29.01.2016

Endspurt für die Hornkuh-Initiative

Der Schweizer Bergbauer Armin Capaul hat Großes vor. Er will, dass die Schweizer Bundesverfassung zugunsten der horntragenden Tiere abgeändert wird. Neu sollen Bauern, deren Tiere Hörner tragen, finanziell unterstützt werden. Bis Ende Februar werden noch Stimmen gesammelt, um die nötigen 100'000 Unterschriften zu erreichen, damit die Initiative zustande kommt. Und dabei zählt jede Unterschrift - auch Ihre!

Tierbotschafter Armin CapaulDer 64-jährige Bauer Capaul hatte sein erstes prägendes Erlebnis bereits vor 35 Jahren, wie er dem Journal Franz Weber erzählt: Auf einer Alp sah er damals das erste Mal eine Herde von Kühen ohne Hörner. "Ich weiss noch, wie ich dachte: Was soll das nun?" Der Kleinbauer, der sein Heimetli auf 930 Meter über Meer im Berner Jura führt, spricht jetzt leise. "Wir verstümmeln diese Tiere. Nur damit Milch noch billiger wird.“ Milliarden gebe man für die Bauern aus. Selbst für Blumentöpfe gebe es Geld. „Die Tiere aber leiden, und wir trinken minderwertige Milch."

Aus diesem Grund hat Armin Capaul alles auf eine Karte gesetzt und mit der IG Hornkuh die Initiative "Für die Würde der landwirtschaftlichen Nutztiere" ins Leben gerufen. Und dabei über 50'000 Franken seiner privaten Ersparnisse eingesetzt. Doch der Einsatz hat sich gelohnt. Ende Januar 2016 sind bereits 96'877 Unterschriften zusammengekommen. Nun bleibt noch ein Monat Zeit, um die restlichen Stimmen zu sammeln. Dabei müssen jedoch mehr als die notwendigen 100'000 Unterschriften erreicht werden, denn erfahrungsgemäß ist leider immer ein Teil der ausgefüllten Unterschriftenbögen ungültig.

Wer Armin Capaul und sein hehres Unterfangen unterstützen möchte, der kann sich hier die Unterschriftenbögen herunterladen:

Wichtig! Tragen Sie bitte Ihre Postleitzahl sowie den Namen der Wohngemeinde ein. Auf einem Blatt dürfen nur Schweizer BürgerInnen der gleichen Wohngemeinde unterschreiben. Sind mehrere Gemeinden auf einem Bogen enthalten, so sind alle Unterschriften ungültig!

Warum braucht eine Kuh Hörner?

  • Evolution. Der Auerochse hatte mächtige Hörner.
  • Anatomie. Der Hornzapfen ist ein durchbluteter und von Nerven durchzogener Knochen, komplett mit dem Schädel verwachsen und über Hohlräume mit den Stirn- und Nasennebenhöhlen verbunden. Das Horn ist warm, auf Berührung empfindlich und lebendig!
  • Kommunikation. Jede Stellung der Hörner gegenüber Artgenossen ist eine Botschaft. Mit dem Vorzeigen der Hörner verhindern Kühe direkte Auseinandersetzungen; die Rangordnung lässt sich so auf Distanz klären.
  • Sozialverhalten, Komfortverhalten. Kühe können sich selber und sie können sich gegenseitig mit dem Horn kratzen oder aneinander reiben, ohne sich zu verletzen. Das zeugt vom Bewusstsein und von der Kontrolle über das eigene Horn.
  • Stoffwechselorgan, Verdauung. Die bei der Vergärung des Futters im Pansen entstehenden Gase gelangen mit dem Rülpsen der Kuh in ihre Atmungsluft. Sie steigen via Nasen- und Stirnhöhlensystem bis ins Horn und passieren an den Schleimhäuten dieser Höhlen wahrscheinlich die Gas-Blut-Schranke.
  • Genetisch hornlos. Genetisch hornlose Rinderrassen gibt es seit einigen Jahrhunderten. Die Hornlosigkeit, welche dominant vererbt wird, ist vermutlich spontan aufgetreten und dann weitergezüchtet worden.
  • Unfallgefahr. Die Unfallstatistik widerspiegelt das Hauptargument der Gegner nicht. Hornunfälle können passieren, aber Unfälle durch Tritte kommen bedeutend häufiger vor. Auch dass Personen von Tieren gegen eine Wand gedrückt werden, geschieht häufiger, als dass sie durch Hörner verletzt werden.
  • Tierschutzgesetz. Gemäss Fachleuten verstösst das routinemässige Enthornen gegen das geltende schweizerische Tierschutzgesetz.
  • Laufstallhaltung. Behornte Kühe lassen sich sehr wohl im Freilaufstall halten, wenn dieser richtig dimensioniert und eingerichtet ist und das Management ruhig und gut durchdacht ist. Auch Rassen mit grossen Hörnern funktionieren gut im Laufstall, zum Beispiel das Salers-Rind.
  • Wärmehaushalt. Es gibt wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass die Hörner den Kühen in tropischen Klimazonen auch zur Regulierung der Körpertemperatur dienen.

Warum braucht die Schweiz diese Initiative?

  • Ein Laufstall für horntragende Kühe muss um ein Drittel grösser sein und die Stalleinrichtungen müssen dem Verhalten der Tiere angepasst sein. Das kostet Geld.
  • Wegen des grösseren Platzbedarfs können auf derselben Stallfläche weniger Tiere gehalten werden. Das bedeutet weniger Einnahmen.
  • Die Mensch-Tier-Beziehung muss intensiver gepflegt werden. Das bedingt einen grösseren Zeitaufwand.
  • Gemäss dem schweizerischen Tierschutzgesetz darf niemand einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Unseres Erachtens verletzt das Enthornen die Tierwürde.
  • Stallsysteme sollen dem Tier angepasst werden, nicht das Tier dem Stallsystem.
  • Das Enthornen ist nicht völlig schmerzfrei durchführbar. Der grosse Hauptnerv in der Hornanlage ist praktisch nicht komplett zu betäuben. Die Betäubung und die schmerzstillenden Medikamente sedieren das Kalb so weit, dass seine Schmerzreaktionen gering, aber dennoch gut wahrnehmbar sind.
  • Hornlose Rinder müssen ihre Konflikte im direkten Körperkontakt austragen. Das führt zu inneren Verletzungen, die äusserlich nicht sichtbar sind. Aber der Metzger kann das gequetschte Fleisch nicht verwerten.
  • Und warum wohl haben die Kühe in der Werbung und auf den Verpackungen immer Hörner?

SpiegelTV-Beitrag über die Initiative:

Portrait über Armin Capaul:

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