04.03.2016

Hormonähnliche Substanzen machen uns krank!

Unsere Umwelt ist voll von chemisch erzeugten Substanzen, die in unserem Körper wie Hormone wirken und somit unseren fein abgestimmten Hormon-Haushalt durcheinander bringen. Das Fatale dabei: Diese Substanzen sind in Verpackungen, Fertignahrung und sogar Kosmetika enthalten!

Die in Kunststoff enthaltenen Additive können im Körper wie Hormone wirken.

Die in Kunststoff enthaltenen Additive können im Körper wie Hormone wirken und so unseren Hormonhaushalt durcheinander bringen.

Das menschliche Hormonsystem ist perfekt abgestimmt. Es steuert zum Beispiel Stoffwechsel, Wachstum, Reproduktion, Schlaf und Stimmung. Gerät das Zusammenspiel dieser Hormone aus der Balance, kann dies zum Teil verheerende Auswirkungen haben. So können etwa die dadurch hervorgerufenen Störungen im Blutzuckerhaushalt und Kalziumstoffwechsel zu Diabetes oder Osteoporose führen.

Mittlerweile sind über 800 chemische Substanzen bekannt, die überall in unserem Alltag vorkommen und im Körper die Wirkung von Hormonen übernehmen oder nachahmen. Experten nennen diese hormonähnlichen Stoffe Endokrine Disruptoren (EDC).1 Diese körperfremden Stoffe können sich im Körper an Hormonrezeptoren binden. Andere wiederum blockieren diese Rezeptoren und verhindern so, dass die richtigen Hormone andocken und ihre Arbeit verrichten können. Und wieder andere Substanzen beeinflussen oder stören die körpereigene Hormonproduktion und bringen so das fragile Hormonsystem durcheinander.

Überall um uns herum

Diese Disruptoren findet man vor allem in Plastik, wo sie als Weichmacher, Festiger, Flammschutzmittel oder Beschichtungen zum Einsatz kommen. Solche Substanzen werden beigefügt, da sie keine chemischen Verbindungen mit den anderen Bestandteilen des Produktes eingehen. Das hat jedoch zur Folge, dass diese Additive „frei“ und ungebunden sind und sich so auch wieder relativ leicht aus dem Plastik lösen, beziehungsweise aus diesem austreten können. Forschungen haben mittlerweile bewiesen, dass diese austretenden chemischen Substanzen verheerende Auswirkungen auf den Körper haben können. Professor Dr. rer. nat. Ulrich Schweizer vom Institut für Biochemie und Molekularbiologie an der Universität Bonn sagt dazu: „So können Xenoöstrogene [östrogenähnliche Hormone] das Eintrittsalter in die Pubertät senken und Antiandrogene [Stoffe, welche die Wirkung der männlichen Sexualhormone hemmen] zu vermehrten Penismissbildungen sowie zu einer seit Jahrzehnten beobachteten Verminderung der Samenqualität führen.“ Schweizer weist zudem darauf hin, dass zum Beispiel hormonabhängige Krebsarten wie Brust- und Prostatakrebs beständig zunähmen und dies mit der stetigen Anreicherung des Körpers mit diesen Endokrinen Disruptoren einhergehe. Zudem zeigen neuste Erkenntnisse, dass EDC auch zur Erhöhung chronischer Erkrankungen wie Übergewicht und Diabetes beitragen.

Dabei sind die Übeltäter längst bekannt, denn es sind dies Substanzen wie:

  • Bisphenol A (BPA), welches in vielen Beschichtungen von Lebensmittelverpackungen (Dosen) und auch in Kunststoff enthalten ist;
  • Phthalsäureester (Phthalate), die als Weichmacher in Plastik eingesetzt werden,
  • Pestizide und Herbizide wie DDT und Atrazin,
  • sowie Flammschutzmittel (Matratzen, Elektrogeräte) wie PCB und polybromierte Diether.

All diese Substanzen werden jährlich zu Tonnen produziert und verarbeitet – und letztlich auch an die Umwelt abgegeben. Wo sie dann noch jahrelang nachweisbar und aktiv bleiben und auch die Natur schädigen. So stellen Experten immer mehr Fisch-Missbildungen fest, die sie auf diese Substanzen im Wasser zurückführen.

Die große Problematik bei diesen EDC liegt vor allem darin, dass viele neue chemische Substanzen auf den Markt gelangen, die zwar in punkto Giftigkeit getestet wurden – jedoch nie, ob sie im Körper hormonähnliche Eigenschaften haben. Und weil das Hormonsystem so fragil ist, reichen oftmals schon kleinste Dosierungen dieser Substanzen aus, um den menschlichen (und tierischen) Hormonhaushalt aus der Balance zu werfen. 

Bestes Beispiel für die fehlenden Kontrollmechanismen im Zulassungsprozess ist Bisphenol S. Dieses wurde entwickelt, um das in Verruf geratene Bisphenol A zu ersetzen. Nur leider erwies sich der neue Stoff als genauso hormonaktiv wie die Substanz, die damit eigentlich ersetzt werden solle.

Was ist zu tun?

Wie so oft liegt auch hier die Macht ganz in den Händen der Verbraucher. Es ist unsere Entscheidung, ob wir die Milch in der Plastik- oder in der Glasflasche kaufen, Fertiggerichte und Mikrowellen-Essen bevorzugen oder doch lieber selber kochen, ob wir Käse und Wurst frisch am Stück oder in Plastik eingeschweißt kaufen und ob wir mit Taschen aus Plastik oder aus Stoff unsere Einkäufe nach Hause tragen. Jeder Einzelne kann und muss jeden Tag im Alltag für sich entscheiden, ob er weiterhin Plastik verwenden oder dessen Verwendung einschränken will.

Hinzu kommt, dass gerade auch Kosmetika oftmals mit Parabenen, synthetischen Duftstoffen und Phtalate (Haargel, Haarspray) vollgepumpt sind. Auch hier gibt es mittlerweile genügend gute Naturkosmetik-Manufakturen auf dem Markt.

Also: Plastik wo immer möglich vermeiden, Frisches statt Fertignahrung und bei Kosmetik nicht zu Lasten der Qualität sparen!

Und wie sagte der amerikanische Schriftsteller Prentice Mulford so schön: Wer ein Übel erkennt, hat es schon fast geheilt.


Die ZeitenSchrift hat bereits wiederholt auf die Gefahren der chemischen Substanzen in Plastik und Kosmetika hingewiesen. Wer sich näher darüber informieren will, empfehlen wir die folgenden Artikel:

Quellenangaben

  • 1 Die Endokrinologie ist die Lehre von den Hormonen. Hormone werden zum Beispiel von verschiedenen Drüsen (Schilddrüse, Hoden, Eierstöcke) abgegeben. „Endokrin“ steht für „nach innen“ ausgeschüttete Substanzen, wobei „exokrin“ für „nach außen“ steht – zum Beispiel von Speichel- oder Schweißdrüsen.

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