Leindotter-Pflanzenöl schmeckt nicht nur in der Salatsauce, sondern ersetzt immer mehr Fahrzeugbesitzern den Diesel-Treibstoff. Davon profitiert die heimische Landwirtschaft ebenso wie unsere mobile Gesellschaft und die verpestete Natur.
Die moderne konventionelle Landwirtschaft hat versagt. Die Böden sind ruiniert und leblos, was sie abhängig macht von der Düngemittelindustrie und der Fossilindustrie. Tote Böden brauchen schwere Maschine, weil es eines großen Kraftaufwands (sprich: hohen Treibstoffverbrauchs) bedarf, sie zu bestellen. Das hat mich bewogen, gemeinsam mit drei Universitäten ein Projekt zu starten, um in einer konkreten Region einen Weg aufzuzeigen, der die Bauern in eine unabhängige, biologische, selbständige und energieeigenständige Landwirtschaft führen soll. Sämtliche Klimastrategien scheitern, weil man die Landwirtschaft nicht einbezieht. Neben den Weltmeeren und den Wäldern ist der Humus nämlich der größte Kohlendioxid-Puffer. Doch die modernen Bewirtschaftungsmethoden von uns Bauern haben den Humus weitgehend zerstört. Dadurch wurde ebensoviel Kohlendioxid freigesetzt, wie durch die Verbrennung fossiler Treibstoffe in den letzten 50 Jahren in die Luft gelangt sind. Würden wir also den Humus schnell wieder aufbauen, könnten so Unmengen von Kohlendioxid gebunden werden, was dem Treibhauseffekt deutlich entgegenwirken würde. Außerdem hätten wir wieder lebendige Böden, aus welchen Nahrungsmittel wachsen können, die wieder wahre Lebens-Mittler sind.
Unsere Landwirtschaft befindet sich in den Klauen von drei ‚Schwestern’, die auch das übrige Wirtschaftsleben beherrschen: die Mineralölindustrie, die Agrarindustrie und die Pharmaindustrie. Verfolgt man die Firmenstrukturen dieser drei Wirtschaftszweige, wird man sehr rasch erkennen, wie stark sie ineinander verflochten sind. Das ist leicht verständlich, bilden die Nebenprodukte aus der Herstellung fossiler Treibstoffe doch die wichtigsten Grundsubstanzen für die Produktion von Spritzmitteln, Düngern und chemischen Arzneimitteln.
So findet man die Namen von Erdölfirmen oft auf Spritzmittel oder Handelsdüngemittel aufgedruckt. Pharmariesen wie Bayer stellen nicht nur Pillen und Medikamente her, sondern auch Unkrautvernichtungsmittel und Pflanzendünger. Und Logos wie OMV prangen ebenso an der örtlichen Tankstelle wie auf Saatgutverpackungen und Pestiziden.
Jeder dieser drei auf Erdöl basierenden Industriezweige ist äußerst lukrativ. Zusammen bilden sie ein Gespann mit verheerenden Folgen – an denen sich wiederum gut Geld verdienen läßt: Die Verbrennung fossiler Treibstoffe verpestet die Luft, die landwirtschaftlichen Produkte der Agrochemie vergiften Boden und Wasser – und die Pharmaindustrie verdient schließlich an einer Bevölkerung, die wegen einer kranken Umwelt selbst krank geworden ist.
Ohne Erdöl würde das heutige globale Wirtschaftssystem zusammenbrechen. Die Macht der Erdölindustrie zeigt sich nur schon am Beispiel der Europäischen Union, die zu 95 Prozent von Treibstoffimporten abhängig ist. Daher muß sich die EU dem Druck amerikanischer Agro-Konzerne beugen und beispielsweise gentechnisch verändertes Saatgut (GVO) in Europa einführen und zulassen, obwohl sich vier von fünf EU-Bürgern gegen diese Zulassungen aussprechen. Amerika bezeichnet ein Ausbringungsverbot von GVO in den EU-Staaten als Wettbewerbsbenachteiligung, was hart bestraft werden soll.
Sämtliche großen Mineralölfirmen interessieren sich nun sehr stark für die erneuerbare Energie, allerdings ist das Interesse nicht ohne Eigennutz. So propagiert man vor allem Energieformen, die wiederum industrielle Großanlagen voraussetzen und für ihre Gewinnung Fremdenergie – beispielsweise aus fossilen Brennstoffen – benötigen. Damit will man die Welt weiterhin am Tropf der Erdölindustrie belassen, einzig der Energieträger würde sich ändern.
Zudem hat nicht jede Art von „Bio-Energie“ etwas mit „Bio“ oder Nachhaltigkeit zu tun – ganz und gar nicht: Der steigende Bedarf an Biodiesel gefährdet die großen Regenwälder der Erde. Weil die Preise für Rapsöl (die ursprüngliche Grundlage für Biodiesel) gestiegen sind, weichen die Hersteller vermehrt auf Palmöl und Sojaöl aus. Soja-Monokulturen aber sind die größte einzelne Ursache für die Zerstörung des brasilianischen Urwaldes – das gleiche gilt für die Produktion von Palmöl und die Vernichtung des Regenwaldes in Südostasien. Die ständig wachsende Biodiesel-Nachfrage wird diesen Prozeß noch beschleunigen. Man kann leicht verstehen, weshalb der Ölkonzern Shell bereits zu einem der weltweit größten Waldbesitzer geworden ist.
Leider halten viele Menschen die Treibstoffe „Biodiesel“ und „Pflanzenöl“ für ein und dasselbe. Doch das stimmt nicht. Biodiesel wird durch eine chemische Reaktion aus Pflanzenöl hergestellt. Dazu benötigt man einen Katalysator und Methanol aus der Fossilindustrie. Dabei wird Glyzerin freigesetzt und abgetrennt. Gegenüber Pflanzenöl weist Biodiesel indes einige schwerwiegende Nachteile auf:
Einen entscheidenden ‚Vorteil’ aber besitzt Biodiesel, der in den Augen der Fossilindustrie alle Nachteile aufwiegt: Dieser Treibstoff kann nur in großindustriellen Anlagen produziert werden, was der Industrie wiederum eine Monopolstellung und den Konsumenten eine Abhängigkeit beschert.
Sämtliche Forschungsprojekte befassen sich mit „biogenen Treibstoffen“, die allesamt erst in ferner Zukunft praxistauglich werden oder eine negative Energiebilanz aufweisen (mehr Energie zur Entstehung benötigen als sie Energie beinhalten).
Dabei ist Pflanzenöl der Bio-Treibstoff der Gegenwart – und erst noch ein alter Hut. Haben Sie gewußt, daß Rudolf Diesel (1858-1913) seinen Dieselmotor mit regional verfügbarem Pflanzenöl betreiben wollte, was er auch in seiner Patentschrift niederschrieb? So präsentierte der Erfinder 1897 einen Motor, der mit reinem Pflanzenöl(Erdnußfett) betrieben wurde. Der heute bekannte mineralische Dieselkraftstoff war nämlich noch nicht erfunden. Erst später paßte man die Motorentechnik dem wesentlich dünnflüssigeren Diesel an, und in den ersten Jahrzehnten der Entwicklung des Dieselmotors wurden pflanzliche Öle genauso eingesetzt wie mineralische. Erst das Auffinden umfangreicher und billiger mineralischer Ölquellen verdrängte die Pflanzenöle sowohl als Treib- und Schmierstoff, wie auch als Chemie-Grundstoff.
Die Vorteile von Pflanzenöl als Treibstoff gegenüber dem Biodiesel liegen auf der Hand: Seine Energiedichte von 9,2 kWh/l liegt genau zwischen Benzin (8,6 kWh/l) und Diesel (9,8 kWh/l). Pflanzenöl stellt keine Bedrohung fürs Wasser dar, denn es besitzt die Wassergefährdungsklasse 0. Zudem ermöglicht die Pflanzenöltechnik eine hohe regionale Wertschöpfung für die Landwirtschaft, da die Produktionsschritte enorm kurz sind – man benötigt weder Raffinerien noch Zwischenhandel. Pflanzenöl kann man regional anbauen und ist deshalb jederzeit krisensicher verfügbar. Auf den Punkt gebracht: Die Pflanzenöltechnik schaltet die Erdölindustrie zugunsten der Landwirtschaft aus. Und deshalb hört man so wenig von ihr.
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