Sie sind im News-Archiv der ZeitenSchrift gelandet.
Aktuelle Beiträge finden Sie im Bereich Aktuell.

"Wehret den Anfängen!"

Der israelische Journalist Gideon Levy darf das, was wir nicht dürfen. Aus Sorge um sein Land und sein Volk sieht er Parallelen zwischen dem Aufkommen des Nationalsozialismus und dem Vorgehen gegen die Palästinenser:

"Gibt es irgendeine Berechtigung für einen Vergleich, wie vage auch immer, zwischen dem Aufstieg der Nazis in Deutschland und dem heutigen Zustand Israels? Sollten wir dies vergleichen? Ist das duldbar? Darf nur die israelische Rechte die Nazis dazu verwenden, solche historischen Analogien wie Saddam - Hitler, Arafat-Hitler, (...) oder können wir dies auch tun, in dem Ausmaß wie die Analogie zutrifft? Sogar Professor Shulamit Volkov (...) schrieb: "Nach der Ermordung von Yitzhak Rabin wachten Ängste um die Zukunft der Demokratie in Israel wieder auf. Ein Vergleich mit der Weimarer Republik wurde unvermeidlich" Und niemand kann Professor Volkov beschuldigen ein Feind Israels zu sein. So ist ein Vergleich Deutschlands in den 20ern und frühen 30ern mit Israel am Beginn des dritten Jahrtausend nicht nur erlaubt sondern zwingend - für einen Erkenntnisgewinn darüber, wie mörderische Regime sich entwickeln, und um die Unterschiede zu begreifen - und es gibt viele fundamentale Unterschiede -, und um die Ähnlichkeiten auszumachen, welche uns beunruhigen sollten. (...) Wir werfen Menschen, denen nichts vorgeworfen wird, in Masseninternierungslager, wenn nicht Konzentrationslager. Wir sperren Menschen in ihren Städten und Ortschaften ein, wenn nicht in Ghettos. Wir diskriminieren in jedem Bereich zwischen Arabern und Juden. Wir bauen Straßen, die nur von Juden benutzt werden dürfen, und sind schuldig die elementarsten Menschenrechte zu verletzen - in den Territorien, aber auch westlich von ihnen. Also warum sollten wir nicht einen Vergleich anstellen?" Quelle: Gideon Levy "Anderswo vielleicht" (Ha'aretz bzw. ZNet vom 20. Juni 2003) Warschau - Gaza Zwei britische Parlamentsmitglieder haben bei einer Pressekonferenz die Zustände im israelisch besetzten Gaza-Streifen mit dem Warschauer Ghetto der Nazizeit verglichen, berichtet der britische Guardian. Die beiden Abgeordneten, Oona King und Jenny Tonge waren von einer Reise in den Gaza-Streifen zusammen mit der Hilfsorganisation Christian Aid zurückgekehrt und teilten ihre Eindrücke im Rahmen einer Pressekonferenz folgendermaßen mit. King, selbst Jüdin, sagte , dass Gaza "den gleichen Charakter" wie das polnische Ghetto habe. "Keine Regierung sollte sich so benehmen - und am allerwenigsten eine jüdische". Die Reise habe ihr die Augen geöffnet. "Wir müssen die gemäßigten Stimmen, die sich gegen die stärker werdenden Extremisten stellen, unterstützen." Über ihren Vergleich mit Warschau sagte sie: "Es hat den gleichen Charakter, aber nicht die gleichen Ausmaße." Sie betonte den "sehr, sehr großen Unterschied": "Palästinenser werden nicht zusammengetrieben und in Gaskammern gesteckt." "Was es aber ähnlich macht, ist was den Juden damals passiert ist: die Beschlagnahmung ihrer Grundstücke, die Vertreibung von ihrem Besitz, Folter und bürokratische Kontrolle der kleinsten Dinge. Und als Abschluss all dessen eine Mauer um sie herum - und das ist exakt, was die israelische Regierung tut. Und dadurch bilden sie ein politisches Ghetto. Ich denke, man kann sich der Schlussfolgerung nicht erwehren." Sie fügte hinzu: "Als eine Jüdin hatte ich gehofft, dass ich nie den Tag erleben würde, an dem ich mich für die Taten des jüdischen Staates schämen würde." Ms. Tonge stimmte ihr zu: "Man bekommt fast die Situation wie im Warschauer Ghetto - Menschen können nicht rein oder raus. Sie können nicht arbeiten, sie können nichts verkaufen. Es gibt diesen schrittweisen Druck." Sie machte aber noch einen weiteren Vergleich: "Ich empfinde es als ein Apartheid-System und es wird eindeutig schlimmer - das Gebiet, in dem die Palästinenser leben, wird kleiner." Tonge sprach sich für Wirtschaftssanktionen gegen Israel aus und sagte, EU oder UN Streitkräfte sollten dorthin entsandt werden, um den Frieden zu bewahren. "Israel sagt, alles was sie tun, sei nur für die Sicherheit aber sie kümmern sich nicht um den Grund für den Terrorismus, nur um den Terrorismus selbst." "Natürlich" reagierte das offizielle Israel wie gewohnt: Eine Sprecherin der israelischen Botschaft in London sagte: "Es ist eine schreckliche Schande, dass ein britisches Parlamentsmitglied so einen Vergleich machen kann. Wir waren schockiert von der Ignoranz, Gaza mit dem Warschauer Ghetto zu vergleichen." Lesen Sie weiter Hintergrundinformationen zum Nahostkonflikt auf unserer News-Seite.