Rabin-Mord: Ganz und gar nicht koscher

Am 4. November 1995 wurde der israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin auf einer Kundgebung für den Frieden erschossen. Sein Mörder war der rechtsextreme Fanatiker Yigal Amir. Das zumindest erzählte man der Welt. Doch die Wahrheit ist ganz anders.

Hinter dem Rabin-Mord stand eine Verschwörung oberster Regierungskreise.

Hinter dem Rabin-Mord stand eine Verschwörung oberster Regierungskreise.

Die dilettantische Verschwörung des israelischen Sicherheitsdienstes Schabak zum Zwecke der Ermordung Yitzhak Rabins wird langsam aufgedeckt. Selbst diejenigen Israeli, von denen man es vorher nie geglaubt hätte, sind nun davon überzeugt, daß der verurteilte Yigal Amir nicht der Mörder von Rabin ist, sondern daß Rabin in Wahrheit in seinem Wagen schwer verletzt und später im Spital getötet wurde, nachdem Amir zwei Platzpatronen abgefeuert hatte. Die Beweise dafür sind so eindeutig, daß Amir eine Million Dollar als Vorauszahlung für sein bald erscheinendes Buch erhält, in dem er seine Seite der Geschichte beschreibt. Amirs Literaturagent Avi Feinstein sagt: „Amir war ein Regierungsagent, und er wird in seinem Buch die ganze Verschwörung aufdecken.“ Falls er sich denn noch an alles erinnern kann, nach seinen intensiven Erfahrungen mit fortgeschrittener Bewußtseinskontrolle.

Der angebliche Mörder stand zu weit weg

Die überzeugendsten Beweise dafür, daß Amir den Ministerpräsidenten nicht getötet hat, kommen vom gerichtsmedizinischen Experten Baruch Glatstein, der beim Prozeß gegen Amir aussagte. Nach dem der Gerichtsmediziner Anzug und Hemd von Rabin untersucht hatte, kam er zu der Schlußfolgerung, daß dieser durch zwei Schüsse aus kürzester Distanz getötet wurde. Ein Amateurfilm zeigt jedoch Amir, wie er aus mindestens 1,50 Meter Entfernung auf Rabin schießt. Nach Glatsteins Aussage kam ein Schuß aus einer Entfernung von etwa 25 Zentimetern; beim zweiten war die Waffe in unmittelbarem Kontakt mit Rabins Körper. Glatstein erklärte logisch, daß Rabins Hemd auf eine Weise in Fetzen gerissen worden war, wie es nur möglich ist, wenn die Gase der Patrone direkt auf der Haut explodieren.

Glatstein prüfte außerdem das Hemd von Yoram Rubin, Rabins Leibwächter, der während des Attentats einen Schuß in den Unterarm erlitt. Im Einschußloch des Hemds fand Glatstein Spuren von Blei und Kupfer, doch Amirs Kugeln bestanden ausschließlich aus Blei. Kurz: Amir hatte auch nicht auf Rubin geschossen.

Glatsteins Zeugenaussage stimmt mit der von Dr. Skolnick, einem Chirurgen, der Rabin operierte, überein. Auch Dr. Skolnick kam zu dem Ergebnis, daß Rabins Verletzungen durch eine Waffe verursacht wurden, die sich in unmittelbarem Kontakt mit Rabins Körper befand.

Im Juli1996 vernahm das Oberste Gericht Israels die Aussage eines Taxifahrers, der an dem Tage von Amirs Verurteilung einen interessanten Fahrgast beförderte. Nachdem im Radio ein Bericht über den Richterspruch gegen Amir gesendet wurde, sagte dieser Fahrgast, er sei einer der Pathologen am Ichilov-Krankenhaus, die Rabin untersucht hatten. Er bestand darauf, dass der Verurteilte Rabin nicht erschossen haben könne, da seine Wunden klar zeigten, daß auf ihn aus nächster Nähe geschossen worden war. Er zeigte dem Taxifahrer dann noch seinen Pathologen-Ausweis, ausgestellt vom Ichilov-Krankenhaus, der seine Identität zweifelsfrei bestätigte.

Dutzende von Zeugen hatten fünf Schüsse gehört, darunter auch Yossi Smadja. Der Polizeibeamte war der unheilvollen Kundgebung dienstlich zugeteilt gewesen, bei der Rabin angeblich den Tod fand. Doch ihre Aussagen waren der Schamgar-Kommission überhaupt nicht willkommen. Diese eingesetzte Kommission sollte den Mord an Rabin untersuchen, versuchte jedoch, den Deckmantel des Schweigens über das Ganze zu hüllen.

Offiziell soll Rabin von Amir durch zwei Schüsse in den Rücken ermordet worden sein. In meinem Buch beweise ich jedoch, daß dem Ministerpräsidenten eine dritte – die tödliche – Wunde zugefügt wurde, als er sich bereits im Spital befand. Es wurde ihm von vorne in die Brust geschossen, was man nachträglich in sämtlichen ärztlichen Berichten zu vertuschen versuchte. Noch bevor ich das hieb- und stichfest beweisen konnte, erhielt ich eine Bestätigung für diese von vorne zugefügte Wunde von einer Quelle, mit der ich nie gerechnet hätte. In der Nacht des Mordes verließ ein Rabin nahestehender Landsmann, das Knesset-Mitglied Ephraim Gur, das Ichilov-Krankenhaus und sagte zu einem Reporter der Nachrichtenagentur Reuters, er habe gesehen, daß Rabin in Brustkasten und Unterleib getroffen worden war.

Das Attentat ist anfangs nur gespielt

Der bereits erwähnte und Yigal Amir entlastende ‘Amateurfilm’ des Rabin-Attentats wurde seitdem von zahlreichen Experten Bild für Bild analysiert; sie kamen zu dem Schluß, daß der Film dilettantisch geschnitten und bearbeitet wurde. Viel wichtiger ist jedoch Rabins Reaktion in dem Moment, als Amir das Feuer auf ihn eröffnete. Statt durch die Wucht der (angeblich von hinten abgefeuerten) Schüsse nach vorn gestoßen zu werden, tritt Rabin zurück, als ob er sich bewußt darüber sei, was gerade abläuft. Am allerseltsamsten jedoch sind die letzten Sekunden des Films: Während Rabin angeblich auf den Rücksitz seines ‘leeren’ Wagens gelegt wird, gefolgt von seinem verwundeten Leibwächter, schließt jemand die gegenüberliegende hintere Tür des Wagens von innen. Ganz offensichtlich wurde Rabin im Wagen schon von jemandem erwartet.

Außerdem liegt die Zeugenaussage von Schimon Peres vor, der Rabins Körper im Krankenhaus noch einmal sah. In der Zeitung Yediot Ahronot behauptete er, daß Rabins Stirn geschwollen und blau angelaufen war – weil er nach den Schüssen auf den Gehsteig gedrückt worden war, so glaubte Peres. Dies steht jedoch in direktem Widerspruch zu der Aussage der Augenzeugin Miriam Oren, die neben Rabin stand, nachdem Amir den Abzug betätigt hatte. Im israelischen Fernsehen sagte sie in den Nachrichten, daß Rabin Sekunden nach den Schüssen aus eigener Kraft in seinen Wagen stieg. Wo und wie kam es also zu den blauen Flecken, die Peres behauptet, gesehen zu haben?

Am 20. September 1996 druckten zwei israelische Zeitungen unerwarteterweise Interviews mit gemäßigten Fürsprechern der Verschwörungshypothese. Nach neun Monaten des Schweigens gab Schlomo Levy der Zeitung Yerushalayim ein Interview. Levy, ein Kollege Amirs an der Bar-Ilan-Universität, hatte als Soldat in der nachrichtendienstlichen Einheit der israelischen Armee gedient. Nachdem er Amirs Drohungen, Rabin zu töten, gehört hatte, erstattete er seinem Kommandanten Bericht darüber. Dieser wiederum forderte ihn auf, dies bei der Polizei zu Protokoll zu geben. Die Polizei nahm seine Aussage am 6. Juli 1995 sehr ernst und leitete sie umgehend an die Schabak weiter– wo sie bis zum dritten Tage nach dem Attentat vollständig unbeachtet blieb.

Der Bericht kommt zu dem Schluß: „Levys Bericht war nur einer von vielen, den die Schabak in Bezug auf Amir überging. (...) Die Tatsache, dass die Berichte beider Schabak Staub ansetzten, bis Rabin getötet wurde, verleiht zahlreichen Verschwörungstheorien Glaubwürdigkeit.“ Im Oktober 1996 [also knapp ein Jahr nach dem Attentat, die Red.] konnte man die eklatanten Widersprüche zwischen der offiziellen Version des Rabin-Attentats und der Wahrheit erkennen. Anfang des Monats veröffentlichte die Zeitung Maariv in ihrem Wochenend-Magazin eine bemerkenswerte Sammlung von Zeugenaussagen von sieben Polizeibeamten und Sicherheitsagenten, die zum Zeitpunkt des Attentats im Dienst waren. Was sie sagten, gab der Verschwörungstheorie zusätzlichen Zündstoff – auch für vormals skeptische Leser. Am 18. Oktober war der Verfasser dieses Artikels das Opfer eines achtminütigen Verrisses im Wochenend-Magazin des israelischen Fernsehsenders Kanal 2. Am nächsten Abend wurde diese Sendung nochmals ausgestrahlt. Trotz des „unverfrorenen Versuchs des Rufmords“, wie es die Zeitung Yediot Ahronot am nächsten Tag bezeichnete, konnte ich landesweit neues Interesse an der Möglichkeit wecken, daß Rabin nicht so starb, wie es die offizielle Version besagt.