Das Rad des Lebens

Alle sieben Jahre ändert sich das Lebensthema des Menschen.

Die späten Jahre: Eine Zeit, wo die Vitalkraft schwindet und sich der Mensch hinwendet zum Jenseits. Schön, wenn er weiß, daß der Tod nicht das Ende ist, sondern bloß Ruhe vor einem neuerlichen Leben.

Schon den Alten war bekannt, daß sich das menschliche Leben in Sieben-Jahres-Perioden zergliedert. Innerhalb von sieben Jahren, weiß die Medizin mittlerweile, erneuern sich sämtliche Zellen des menschlichen Körpers. Sie sind also mit keiner Zelle der selbe Mensch, wie Sie es vor siebeneinhalb Jahren waren - wenigstens, was Ihr Transportmittel angeht. Astrologen vertreten die Ansicht, daß eine Aufgabe, die ein Mensch nicht erledigt habe, sich nach sieben Jahren erneut und sehr viel dringlicher stelle - und daran sei Saturn, der 'Schicksalplanet' schuld. Wie auch immer - Tatsache ist, daß die kosmisch so bedeutungsvolle Sieben auch unserem Leben ihren Stempel aufdrückt. Denn jede Siebnerphase hat ihre bestimmte, besondere Aufgabe. Und da der Mensch ein Geschöpf der Erde und der Sonne ist, entfaltet sich sein Leben wie auch der Jahreslauf in zwölf Abschnitten - zu je sieben Jahren. Die Siebenjahresphase des menschlichen Körpers ist genauso das "Maß des Menschen", wie der Monat das Maß der Pflanze ist. Eine Siebenjahresphase im Leben des Menschen entspricht daher einem Monat und seiner Qualität im Jahreslauf.

Und zwölf sind es, weil es auch zwölf göttliche Attribute zu erlernen gilt und zwölf große Einweihungen zu bestehen, ehe der Mensch seinen Aufstieg ins Licht macht.

0 bis 7 Jahre: Die Ichbehauptung

Betrachten wir die erste Siebenjahresphase: Die Kleinkindzeit. Das Kind ist noch völlig eins mit der Aura der Mutter, aus der es sich teilweise erst am 7. Geburtstag löst. Seine göttliche Seele soll sich langsam entfalten und sich in der irdischen Welt tastend zurechtfinden. Es ist die Widderzeit im Leben: Geballteste Ichbehauptung und Ichdurchsetzung. Der göttliche, im Jenseits so freie Geist des Menschen wird bei der Geburt ins 'Grab' des Fleisches gesenkt und verliert dabei alles - das große Wissen über die geistigen Wirklichkeiten, das Wissen um seine wahre Identität, das Wissen um den Plan, den er in diesem neuerlichen Leben zu erfüllen versprochen hat. Und dieses kleine, hilflose Menschenwesen, das da in der Wiege liegt, versteht es, sich zum wohl süßen, aber doch unbedingten kleinen Tyrannen seiner ganzen Umwelt aufzuschwingen: Alles hat ihm zu dienen. Alles steckt es in den Mund – verleibt es sich ein-und was könnte größere Ichbehauptung ausdrücken? Seine ganze Daseinsparole heißt "Ich, ich, ich!!!" Der Gottesfunke des Kindes lebt in seinen ersten sieben Jahren gleichsam als Gast auf dieser rauhen Erde, verpuppt in einen ichbezogenen Traumzustand. Es ist dieselbe bedingungslose Selbstbehauptung, wie sie im Frühling, im April (der Widder-Zeit) das Recht der Knospe und des Keimlings ist.

Und doch ist diese Zeit eine, die sein ganzes späteres Leben prägen wird. Die räumlich-gegenständliche Umwelt und die seelischen Eindrücke dieser ersten sieben Jahre geben dem Menschen seinen dauerhaften Stempel, sind die heimliche Kompaßnadel seiner Reise durchs Leben.

Gelingt es einem Menschen nicht, über diese Phase krasser Ichsucht hinauszuwachsen, sich vom Ich zum Du zu bewegen, von der Ichliebe zur Allliebe, dann haben wir einen nicht die leiseste Achtung vor dem Lebensrecht des Mitmenschen und der Mitkreatur anerkennenden Egoisten vor uns. Was im ersten Siebenjahr natürliche Daseinsbehauptung ist, macht aus dem Menschen, der sein Leben lang auf dieser untersten Stufe des Menschseins verharrt, einen Schädling der Gemeinschaft.

7 bis 14 Jahre: Der Stoffwahn

Die zweite Siebenjahresphase (vom 7. bis 14. Geburtstag) ist die Phase des Stiers. Das Kind macht seine intensivste Wachstumsphase durch, die auch eine Zeit geistigen Reifens ist. Pflanzen und Tiere sammeln in dieser Frühlingszeit (Mai) die Erfahrungen ihres Lebens, setzen sich mit den vier Elementen auseinander, fügen die Um- und Mitwelt in ihr Denken ein. Ganz ähnlich das Kind in dieser Lebensphase. Aus dem oberflächlichen Spiel erwächst der Wissensdurst und der Erfahrungshunger. Immer gründlicher betrachtet es alle Dinge, Geschöpfe und Geschehnisse seiner Umwelt, nimmt sie als Erfahrungs- und Wissensbesitz in seine Seele auf und baut so ständig an seinem 'geistigen Haus', während der Körper unermüdlich an seinem leiblichen Hause baut.

Es ist kein Zufall, daß die Schulpflicht gerade mit dieser zweiten Lebensphase, mit sieben Jahren also, beginnt. Alles andere wäre verfrüht und nicht dem inneren Wachstum des Kindes angemessen. In keiner Zeit lernt der Mensch so leicht und mühelos wie in diesen Jahren der obligatorischen Schulpflicht. Allerdings sollte in diesen wichtigen Jahren dem Kinde nicht nur ein Wissen um die reale, stoffliche Welt vermittelt werden, sondern auch das nie Gesehene und Unwirkliche - die Welt des Abstrakten. Es werden damit Samen gelegt, die später keimen. Denn augenblicklich interessiert sich das Kind (fast) nur für die irdische Welt, hält diese Welt des Stoffes für das einzig Wahre, das sein Interesse zu fesseln vermag. Er ist damit in einer Art Stoffwahn gefangen - dies ist, nach der Ichbehauptung, die zweite Stufe auf dem Weg des Menschen.

Immerhin wendet er sich nun verstärkt dem Du zu, schließt Freundschaften - aber dennoch ist das Kind dieses Alters durch und durch Materialist. Mensch zeitlebens auf dieser Stufe steckenbleibt - was gerade in der westlichen Welt sehr verbreitet ist und besonders vielen jungen Seelen passiert. Der um sich greifende Materialismus und Hedonismus gerade unter den jungen Menschen, die nichts weiter wollen als 'Sun and Fun and Nothing to Do" oder um jeden Preis ihre erste Million anstreben ist ein Anzeichen dafür, daß viele der heutzutage inkarnierenden, 'neuen' Seelen sich in den Fängen der irdischen Illusionswelt (der 'Maya') verfangen - und die Folge sind Leid, innere Leere, Unfreiheit und Friedlosigkeit, Unrast und Lebensunsicherheit. Aus diesem "Moderreich des Verweslichen" (Apostel Paulus) vermag sie aber nur eine innere Umkehr zu befreien ,die "Große Verwandlung", die innere Neuausrichtung, die jeder vollziehen muß, der Freiheit anstrebt und damit den Schlüssel zur Erlösung aus irdischem Leid und Not.

14 bis 21 Jahre: Die Zweiheit

Dem Kinde widerfährt in dieser Lebensphase Ungeheures: Über Nacht wird es von der Fackel des griechischen Gottes Eros entflammt, aus dem Kindsein gestürzt hinein in eine Schlucht aus Sehnen und süßer Not, aus Schmerz und wild aufflackernder Lust. Aus Kindern werden Mädchen und Jungen, ihre einstige Einheit wird geteilt durch das spaltende Geschlecht - dargestellt auch im dazugehörigen Zeichen der Zwillinge (Juni). Doch die erste scheue Absonderung vom 'anderen' ist nur die Vorstufe dessen, was die Natur im Schilde führt: Der schließlichen willentlichen Vereinigung von Männlich und Weiblich zum Zwecke der Neuschöpfung.

Und noch etwas ergreift den jungen Menschen in dieser Zeit: Die größte verwandelnde Kraft der Welt-die Liebe, die aus krassester Ichsucht demütige Hingabe macht, aus der größten Härte die selbstverständlichste Weichheit, aus der nebensächlichsten Begebenheit ein Ereignis, das Verwandlung und Verklärung bewirkt. Durch dieses Wunder der Liebe entfaltet sich schließlich eine der schönsten und edelsten Kräfte im Menschen- das Gemüt. Die Liebe, die sein Herz zuerst aufgeschlossen und schließlich weit und hingebungsvoll gemacht hat, erschließt ihm auf einmal die Wunder des Lebens um ihn herum: Das Rauschen des Waldes, die rosagoldene Abendwolke lassen die einst stummen Saiten seines feineren Wesens nun erklingen. Durch die Liebe wird ihm zur Beglückung, was einst nur schnöde Alltäglichkeit war. Geistig wird der junge Mensch dadurch immer mehr hineingeführt in das erhabene Reich der Ideale, wo er auch der Zweiheit aller Lebenserscheinungen gewahr wird: Vater und Mutter, Himmel und Erde, Tag und Nacht, Sommer und Winter, Jung und Alt, Gut und Böse, Heiß und Kalt, Groß und Klein, Laut und Still, Liebe und Haß, Lachen und Weinen, Leben und Tod.

In dieser Lebensphase ahnt der junge Mensch auch erstmals, daß es neben dem rein physischen Leben eine geheimnisvolle, geistige Wirklichkeit geben muß - ja, in seiner Seele beginnt sich die erste Sehnsucht nach dieser erhabenen Welt zu regen-eine Sehnsucht, die bei manchen übersensitiven jungen Menschen, deren Seelen sogar keine Nahrung erhält, sie in die verhängnisvolle Illusionswelt der Drogen führt - auf der Suche nach einer transzendenten Erfahrung, damit das Leben nicht unerträglich in mechanischem Alltag steckenbleibt. Es ist also auch die Phase des ersten Erwachens der Seele und des Erahnens der Geistigen Welt - und dies zu einer Zeit, da der junge Mensch scheinbar immer mehr von der materiellen Welt gefangengenommen wird, indem er sich dem unerbittlichen Zeitdiktat der Arbeitswelt unterziehen muß, oder jede Stunde seiner Freizeit vom Studium aufgezehrt wird.