Von wahrer Astrologie und dem Seelenzyklus

Keine Stunde hat dieselbe Farbe, denselben Klang. Keine Stunde stehen die Gestirne gleich am Himmel. Und dennoch liegt das Unheil öfters in den Deutern denn in den Sternen selbst. Weshalb heutige Astrologie auf dem Holzweg ist – und wie der Himmel durch ein Meister-Auge aussieht.

Das Experiment erregte großes Aufsehen. Im Jahre 1979 nämlich bot eine Pariser Tageszeitung ihren Lesern ein Gratishoroskop mit Deutung an – kostenlos frei Haus! Tausende bestellten ihre Charakterbeschreibung. Hunderte begeisterter Briefe flatterten daraufhin in die Redaktion: „Noch niemals wurde mein Wesen so treffend beschrieben“, lautete das Urteil von 94% der Beschriebenen. 90 Prozent bemerkten, ihre Freunde und Familie sei derselben Meinung. Endlich hatte jemand ihr innerstes Wesen erkannt und damit eine der menschlichen Ursehnsüchte gestillt – sich selbst zu erkennen und erkannt zu werden. Es gab Nachbestellungen zu Hauf–für Freunde, Bekannte, Verwandte, denen man denselben Segen zu teil werden lassen wollte. Doch hier prallte das Märchen unsanft mit einer mehr als harten Wirklichkeit zusammen. Denn in Wirklichkeit war die Charakterdeutung nicht aufgrund ihrer Geburtsdaten erstellt worden. Vielmehr hatten sie alle genau dieselbe Deutung erhalten. Und die fußte auf dem Geburtshoroskop des berüchtigsten Massenmörders, den Frankreich je kannte. Dr. Petiot hatte 27 Menschen umgebracht und die Leichen zu Hause in seiner Badewanne mit ungelöschtem Kalk aufgelöst...

Die Zeitung ‘überlebte’ das böse, aber erhellende Spiel, das sie mit ihren Lesern getrieben hatte, unbeschadet. Die Astrologie erst recht. Doch was heißt ‘überlebte’? Sie hob viel mehr zu einem Höhenflug an, der die ganzen sechziger, siebziger und achtziger Jahre anhielt. Erst im letzten Jahrzehnt scheint sie an Boden verloren zu haben. Und das ist gut so.

Denn die Astrologie ist so, wie sie heute gemeinhin betrieben wird, ein Schattengewächs. Sie lebt im trügerischen Licht der Astralsphäre, wird gespiesen von den magischen Kräften der suggestiven Wesenheiten, die noch so gerne Macht über ‘offene’ Menschen erhalten. „Die Agenten der Dunkelheit werden durch jeden gehen, der mit dem Reich des Übersinnlichen in Berührung kommt... durch jeden! Und es gibt kein Mitglied der Irdischen Menschheit – NICHT EINES – das sich mit dem Reich des Übersinnlichen einläßt und nicht eine potentielle und weit geöffnete Tür für die finstere Macht ist!“ sagte vor nicht allzu langer Zeit ein wirklicher geistiger Meister. Das ist das Tragische an der Astrologie: Daß sie vorgibt, ein Schaf zu sein, in Wirklichkeit aber ein Wolf ist. Daß sie so tut, als würde sie dem Menschen helfen, sich selbst zu erkennen, sein Leben besser zu meistern und die Klippen seines Schicksals besser umschiffen zu können – und in Wahrheit bindet sie ihn an eine Vorstellung, die nichts mit seinem wahren, göttlichen Wesen zu tun hat; sie leitet ihn durch gefährliche Prophezeiungen auf falsche Wege und errichtet oft erst ‘Klippen des Schicksals’, die ohne ihren verderblichen Einfluß niemals bestanden hätten.

Ich weiß, wovon ich rede, denn ich war vor rund zwanzig Jahren selbst einige Jahrelang eine Gefangene der Astrologie. ‘Gefangene’? Ja, tatsächlich! Beobachten Sie einmal Menschen, die sich ernsthaft mit Astrologie zu beschäftigen beginnen. Allmählich geraten sie immer tiefer in ihren Bann, sehen andauernd in den Ephemeriden-Tabellen nach, welchen Aspekt Saturn auf ihr Horoskop wirft, wie der Mond steht und ob die Venus zu Liebesabenteuern einlädt. Sie lassen sich Horoskope von Mann, Frau, Kind und Chef machen, fragen jeden potentiellen neuen Liebhaber gleich nach dem Geburtsdatum, um dann nachzusehen, ob dessen Sterne zu den eigenen vielversprechend stehen.

Eine gute Freundin von mir – nennen wir sie Lisa–verstrickte sich so sehr in die Sterndeuterei, daß sie beschloß, ihren Sekretärinnenjob aufzugeben und eine Ausbildung als Astrologin zu beginnen. Sie war immer eine äußerst bodenständige, tüchtige Macher-Frau gewesen, die nichts so leicht umwerfen konnte. Je länger ihre Ausbildung dauerte, desto schlechter ging es ihr. Erst trennte sie sich von ihrem Freund, ihrer ‘großen, großen Liebe’, mit der es zuvor immer prächtig geklappt hatte. Dann bekam sie Augenprobleme, die zu einer Operation führten, anschließend Unterleibsprobleme, die zu einer weiteren Operation führten, und so weiter und sofort. Ein Schicksalsschlag nach dem anderen knüppelte sie immer tiefer in Leid und Schmerz hinein. Doch sie frohlockte: Das mußte so sein, transitierte Saturn doch gerade über ihren Mond, warf Pluto doch einen Spannungsaspekt auf ihren Uranus und die Sonne, rüpelte Mars ihren Saturn an und zitterte Neptun unter einem bösartigen Plutotransit– oder was es immer auch gewesen sein mag: Das alles hatte seine Richtigkeit, war kosmisch gekochter Schicksalsbrei, den sie auszulöffeln hatte, so bitter er auch schmecken mochte. Ich kann nicht sagen, daß sie als Mensch dabei gewachsen wäre. Sie wurde immer mehr zu einem unfreien, geplagten Geschöpf, zu einem Spielball ferner Planeten, die unbarmherzige, grausame Lehrmeister waren.

Lisa hatte sich nicht wirklich den Einflüssen dieser Himmelskörper ‘geöffnet’ (wie dies Astrologen oft behaupten, wenn jemand fragt, warum denn bestimmte ‘böse’ Transite für ihre Astrologie unempfindlichen Freunde ohne jegliche Folgen vorübergegangen waren – was dann jeweils als ein Zeichen für eine spirituell hoch entwickelten Seele gedeutet wird), sondern sie hatte sich mit der Beschäftigung heute üblicher Astrologie destruktiven, in der Astralsphäre wirkenden Kräften geöffnet, die nicht das Wohl der Menschen im Sinn haben; die dunkel sind; die manipulativ sind und alles dafür tun, den Menschen von seiner inneren Göttlichkeit und seinem wahren Lebensplan weg zuführen. „Jene, die verantwortlich sind für die spiritualistischen Kirchen, die Übersinnlichen, die Medien, die Astrologen, die ‘Kristallkugelschauer’ und andere ihrer Art, tun mehr, um den schönen Fortschritt Gottes in den Menschen aufzuhalten als sonst irgendein Teil der Gesellschaft“, kommentierte der schon erwähnte Meister vor einigen Jahren.

Astrologie macht süchtig

Astrologie ist eine Droge. Und alles, was wie eine Droge wirkt, kommt nicht vom Licht. Seien es nun Tarotkarten oder I-Ging-Orakel oder Runenrätsel oder andere Wahrsagetechniken: Ihnen allen ist gemein, daß sie süchtig machen, daß ihr Konsument immer lebensuntüchtiger wird, keine Entscheidung ohne Befragung der Sterne oder der Tarotkarten mehr treffen mag. Die Kräfte des Lichtes arbeiten niemals suggestiv, niemals manipulativ. Jede Wahl kommt von Gott – es ist nur der ‘Teufel’, der zwingt. Genau jenes göttliche Geburtsrecht, jene Freiheit der Wahl, machen uns diese destruktiven Astralpraktiken streitig. Wir entscheiden nicht mehr selbst, wir lassen uns entscheiden.

Die Frage ist bloß – von wem?

Und die Antwort lautet: Von Wesen, denen wir nicht einmal am hellichten Tag in einer dichtbevölkerten Straße begegnen möchten. Und wenn auch Filme wie Monsters Inc.uns weiszumachen versuchen, sie seien harmlose Fluffies – gerade dies ist die Täuschung. Seien Sie versichert, sie sind es nicht. Sie sind raffiniert und durchtrieben, gemein und intrigant, diese schattenhaften Parasiten der Astralsphäre – und dennoch machtlos jenem Menschen gegenüber, der sie erkannt hat und weiß, daß er aufgrund seines Einsseins mit dem Göttlichen im kleinen Finger mehr Macht hat als die vereinigten Horden der Hölle zusammen. Allerdings ist dieser Mensch furchtlos, während gerade jene Leute, die sich zu Abhängigen von Astrologie, Tarot & Co. machen, dies im Grunde aus einer tiefen Lebensunsicherheit heraus tun, die immer auf Angst zurückgeht: Der Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen. Doch um Entscheidungen geht es in unserem Leben, und nur durchs Entscheiden und das Erleben der Konsequenzen lernen wir etwas – und besonders viel, wenn wir falsch entschieden hatten.

Viele Astrologen geben aber dreist Urteile und Ratschläge ab, die einen verheerenden Einfluß auf das Leben ihrer Klienten haben werden. So ließ sich ein 20jähriger Mann einmal von einem Astrologen sein Horoskop deuten. Man sagte ihm, daß er mit seiner ersten Frau nicht glücklich werden würde. Dagegen solle er mit seiner zweiten Frau dann eine besonders harmonische und glückliche Ehe führen. Der junge Mann heiratete früh und äußerte bereits am Hochzeitstag seinem Bruder gegenüber: „Die Frau, die ich heute heirate, ist nicht die Richtige. Erst die zweite Frau wird mich glücklich machen. Damit ich aber zur zweiten Frau komme, muß ich die erste Frau zuerst heiraten.“ Der Bruder ärgerte sich sehr über diese Aussage und wies ihn zurecht. Die junge Frau schien ihm in jeder Hinsicht ein anständiges, nobles Menschenkind zu sein. Die beiden hatten drei Kinder miteinander, doch dann ließ der Mann die Frau im Stich – eingedenk der Prophezeiung seines Astrologen. Sein Vater enterbte ihn und vermachte das Haus seinen drei Enkeln. Nicht lange danach heiratete der Mann zum zweiten Mal – voller Erwartung, nun die Frau seines Glücks getroffen zu haben. Allein, die Ehe ging schon nach einem Jahr in die Brüche, und der Mann heiratete ein drittes Mal in der Hoffnung, daß ihm nun das verhießene lebenslange Glück beschieden sei. Solcherart beeinflussen unseriöse astrologische Vorhersagen Lebensgeschichten. Hätte der Mann ansonsten je seine erste Frau geheiratet? Und wenn ja, hätte er sich je getrennt von ihr, hätte da nicht diese Prophezeiung wie ein Damoklesschwert über der Familie gehangen?

In meinen ‘Astrologie-Jahren’ besuchte ich auch hin und wieder entsprechende Kongresse. Die Schwingung dort war fürchterlich, geisterbahnähnlich, und die Referenten allesamt selbst Abhängige. Selbst ein Mann, der sich der Astrologie wissenschaftlich genähert und zigtausende Horoskope untersucht hatte, outete sich schließlich als Astro-Junkie. Seine Forschung hatte nämlich nur Ergebnisse zu Ungunsten astrologischer Deutungen ergeben; waren also für die sogenannte Astro-Wissenschaft ein Totalbankrott. Trotzig meinte er aber am Schluß seines Vortrags, er werde sich trotzdem nicht von der Astrologieabwenden–denn ein Leben mit Astrologie sei einfach schöner als eines ohne. So argumentiert der Trinker oder der Drogensüchtige, der genau weiß, daß es Unfug ist, was er macht, aber eben nicht von seiner Droge lassen kann.

Ein Typ wie Tag oder Nacht

Also: Lassen Sie die Finger von heutiger Horoskopdeuterei, wenn Ihnen Ihre Seele lieb und teuer ist. Die wenigsten Astrologen sind nur schon in der Lage, aus der hochkomplexen Struktur des Horoskops wirkliche, gültige Aussagen zu machen. Denn da wirken sich zwölf Zeichen in zwölf Häusern unterschiedlich aus, werfen Sonne, Mond, Mondknoten und Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto ihre verschiedenen Aspekte und erhalten je nachdem, in welchem Haus und Zeichen sie stehen, wieder eine andere Einfärbung. Ob Ihr Pluto also im 8. oder im 3. Haus steht, macht einen himmelweiten Unterschied, und ob im 8. Haus der Schütze oder beispielsweise der Skorpion herrscht, noch einmal. Selbst dem geübtesten, geschultesten Geist fällt es oft schwer, aus der Horoskopzeichnung mit ihren hunderten unterschiedlichen Faktoren eine aussagefähige Essenz zu ziehen – und wenn wir in Betracht ziehen, wie viele Astrologen es heute gibt, die ihren ‘Beruf’ nur erlernten, weil sie darin eine Ausbruchsmöglichkeit aus einem ansonsten öden Berufwitterten – dann hüten wir uns davor, unser Schicksal in die Hände eines solchen, im Schnellgang gewaschenen Sterndeuters zu legen. Denn das, was er uns sagt, kann Jahre und Jahrzehnte in uns nachhallen und schließlich zu einer ‘self-fullfilling prophecy’ werden – zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung, also einem Ereignis, das nur deshalb eintritt, weil es uns verheißen wurde und wir lange genug mit aller Kraft daran glaubten.