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Sie haben kein Mitleid: Erneut Palästinenserin erschossen

Israelische Soldaten haben am Montag erneut eine Palästinenserin erschossen, ohne daß sie eine Bedrohung dargestellt hätte, berichtete Aljazeera am Dienstag.

Nach Auskunft von Familienmitgliedern gegenüber dem arabischen Sender kümmerte sich die 25 Jahre alte Nayfa Abu Imsaa'id gerade zusammen mit einer Freundin um einige Ziegen in der Nähe der in der Mitte des Gaza-Streifens gelegenen Stadt Dair al-Balah, als sie von einer israelischen Kugel tödlich getroffen wurde. Sulaiman Abu Amra, einem Sanitär des al-Aqsa-Krankenhaus in Dair al-Balah wurde sie von einem Hochgeschwindigkeitsgeschoß im Schulterbereich getroffen, das anschließend ihr Herz durchschlug und sie sofort tötete.

Ein Sprecher der israelischen Armee sagte gegenüber Aljazeera, an der Grenze zwischen dem von Israel besetzten Gebiet und Palästina stationierte israelische Soldaten hätten die beiden Frauen nahe der „Mauer“ gesehen und zwei "Warnschüsse" abgefeuert. Der Sprecher bestätigte, daß Abu Imsaa'id infolgedessen getötet wurde, machte aber keine Angaben, ob weitere Schüsse gefallen sind oder ob sie von einem der "Warnschüsse" getroffen wurde. Eine "Untersuchung" sei eingeleitet worden.

Angaben der palästinensischen Sicherheitsbehörden wecken allerdings deutliche Zweifel an der israelischen Darstellung. Demnach befanden sich die beiden Frauen mehr als 500 Meter von der "Mauer" entfernt, als der tödliche Schuß fiel.

Dieser Eindruck wurde von Yasir Abu Imsaa'id, einem Cousin des Opfers, bestätigt.

"Kurz vor dem Nachmittagsgebet gingen sie und ihre Freundin für einen Spaziergang nach draußen. Sie gingen in der Nähe ihrer Ziegen spazieren, als sie plötzlich aus östlicher Richtung, von jenseits der Grenze, beschossen wurden", sagte er. "Jeder, der diesem Gebiet nahekommt, selbst einen Kilometer entfernt, wird augenblicklich beschossen. Sie haben kein Mitleid für Menschen, die dort leben, obwohl es eindeutig ein palästinensisches Gebiet ist. Es ist ihre Heimat. Aber sie schießen trotzdem auf jeden und das passiert immer wieder."

Avichai Adroa'ee, ein Sprecher der israelischen Armee, sagte: "Es gibt dutzende von Versuchen, nach Israel einzudringen und Bomben in der Nähe des Zauns zu plazieren, Tag und Nacht, und wir haben ein Problem, herauszufinden, wer versucht das zu tun und wer nicht und natürlich schießen die Soldaten deshalb schnell und deshalb sind die Schüsse manchmal tödlich." Auf die Frage, warum die Soldaten keine Nachtsichtgeräte und Ferngläser verwendeten, antwortete er nur ausweichend, daß es "immer zuerst Warnschüsse gibt".

Nicht nur, daß den Soldaten diese Geräte sehr wohl zur Verfügung stehen, zum Zeitpunkt von Imsaa'ids Tod gab es auch noch keinerlei Problem mit der Helligkeit. Ihrem Cousin zufolge hatte sie das Haus kurz vor dem Nachmittagsgebet verlassen. Dieses war im Gaza-Streifen am Montag um 15:05 Uhr zu sprechen. Sonnenuntergang war dort hingegen erst um 17:25 Uhr, also über zwei Stunden später. Hinzu kommt, daß der israelische Soldat offenbar über eine hinreichende Optik verfügte, um sie mit einem Schuß zu töten – die Behauptung, es habe sich um einen "Warnschuß" gehandelt, scheint hier sicherlich wenig glaubhaft.

Letztlich erinnert dieser Fall nur zu sehr an den Tod des britischen Friedensaktivisten Tom Hurndall, der am 11. April 2003 von der Kugel eines israelischen Scharfschützen im Kopf getroffen worden war.

Quelle: www.freace.de, 14.2. 2006