05.04.2017

Sonorous X: Ein Klangraum für die Seele

Mit dem Sonorous X hat die japanische Kopfhörerschmiede Final ein audiophiles Schmuckstück geschaffen, das nicht nur äußerlich einzigartig ist.

Von Benjamin Seiler – Ludwig XIV. hat zu früh gelebt. Und Donald Trump hat keine Zeit. Das ist schade, denn beide wären von diesem Kopfhörer hellauf begeistert. Und das nicht bloß wegen seines Klangs. Vom Sonnenkönig wird überliefert, er habe im Spiegelsaal von Versailles verzückt seine Tanzpirouetten gedreht, weil das viele Spiegelglas die güldenen Strahlen der Abendsonne in den Saal zurückwarf, die diesen gleichsam entflammten. Dazu passend hätte der edelste Kopfhörer von Final das königliche Haupt wie eine funkelnde Krone umschlossen und dem Herrscher die Musik seines Hofkomponisten Lully auf eine Weise offenbart, die ihm wohl als göttliche Offenbarung erschienen wäre. Der amerikanische Präsident hingegen würde diesen Kopfhörer nur schon deswegen kaufen, weil er wie kein anderer zur Einrichtung seiner Privaträume im Trump-Tower passt: Zwei auf Hochglanz polierte Goldnuggets, die aus jeder Pore schöngeistigen Luxus verströmen.

Zaubert die Sonne ins Herz: Der Final Sonorous X lässt uns Musik genießen wie kaum ein anderer Kopfhörer.

Zaubert die Sonne ins Herz: Der Final Sonorous X lässt uns Musik genießen wie kaum ein anderer Kopfhörer.

Ich bin zwar durchaus der Meinung, dass gerade bei einem Kopfhörer vor allem die inneren bzw. klanglichen Werte zählen. Deshalb ist mir das Äußere diesbezüglich nicht sonderlich wichtig. In diesem Fall muss ich aber eine Ausnahme machen. Denn der Final Sonorous X beeindruckt nun einmal als Erstes durch sein Erscheinungsbild. Edel
und klassisch wirken die glockenförmigen Schallkörper, funkelnd in Aluminium und vergoldetem Edelstahl. Der lederbespannte Kopfbügel wirkt robust und trotzdem angenehm weich unter den Fingern, wobei seine geniale Aufhängung dem eigentlichen Kopfhörer erstaunlich viel Bewegungsfreiheit gewährt. Auge und Hand bestätigen: Dieser Kopfhörer bietet in seiner ganzen Verarbeitung eine Qualität und Klasse, die in unserer schnelllebigen und kostenbereinigten Welt selten geworden sind.

Erstaunt bin ich über das Gewicht. Mit 630 Gramm gehört der Sonorous X nicht gerade zu den Leichtgewichten seiner Zunft. Damit ist er fast doppelt so schwer wie manche seiner Konkurrenten und ich frage mich unwillkürlich, ob das Gerät überhaupt stundenlangen Musikgenuss ermöglichen oder bloß zu einer Nackenstarre führen wird. Doch keine Angst: Die Qualität des Sonorous X zeigt sich auch im Tragekomfort. Einmal über den Kopf gestülpt, fühlt sich der Kopfhörer deutlich leichter an als zuvor in der Hand. Der Anpressdruck ist optimal und die hochwertigen Ohrpolster mit dem samtweichen Leder tun ein Übriges. Ausgedehnten musikalischen Reisen steht also nichts im Weg.

Der Sonorous X verzichtet standesbewusst auf schnödes Plastik. So wird das zentrale Gehäuse aus einem soliden Block Aluminium herausgefräst und von einer Edelstahlkappe ummantelt. Daher auch das Gewicht. Kompromisslos bis ins Letzte eben. Und wie: 2013 präsentierte die japanische Firma mit der Opus 204 eine gigantisch große Lautsprecherbox, die schnell zum Alptraum aller Ehefrauen mutierte, die immer mal wieder ihr Heim umdekorieren wollen. Das gute Stück wog nämlich 800 Kilogramm. Wer ein Paar davon besitzen möchte, muss sein Haus tatsächlich darum herum bauen. So gesehen ist der Sonorous X schon fast wieder ein Fliegengewicht, der trotzdem mit Fug und Recht als wohl einziger „Kopflautsprecher“ der Welt bezeichnet werden kann.

„To Go“ mit herausragender Musikalität

Obwohl er sich angenehm trägt, unterliegt auch der Sonorous X den Gesetzen der Fliehkraft. Wer damit Sport treiben oder gar wild herumtanzen möchte, wird feststellen, dass dieser edle Kopfschmuck sich rasch auf die Suche nach einem anderen Tanzpartner machen wird. Ansonsten ist der Sonorous X aber trotz seiner Größe ein idealer Reisebegleiter auf höchstem Klangniveau. Dies ist nämlich eine seiner Stärken, die ihn
von vielen hochklassigen Mitkonkurrenten abhebt: Man kann ihn nicht nur zu Hause im Sessel nutzen, sondern auch „on the go“ – im öffentlichen Pendelverkehr oder auf einer Parkbank sitzend. Dank seiner geschlossenen Bauweise aus Vollmetall isoliert er störende Umgebungsgeräusche hervorragend und bietet auch in lärmiger Umgebung eine Oase ungetrübten Musikgenusses. Die Entwickler legten zudem besonderes Augenmerk auf eine niedrige Impedanz von gerade mal 16 Ohm sowie einen Wirkungsgrad von 106 dB. Damit lässt sich dieser ausgewachsene Highend-Kopfhörer problemlos an einem portablen Musikplayer betreiben. Allerdings sollte man ihn schon mit nicht komprimierten Musikdaten füttern. Alles andere wäre fast schon ein Frevel.
Noch besser sind natürlich hochaufgelöste 24bit-Musikdateien, wenn der Sonorous X seine Vorzüge voll ausspielen soll. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Herstellern, die entsprechende Wiedergabegeräte im Taschenformat anbieten.

Hochwertigste Verarbeitung auch bei den kleinsten Details.

Hochwertigste Verarbeitung auch bei den kleinsten Details.

Wenn ich also draußen im Garten sitze und mit Musik im Ohr die wärmende Frühlingssonne genieße, dann sorgt der Sonorous X zuverlässig dafür, dass nicht einmal mehr die vom relativ nahe gelegenen Flugplatz startenden Kampfjets mein Privatkonzert
zu stören vermögen. Wer das Prunkstück häufig um sich haben möchte, schafft sich mit Vorteil das zugehörige Travel Case an, damit der Kopfhörer sicher und platzsparend verstaut ist. Beim Kauf wird der Sonorous X nämlich in einer hellen Tomobako-Holzbox geliefert, wie man sie in Japan für kostbares Porzellangeschirr verwendet. Ein flauschiger Kunstpelz präsentiert den glänzenden Kopfhörer stilvoll und Mann kann erahnen, wie sich Frau wohl fühlen mag, wenn ihr aus einer Schatulle ein funkelndes Collier entgegenlacht.

Der kompromisslose Qualitätsanspruch setzt sich auch im Innern des Sonorous X fort. Herzstück ist eine Schallmembran mit stolzen 50 mm Durchmesser. Das Ungewöhnliche: Sie ist aus Titan. Dieses teure Metall ist leicht und trotz seiner Dehnbarkeit von erstaunlicher Festigkeit – also ideale Voraussetzungen für einen Schallwandler. Der ganze Treiber mit der Schallmembran ist ebenfalls aus Aluminium gefräst und direkt auf die Vorderseite des Gehäuses montiert. Das sorgt für die nötige Stabilität, damit der starke Magnet die Titanmembran mit höchster Präzision antreiben kann. Um eine druckvolle und saubere Basswiedergabe zu garantieren, hat Final ursprünglich für die kleinen Im-Ohr-Hörer den „Balancing-Air-Moving“-Mechanismus (BAM) entwickelt, der nun auch im Sonorous X zum Einsatz kommt. Hierbei wird der Luftstrom gezielt dosiertund gerichtet, was sich in einer Entzerrung der tiefen Töne niederschlägt.

Nur das Beste ist gut genug

Dieser Kopfhörer wurde schon mit diversen Auszeichnungen bedacht. Wer nun aber ein klangliches Feuerwerk erwartet, wird enttäuscht. So bombastisch sein Äußeres, so unspektakulär ist sein Klang. Dass er seine Vorzüge nicht Effekt haschend auf dem Silbertablett vor sich herträgt, ist aber durchaus gewollt. Final verfolgt nämlich eine etwas andere Klangphilosophie: Ihr Sonorous X soll nicht in erster Linie beeindrucken, sondern vielmehr die Seele der abgespielten Musik offenbaren. Doch sie kann der Zuhörer erst empfinden, wenn er innerlich entschleunigt. Und genau in einen solchen
Zustand möchte uns dieser außergewöhnliche Kopfhörer führen – wie ein Dirigent,
der sich ganz in den Dienst der Musik stellt und bewusst etwas in den Hintergrund
tritt, weil es ihm nicht darum geht, das Publikum mit seiner eigenen Genialität zu
beeindrucken.

Kompromissloses Innenleben: Für den Klang wurde kein Produktionsaufwand gescheut.

Kompromissloses Innenleben: Für den Klang wurde kein Produktionsaufwand gescheut.

Also muss man sich fast schon ein wenig um diesen Kopfhörer bemühen, damit er seine wahren Vorzüge preisgibt. Mit anderen Worten: Man soll innerlich los- und das analysierende Hören hinter sich lassen, sich gleichsam der Musik hingeben. Und dann plötzlich, wie auf magische Weise, geschieht „es“ und man findet sich plötzlich im musikalischen Herzen des Sonorous X wieder.

Bevor wir uns jetzt unrettbar in philosophischen Gefilden verirren, will ich einen ganz anderen, ebenfalls hochgelobten Kopfhörer zum handfesten Vergleich heranziehen: Der Hifiman HE-1000 ist ein offener Magnetostat und besitzt allein schon deswegen ein ganz anderes Klangbild als der dynamisch betriebene und geschlossene Sonorous X. Die großflächige, hauchdünne Folienmembran verleiht dem HE-1000 einen luftigen Klangcharakter, der jedes Detail offenbart. Die Abbildungsbühne beeindruckt und man ist augenblicklich fasziniert, wie gut eine Musikaufnahme klingen kann – wobei die Betonung hier auf dem Wort „Aufnahme“ liegt. Denn mit einem solchen Kopfhörer hört man mehr, als man wahrnehmen würde, wenn die Musik live spielt. Eben weil man anders zuhört: analytischer, mehr auf Details fokussiert. Daran ist sicher nichts Falsches, es ist sogar toll.

Doch dann erklingt dieselbe Aufnahme mit dem Sonorous X. Zu Beginn mag man da fast ein wenig Enttäuschung verspüren. So erging es jedenfalls mir. Die Höhen sind weicher, etwas zurückgenommen, Details drängen sich weniger auf, ohne indes zu verschwinden. Sind sie etwa weniger klar als beim Hifiman? Ich konzentriere mich und höre genau hin: Tatsächlich, alles ist da, ebenso rein und filigran. Nur nicht so aufdringlich. Da wird mir wieder einmal bewusst, dass diese analysierende Form des Musikhörens im Grunde etwas anstrengend ist, weil dabei der Verstand das Herz
dominiert. Also lasse ich wieder los und gebe mich ganz der Musik hin. Wie entspannend Zuhören doch sein kann. Ich fahre runter und beginne wirklich zu genießen, ganz so, als ob ich mit geschlossenen Augen im Konzertsaal säße. Dabei vergesse ich ganz, dass ich ja eigentlich einen Kopfhörer testen will …

Nun verstehe ich, warum Final mit diesem Kopfhörer bewusst andere Wege geht und manch ein Kunde schreibt, der Klang des Sonorous X würde süchtig machen: Er lenkt unsere Wahrnehmung von Musik auf ihre Essenz, nämlich auf ihre Seele. So gibt es andere Kopfhörer, die etwas mehr Dynamik oder Brillanz bieten. Der Sonorous X nimmt’s gelassen. Er ist wie ein schwerer und gut gereifter Rotwein. Sein (Klang-)Körper ist abgerundet und komplex und schenkt einen Abgang, der nicht bloß kurz im Ohr flirrt, sondern tief im Innern nachhallt. Der trotzdem jedes Detail beibehält, wenn man denn genau darauf achten möchte – und dabei Basstöne präzise und trocken mit einem solchen Druck aufs Trommelfell schleudert, wie man das nicht alle Tage hört.

Kraftvoll mit Biss

Zum Test lege ich unter anderem auch die legendäre CD Sound Check 2 von Alan
Parsons und Steven Court ein, passend zum Sonorous X auf Goldfolie geprägt. Bachs Orgeltoccata und Fuge in d-Moll beispielsweise lässt mich glauben, ich sitze auf
 iner harten Kirchenbank und lausche der Erhabenheit einer riesigen Orgel. Fast kommen mir die Tränen. Mit dem HE-1000 klingt die Aufnahme ebenfalls phänomenal, aber sie berührt mich emotional weniger stark. Die Paukenschläge und archaischen Töne von Strawinskys „Le Sacre du Printemps“ attackieren meine Ohren mit solcher Wucht, dass ich die Lautstärke schnell runterdrehen muss. Auch diese Musik treibt mir der Sonorous X gleichsam unter die Haut. Ob Jazzstimme oder Pianospiel, immer offenbart Finals Flaggschiff mehr Emotionalität und „Körperlichkeit“ als die musikalische Konkurrenz. Besonders krass erlebe ich dies bei Soundeffekten wie dem Hämmern eines U-Boot- Maschinengewehrs oder der Kanonade eines Chieftain-Panzers: Während ich mit dem HE-1000 die metallische Vielschichtigkeit des im Wortsinn abgefeuerten Klangs bewundere, jagt mir der Sonorous X anschließend einen solchen Schrecken ein, dass ich unvermittelt zusammenzucke. Er kann also durchaus zupacken, dieser Kopfhörer, wenn er es für nötig erachtet. Ansonsten verwöhnt er mit komplex texturierten Mitten – dem Fleisch an jedem musikalischen Knochen –, samtigen Höhen und einem gebieterischen Bass.

Edle Holzbox: Dieser Kopfhörer bereitet schon beim Auspacken Freude.

Edle Holzbox: Dieser Kopfhörer bereitet schon beim Auspacken Freude.

Aus der persönlicher Erfahrung rate ich abschließend dazu, dem Sonorous X sehr gute Extra-Kabel aus hochreinem Kupfer zu spendieren (zum Beispiel von Moon Audio oder ALO). Mit den entsprechend konfektionierten Steckern kann man sie problemlos am Kopfhörer befestigen. Das Klangbild wird dadurch etwas luftiger, die Höhen erhalten mehr Strahlkraft und die Tiefen noch mehr Druck und Präzision. Auch lohnt es sich für einen optimalen Klang, die Treibereinheit ungefähr 200 Stunden lang einbrennen zu lassen.

Fazit

Technische Daten
Gehäuse: Aluminium/Edelstahl
Treiber: 50 mm dynamisch
Wirkungsgrad: 105 dB
Impedanz: 16 Ohm
Kabellänge: 1.5 m / 3 m (abnehmbar)
Gewicht: ca. 630 g
Preis: CHF 4‘800.- / € 4‘500.-

Wer viel Geld ausgeben möchte, erhält mit dem Final Sonorous X ein handwerkliches und klangliches Meisterstück, das auf höchstem Niveau aufspielt. Dieser Kopfhörer lädt zum entspannten Musikhören ein und offenbart mit seinem Klang eine emotionale Tiefe in der Musik, wie sie sonst nur live zu erleben ist. Und selbst wenn man nicht der Herr über Versailles sein kann, so muss man den Sonnenkönig kein bisschen beneiden – schließlich lässt der Sonorous X die Sonne direkt in die Ohren strahlen.

 

Den vollständigen Testbericht können Sie hier auch kostenlos und in voller Länge als PDF downloaden: Final Sonorous X-Testbericht

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