstimmung verbreitet. Wenn da nicht der schale Nachgeschmack wäre, dass die "Kriminalakte Modezar" bei näherem Hinsehen mehr Fragen aufwirft, als sie Fragen beantwortet.
Ein Schwuler Hetero
Beginnen wir beim Täter: Ist eigentlich niemanden im Bereich "veröffentlichte Meinung" aufgefallen, dass bei diesem Mann nichts, aber auch gar nichts dahin "passt", wo es dem Täterbild gemäß eigentlich hin soll? Hieß es nicht allerorten - und das entsprach dem O-Ton der ursprünglichen Geständnisse - dass wir es mit einem Stricher zu tun hatten? Wohlgemerkt: Ein Stricher ist ein Mann der sich prostituiert, will sagen, der Sex für Geld bietet. Schon diese Nachricht musste, als sie zusammen mit dem Bild des Ergriffenen veröffentlicht wurde, die Witzmaschinerie jedes besseren StandUpComedian anwerfen. Denn selten zuvor ward ein Verbrecherponim gesehen, welches sich weniger eignete, Geld für Zärtlichkeiten - selbst solche nach der etwas gröberen Gutsherrenart - zugesteckt zu bekommen. Trotzdem hielten Kripo und Medien diese Version erstaunlich lange durch. Bis die - nicht transportierten - Proteste und Lacher überhand genommen haben müssen, denn schließlich wurde am Rande verlautbart, der Täter betrachte sich selbst überhaupt nicht als Stricher. Er sei nicht einmal homosexuell, habe eine Freundin. Warum aber - lautet die nie gestellte Frage - kann ihn dann der Modezar auf dem Strich am Münchner Hauptbahnhof "anleiern"? Und warum steigt der Mann dann zu Moshammer ins Auto und lässt sich auf einen Sexdeal ein?
Zwei Cruiserleben Moshammer?
Und: Wieso sollte dieses Schäferstündchen ausgerechnet bei Moshammer zu Hause stattfinden? Von verschiedener Seite wurde noch im Anfangsstadium der Täterhatz versichert, Mosi habe seine Bettbekanntschaften von seinem Haus ferngehalten. Die Wirtin eines seiner Gründwalder Lieblingsrestaurants berichtete der Presse, wie sie mit dem Ermordeten über einen Einbruch gesprochen habe, der sich bei ihr in der Gaststätte kurz zuvor ereignet hatte. Moshammer sei überaus besorgt gewesen und habe ihr eindringlich Ratschläge erteilt, die zeigten, wie sensibilisiert er dem Thema Einbruch gegenüberstand. Nie, so die Wirtin, habe er Fremden bei sich Einlaß gewährt. Moshammers Arzt bestätigt, dass nicht einmal Butler und Fahrer einen Hausschlüssel gehabt hätten, trotzdem aber soll der Modezar in dieser Nacht das Risiko eingegangen sein, dass sich ein geschickter Schlafgenosse hinter seinem Rücken bediente oder Abdrücke des Hausschlüssels fertigte? Das passt nicht zusammen.
Ganz abgesehen davon ist es sehr schwer vorstellbar, dass der auf seine Außenwirkung bedachte Prominente einen schon vom äußeren Erscheinungsbild her zwielichtig anmutenden Stricher zu sich nach Hause mitnimmt - auf die Gefahr hin, dass die Nachbarn ebendiesen Mann dann frühmorgens aus der Villa kommen sehen, vielleicht noch dabei im Begriff, sich am Gartentor die Hose zuzuknöpfen. Derartiger Tratsch war für den Unternehmer selbstmörderisch, zumal hier in Grünwald, der Hochburg seiner Kundschaft. Tatsächlich versteckte der Modeschöpfer sein imtimes Doppelleben derart geschickt, dass selbst enge Freunde und ansonsten gutunterrichtete Klatschkolumnisten ihm nicht auf die Schliche kamen. Allem voran setzte er dabei auf Diskretion und Sicherheit: Punkt 1: Mosi begab sich allem Anschein nach so gut wie nie alleine auf PS-Spritztour. Während Leibwächter Werner Wittek in dem offenkundigen Bestreben, Kritik an seiner Person auszuschalten, angab, dies sei - wenn auch selten - auf Wunsch des Ermordeten schon vorgekommen, erklärte Anwalt Lutz Libbertz, es sei sehr ungewöhnlich, dass sein Mandant allein am Steuer seines Autos gesessen haben sollte - er hätte sich im Gegenteil immer fahren lassen. Punkt 2: Mosi riß auch nicht allein auf, sondern ließ sich die Stricher von ihm bekannten Gewährsleuten - sogenannten Catchern - gegen Provision zuführen. Als Abholer war dabei meist sein Fahrer zwischengeschaltet. Dieses Prozedere wurde von verschiedenen Strichern übereinstimmende geschildert, ebenso der abschließende Punkt 3: Ließ Mosi es zum Äußersten kommen, so war das nicht bei ihm zu Hause sondern in ein, zwei speziellen, von Catchern für Mosi angemieteten Pensionen.
Ausgerechnet in der Mordnacht soll nun aber alles ganz anders gewesen sein. Alleine, so heißt es, sei er drauflos gefahren und habe einen Wildfremden angemacht, bei dem gar nicht einmal sicher gewesen sein soll, dass es sich um einen homosexuellen Stricher handelte. Einen Mann, dem man es zehn Meilen gegen den Wind ansehen kann, dass er bereits wegen Gewalttätigkeiten mit der Polizei Bekanntschaft gemacht hatte. Für den macht Moshammer nun eine Ausnahme und bietet ihm fürstliche Logie in seiner Villa - und eine königliche Bezahlung, die die Münchner Stricherszene noch heute weiß um die gepuderten Nasen werden lässt: Nicht weniger als 2000 Euro soll der vereinbarte Liebeslohn betragen haben - was erneut eine Kette von Ungereimtheiten aufmacht.
Der unglaubwürdige Anlaß, der unglaubwürdige Tatablauf
1. Wieso soll Moshammer eine derart hohe Summe in Aussicht gestellt haben, wenn - die Stricher geben das der Presse übereinstimmend zu Protokolle - bis dato maximal 250 Euro seine Regelzahlung war?
2. Da Stricher- und Hurenlohn nicht einklagbar sind und um anschließende Streitigkeiten auszuschließen, wird normalerweise vor der Leistung bezahlt. Warum haben sich der Stricher und sein Kunde in diesem Fall nicht daran gehalten?
3. Warum sollte der im Geld schwimmende Mosi bei sich zu Hause nach angeblich erbrachter Leistung - allein mit einem Fremden - einen klaren Betrug begehen und nicht zahlen? Abgesehen von der wenig rosigen Aussicht, mit körperlicher Gewalt bedroht zu sein, war die Gefahr, dass der Geprellte ihn um einen ungleich höhere Betrag erpressen bzw. (durch eine wie auch immer formulierte Anzeige) öffentlich bloßstellen würde, ungleich größer.
4. Und hier liegt auch im Umkehrschluß die Unglaublichkeit der Tat. Wenn es nämlich um Geld ging, dann war der Mord kontraproduktiv, setzte sich der Täter damit doch der Perspektive aus, lebenslänglich hinter Gitter zu verschwinden, ohne das zu bekommen, was er angeblich wollte - das Geld. Aber dafür schien sich der um seinen Liebeslohn Geprellte gar nicht recht zu bekümmern. So wiesen die untersuchenden Ärzte darauf hin, dass Moshammer offenkundig vor seinem Ableben keiner stufenweise gesteigerten Gewalt ausgesetzt gewesen war. Diese Art vorsätzlicher Druckdrosslung wäre aber normal gewesen, wenn es dem Täter darum ging, doch noch das zu bekommen, was ihm das Opfer vermeintlicherweise vorenthielt. Stattdessen geschah der Mord ansatzlos, wie aus heiterem Himmel, als habe es den vielbeschworenen Streit vorher gar nicht gegeben.
5. Für eine Umschreibung des kriminalistischen Storyboards spricht auch der eigentliche Tatablauf: Eine nächtliche Auseinandersetzung allein mit seinem Peiniger mußte bei dem Opfer Streß und in dessen Folge ein empfindlich gesteigertes Maß an Gefahrensenibilisierung und Abwehrbereitschaft hervorgerufen haben. Wir wissen aber, daß man Moshammer eine Telefonschnur von hinten um den Hals legte, die vorher angeblich aus der Wand gerissen wurde, während das Opfer die Tötungsabsicht erst dann bemerkt, als sie am Hals zugezogen wurde. Wie verträgt sich diese in ihrer Kampflosigkeit chirurgische Profitat mit einer angeblich eskalierenden Prostitutionsszenerie?
6. Daß es dem Täter gar nicht vordergründig ums Geld gegangen sein kann - jedenfalls nicht so, wie er uns das schildert - illustriert auch der Fakt, dass Herisch A. sich nicht an seinem Opfer bereicherte und die Wohnung nach dem Mord nicht nach Barvermögen durchsuchte. Daher konnte die Polizei bei ihrem ersten Auftreten auch keine Spuren, wie sie bei dem gegebenen Motivprofil angezeigt gewesen wären (grobe Unordnung, geleerten Schubladen), entdecken. Was Kenner der Moshammerschen Verhältnisse verwundert: So ging Anwalt Libbertz nach Bekanntwerden der Tat auch sofort von einem Raubmord an seinem Mandanten aus. Schließlich, so der Syndikus, sei der Promi-Schneider ein vermögender Mann gewesen und habe Geld und Wertsachen in seinem Haus aufbewahrt.
Tat trotz einkalkulierbarem Ergreifungsrisiko
Verbrechen, so das Grundaxiom der Kriminalistik, werden begangen, wenn der Vorteil, den sich der Täter dadurch zu verschaffen glaubt, die Nachteile überwiegt, die aus dem Handeln erwachsen können. Dieser logische Satz fand im Fall Moshammer eine seltsame Verdrehung, bei welcher einer geradezu demonstrativ ausgelassenen Vorteilsnahme die seltene Gewissheit zur Seite stand, dass in diesem besonderen Fall jede Tat zwangsläufig eine Verhaftung nach sich ziehen musste. Herisch A. wusste das, bevor er eine Schlinge in das Telefonkabel band, um den Prominentenschneider zu erdrosseln:
Wenn er sich tatsächlich prostituierte, dann wusste er, dass die anderen Stricher ihn gegenüber der Polizei schnell als jene Person identifizieren würden, die als letzte zusammen mit Moshammer gesehen worden war.
Der Mörder des Modezaren musste in Rechnung stellen, dass er auf der Flucht vom Tatort im Haus befindlichen oder an das Haus angeschlossenen Sicherheitsdienstlern in die Arme lief. Ganz zu schweigen davon, dass er nicht wissen konnte, ob sich vor Ort - etwa in einer Einliegerwohnung - Personal befand.
Jeder Zufallstäter hatte davon auszugehen, dass das Anwesen des Modemillionärs von innen wie außen mit Sicherheitselektronik vollgepackt ist. Er hatte insbesondere zu bedenken, dass jeder seiner Schritte verfolgt und für die Nachwelt aufgezeichnet wurde. Von Videokameras, errichtet zur Eigentumssicherung (gegen Einbruch, oder langfingrige Besucher), zum Schutz des Hausherren während seiner Anwesenheit (gegen Entführung oder gewalttätige Stricher) sowie zur multimedialen Souvenierung abgelaufener Schäferstündchen. Die gemeinsame Video-Porno-Schau, die der Tat unmittelbar vorangegangen sein soll, war geradezu darauf angelegt, den Täter hieran zu erinnern.
Warum dieser Mechanismus keine abschreckende Wirkung erzielte, ist unerklärlich - wenn man davon ausgeht, dass Moshammer von einem Zufallstäter ermordet wurde. Ganz anders aber liegen die Dinge, wenn der Verdächtige den Sicherheitsapparat im Hause Moshammer so gut kannte, dass er ihn schon vor der nächtlichen Ankunft Moshammers außer Kraft setzen oder die Bänder hinterher entsprechend manipulieren, also säubern, konnte. Und genau das scheint ja der Fall gewesen zu sein, denn die Münchner Polizei will keine verwertbaren Aufzeichnungen vorgefunden haben.
Eine hochpolitische Visitenkarte am Tatort? Die DNA-Spur
Stattdessen scheinen sich die Ermittlungsbehörden - unter landes- und bundespolitischen Beifall - auf die Suche nach einem genetischen Fingerabdruck konzentriert zu haben. Heute heißt es, dass der Iraker gefasst wurde, weil die Kripo seine DNA archiviert hatte. Herisch A. gab sie in einem gar nicht lange zurückliegenden Fall freiwilllig ab, um so seine Unschuld in einem Gewaltdelikt zu beweisen. Die Polizei sagt, dass er damit Erfolg hatte, und damit seinerzeit straffrei blieb. Da aber so die Unschuld des Verdächtigten feststand, stellt sich die Frage, warum die DNA dann nicht wieder gelöscht wurde - und beim Moshammer-Mord quasi blütenfrisch zum Abgleich hergenommen werden konnte. Wie dem auch sei, sie lag gottlob vor, und gottlob hatte auch der Mörder eine entsprechende Visitenkarte am Tatort zurückgelassen. Zwar lief - was den Befürwortern der Sexdealszenerie eigentlich zu denken geben müsste - die Suche von Täter-DNA in Form von Speichel- sowie Spermaspuren an Tatort und Opfer komplett ins Leere; dafür hatte Herisch A. aber zum gleichwertigen Ersatz nicht weniger als sein Tatwerkzeug neben der Leiche zurückgelassen. Wieso sich der Iraker nicht an seinen eigenen fünf Fingern abzählte, dass ihn die Trägerstoffe auf dem Plastikkabel, mit dem er Moshammer erdrosselt hatte, überführen würden, bleibt nicht das letzte Geheimnis der Mordnacht von Grünwald.
Ich war´s: Bitte festnehmen und einsperren!
Ungeklärt bleibt auch die eigenartige Fahrplanumstellung, mittels der es der Mörder geschafft haben will, gegen 2 Uhr früh vom Tatort mit der "Tram" nach Hause zu fahren - verkehrt doch in Starnberg zwischen eins und halb fünf keine einzige Straßenbahn. Des weiteren ist rätselhaft, warum Herisch A. nicht untertauchte oder als Irak-Paßbürger einfach in die Saddam-befreite Heimat ausreiste. Statt dessen begab er sich brav in seine angemeldete Münchner Wohnung, und wartete dort seelenruhig, bis die Polizei ihn verhaftete. Die nachfolgende Einvernahme war dann die "leichteste Übung", welche die beteiligten Vernehmungsbeamten seit ihrer Einstellung erlebt haben dürften: Binnen weniger Stunden lag die bis heute gültige "Sex&Crime-Story" komplett und unterschriftsreif auf dem Tisch. Dabei scheint der Einvernommene Wert darauf gelegt zu haben, im späteren Prozeß wenn nicht schon unter Mord- so doch zumindest unter schwere Tötungsanklage gestellt zu werden. Denn er räumte sowohl die Tötungsabsicht, wie die Heimtücke, als auch niedrige Beweggründe (Geld) ein. Keine dieser Aussagen wäre zwingend erforderlich gewesen, und warum er als angeblicher Stricher aus einem verwerflichen Mord kein aus der Bahn gelaufenes Sexspiel machte, bleibt unverständlich - wie der gesamte Fall an sich...
Ein Mafia-Auftragsmord aus dem Geldwäsche und Rauschgift-milieu?
Dabei ist nicht zu vergessen, dass nahezu das komplette Storyboard aus der Feder des Angeklagten stammt. Und auf diesen zweifelhaften Zeugen setzen nun - wohl auch angesichts der laufenden DNA-Spurensicherungsdiskussion - in seltener Einhelligkeit Politik, Polizei und die parteinahe Presselandschaft. Was erklären mag, dass gegenläufige Erklärungsmuster im Fall Moshammer keine Beachtung finden. Bedauerlich, denn eine vom Täter losgelöste Tatskizzierung scheint weit besser geeignet, das derzeit so prallgefüllte Paket an Widersprüchlichkeit, Ungereimtheit und Wirklichkeitsferne aus dem Wege zu räumen. So fallen bereits nahezu alle Stolpersteine mit einem Schlage um, wenn man den Fall als von langer Hand geplanten Mord ohne Sexmotiv betrachtet.
Nehmen wir an, dass Moshammer nach dem Abendessen mit einer Freundin gar nicht mehr dazu kam, zum Strich zu fahren, oder dass er nach einer kurzen Stippvisite in der Stadt alleine nach Hause zurückkehrte, und dass er dort beim Einparken auf seinem eigenen Grundstück überfallen wurde. Dieser These steht ermittlungstechnisch faktisch nichts im Wege: Tatsächlich gibt es auffälligerweise nur einen Zeugen, der Moshammer in der Mordnacht in seinem auffälligen Auto in Begleitung gesehen haben will. Demgegenüber erklärt das neue Szenenbild zwei bis hierher noch nicht genannte Punkte, die die Ermittler der Polizei stutzig gemacht hatten: 1. Obwohl Stricher übereinstimmend berichteten, dass Moshammer beim Sex gewöhnlich Kokain konsumierte, verlief Moshammers Drogentest für die Tatnacht negativ. 2. Der Modeschöper hatte seinen Wagen - anders als sonst - nicht in die Garage gefahren. Auch das bereits zur Sprache gekommene Mattsetzen der Videoüberwachung verweist auf eine professionelle, längerfristige Planung.
War der Täter am Ende ein vorgeschobener Auftragsmörder und Strohmann unerkannter Hintermänner, für die er durch sein Geständnis eine Bringeschuld ableistete - die ihm anderenfalls den Kopf gekostet hätte? Fakt ist, dass Herisch A., den der Focus gerade als einen im Kurdistankrieg "trainierten Nahkämpfer" outet, erst seit wenigen Wochen in einer eigenen Wohnung gemeldet ist, und dass jene Rechtsauffälligkeit, die zur tatergreifenden DNA-Spende führte, erst kurz zurückliegt.
Und Fakt ist ferner, dass Moshammer Kontakte in das hochgefährliche Geldwäsche- und Drogenmilieu nachgesagt werden, ja dass er um sein Leben fürchtete. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Ermordete erst 2002 zwei notarielle Dokumente beim Nachlaßgericht hinterlegte. Im vergangenen Jahr war Moshammer bereits öffentlich bedroht worden. Zwei Tage vor einer Signierstunde hatte ihn die Polizei gewarnt und von einem Drohbrief berichtet, worin stand, dass der anonyme Verfasser, ihn umbringen wolle. Da die Beamten ihm Schutz zusicherten, kam Moshammer doch zur Autogrammstunde. In dem Kaufhaus konnte dann Bodyguard Wittek einen Verdächtigen stellen, bei dem ein Messer mit einer 25 cm langen Klinge gefunden wurde. Der Modezar sagte damals in einem Interview, er habe wahnsinnige Angst. War es ein letzte Warnung?
"Es kursieren schon seit Jahren Gerüchte, der Mosi betreibe mit seiner Vielzahl undurchschaubarerer kleiner Geschäfte Geldwäsche für die Mafia. Der Verdacht wurde zwar nie bewiesen, aber wenn seine grausame Ermordung längere Zeit ungeklärt bleiben sollte, dürften die Spekulationen über diese Gerüchte wieder neu aufblühen." So schrieb die "Welt am Sonntag". Knapp 48 Stunden später wurde der Täter präsentiert. Wolfgang Eggert ist Journalist und lebt in München. Buchveröffentlichungen zu den Themen Organisierte Kriminalität, Geheimdienste und Religiöser Fundamentalismus. Letzte Veröffentlichung: "Die geplanten Seuchen. AIDS, SARS und die militärische Genforschung", Verlag Chronos, www.chronos-medien.de
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