Alle wollen wir jugendlich und schön aussehen und das lassen wir uns auch was kosten. Rund 108 Milliarden US-Dollar betrug das weltweite Marktvolumen für Hautpflegeprodukte im Jahr 2014. Was den schönen Schein jedoch beträchtlich trübt, ist die Tatsache, dass die allermeisten Körperpflege- und Kosmetikprodukte Unmengen schädliche Substanzen enthalten.
Falten, graues Haar, Körperbehaarung – das geht heute gar nicht mehr. Wer sich erlaubt, seinen Körper so zu präsentieren, wie er nun mal ist, wird schnell einmal verdächtigt, sich zu vernachlässigen. Denn es gibt keinen guten Grund, sich anmerken zu lassen, dass die Jahre und das Leben Spuren hinterlassen. Und die Kosmetikindus-trie ist uns mit einer Vielzahl an Produkten gerne dabei behilflich, stets rosig, dynamisch, energetisch und grundsätzlich wie frisch aus dem Ei gepellt zu erscheinen. Selbstverständlich spricht nichts gegen das Bestreben, adrett und gepflegt daherzukommen; dies ist keineswegs ein Plädoyer für Schlamperei. Doch sind sich nur wenige bewusst, wie sehr die tägliche Körperpflege ihren Körper belastet.
Rund 13’000 Chemikalien werden für die Herstellung von Körperpflege- und Kosmetikartikeln verwendet, wovon gerade mal mickrige zehn Prozent auf ihre Sicherheit überprüft wurden. Die Kosmetikindustrie ist äußerst knausrig, was die Herausgabe von Daten und Testresultaten zu Chemikalien in ihren Erzeugnissen betrifft. Oftmals wissen die zuständigen staatlichen Stellen, welche die Sicherheit der Produkte überwachen sollen, noch nicht einmal, welche Substanzen sich überhaupt darin befinden. Die Verantwortung für den Nachweis der Unbedenklichkeit liegt in der Regel nicht bei den Unternehmen, welche diese Inhaltsstoffe großzügig und zu ihrem finanziellen Vorteil einsetzen, sondern vielmehr bei den meist mit eher knappem Budget operierenden staatlichen Prüfstellen. Das führt dann zu Ergebnissen wie dem 1976 in den USA erlassenen Toxic Substances Control Act (TSCA), der 62’000 Chemikalien als „sicher“ auswies, einfach deshalb, weil sie bereits in Gebrauch waren. Es versteht sich beinahe von selbst, dass man diese Behauptung bereits in diversen Fällen revidieren musste …
Studien zeigen, dass Frauen im Durchschnitt zwölf Körperpflege- und Kosmetikprodukte pro Tag benutzen und auf diese Weise ihrem Körper eine tägliche Dosis von 168 verschiedenen Chemikalien verabreichen. Männer, die tendenziell etwas weniger häufig in den Cremetiegel greifen, kommen immerhin auch noch auf 85 Chemikalien pro Tag, wohingegen Jugendliche jeden Tag um die siebzehn Pflegeprodukte verwenden und somit einem noch stärkeren Chemiecocktail ausgesetzt sind. Da wir von Produkten des täglichen Lebens sprechen und Zähne putzen, Hände waschen, Duschen, Eincremen, Parfümieren und oftmals auch Schminken für viele Menschen zum allmorgendlichen Pflegeritual gehört, sind wir diesen Chemikalien jeden Tag und meist lebenslänglich ausgesetzt. Das beginnt schon im Mutterbauch, da alles, was die Mutter in ihren Körper aufnimmt, potenziell auf das Kind übertragen werden kann. So fanden Forscher in einer Studie der amerikanischen Environmental Working Group (EWG) im Jahr 2005 im Nabelschnurblut Neugeborener durchschnittlich zweihundert verschiedene Chemikalien und Giftstoffe. Andere Untersuchungen zeigen, dass gerade bei Frauen im gebärfähigen Alter die Chemikalien-Konzentration im Körper besonders hoch ist. Für das sich entwickelnde Kind kann dies drastische Auswirkungen haben. Kinder sind aufgrund ihres schnellen Wachstums und der höheren Sensibilität ihrer Organe sowieso anfälliger für die Wirkungen von chemischen Stoffen und es gibt mittlerweile genügend wissenschaftliche Untersuchungen, die einen deutlichen Zusammenhang zwischen industriellen Chemikalien und einer Vielzahl von körperlichen Beeinträchtigungen nachweisen, so für verzögertes fötales Wachstum, geringere Intelligenz, Verhaltensstörungen, abnormale körperliche Reifung, Stoffwechselstörungen sowie später im Leben Unfruchtbarkeit oder Krebs. Gemäß WHO genügen zum Teil schon sehr geringe Mengen einer Substanz, um eine Schädigung auszulösen.
Doch auch Erwachsene sind keineswegs aus dem Schneider. Einmal mehr ist es die schiere Menge an Substanzen, die unserem Körper zu schaffen macht. Ebendies ist auch das große Manko der meisten Verträglichkeitsstudien, die üblicherweise eine einzelne Substanz auf ihre Wirkung im menschlichen Körper überprüfen. Doch entspricht dieses Szenario ja in keiner Weise der Realität, da wir nie nur einem isolierten Inhaltsstoff ausgesetzt sind, sondern jederzeit einem ganzen Mix. Und es ist dieser Mix, von dem die Wissenschaftler immer mehr erkennen, dass er beiträgt zu Krebs, Problemen bei der Fortpflanzung (in einigen Ländern haben vierzig Prozent der jungen Männer eine schlechte Sper-mienqualität!), vorzeitigem Eintreten in die Pubertät und einer Menge anderer endokriner, neurologischer oder stoffwechselbezogener Probleme.
Zu den „Haupttätern“ gehören hormonaktive Substanzen, die sich in einer Vielzahl von Körperpflegeprodukten finden. Hormonaktive Substanzen1 , auch Endokrine Disruptoren genannt, werden von unserem Körper fälschlicherweise für Hormone gehalten und greifen entsprechend in unseren sehr fein ausbalancierten Hormonstoffwechsel ein. Da Hormone in Konzentrationen von Millionsteln oder gar Milliardsteln agieren, muss man kein Einstein sein, um zu verstehen, dass schon geringste Mengen an Endokrinen Disruptoren im Körper weitreichende Auswirkungen haben. Viele Experten vertreten daher den Standpunkt, dass es keine sicheren Expositionsgrenzwerte für hormonaktive Substanzen gibt, oder einfach gesagt, jede noch so geringe Menge dieser Stoffe hat, wenn sie in unseren Körper gelangt, fatale Wirkungen. Schlimmer noch, geben wir die Endokrinen Disruptoren durch vererbte Veränderungen der Keimbahnen sogar an unsere Kinder weiter. Die zwölf schlimmsten hormonaktiven Substanzen – das sogenannte „Dreckige Dutzend“ – sind: Bisphenol-A (BPA), Dioxin, Atrazin, Phthalate, Perchlorate, flammhemmende Mittel, Blei, Quecksilber, Arsen, Perfluorcarbone (FKW, P-FKW), Phosphorsäureester und Glykolether. Von diesen sind viele nicht nur hormonaktiv, sondern ebenfalls krebserzeugend oder generell giftig für den menschlichen Körper.
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