"Ich heiße doch Anne..."

Die Geschichte der Schwedin Barbro Karlén, die aufgrund von Träumen und Erlebnissen überzeugt ist, im früheren Leben Anne Frank gewesen zu sein.

Anne Franks Tagebuch wurde weltweit in über 55 Sprachen übersetzt und ist in mindestens ebenso vielen Ländern mit einer Auflage von 20 Millionen Exemplaren verkauft worden!

Anne Franks Tagebuch wurde weltweit in über 55 Sprachen übersetzt und ist in mindestens ebenso vielen Ländern mit einer Auflage von 20 Millionen Exemplaren verkauft worden!

Ein Mädchen in Amsterdam. Dunkelhaarig, zierlich, mit lachenden Augen und hüpfenden Beinen. Sie hat viel vor im Leben. Immer ist sie guter Laune. Sie kann aber auch böse werden und eifersüchtig, wenn ihre beste Freundin zu viel mit einer anderen schwatzt. Sie redet viel, und sie weiß, wie man andere um den Finger wickelt, und sie glaubt, daß die meisten Jungs in der Klasse ihr hinterherschauen. Sie ist ein Mädchen, das sich nicht unterkriegen läßt. Sie will alles erleben. Und später, wenn sie größer ist, wird sie bestimmt einmal Journalistin, oder noch besser, Schriftstellerin werden. Das Mädchen heißt Anne Frank.

Ein Mädchen in Schweden. Es hat dunkle Haare und große, wissende, dunkle Augen. Es heißt Barbro. Wie bitte? Barbro? Nein. Das kann nicht ihr richtiger Name sein. Das Mädchen hat zwar noch nicht lange laufen gelernt, aber es weiß schon, daß sein richtiger Name nicht Barbro ist, sondern Anne. Die Leute, die es mit dem falschen Namen rufen, sind nett, aber das kleine Mädchen fragt sich, wann es wohl wieder zu seinen Eltern zurückkehren kann. Zu seinem innig geliebten Vater, der weiß, daß sie Anne heißt.

Allmählich begreift Barbro, daß sie bei diesen netten Menschen nicht nur zu Besuch ist, und daß es kein Spiel ist, daß sie sie Mama und Papa nennen soll. Und der Vater – ihr richtiger Vater – wird niemals kommen, um Anne wieder heimzuholen. Denn wie es aussieht, ist aus Anne jetzt Barbro geworden.

Ein wenig verwirrend ist dies alles schon. Sie versucht, mit ihrer neuen Mama und dem neuen Papa darüber zu sprechen. Doch diese begreifen nicht, sie erschrecken vielmehr.

Anne feiert ihren 13. Geburtstag. Es ist der 12. Juni 1942. Unter all den anderen Geschenken sticht ihr eines gleich ins Auge, und es wird ihr teuerster Schatz werden, ihre beste Freundin und ihre intimste Verbündete: Ein Tagebuch! Am 14. Juni schreibt sie den ersten Satz hinein. Den letzten Satz wird sie gut zwei Jahre später schreiben, am 1. August 1944. Inzwischen ist ihr Tagebuch längst voll, und sie hat auf lose Blätter und in Notizhefte geschrieben. Bestimmt hätte sie weiter gemacht mit Tagebuchschreiben, wenn nicht am 4. August 1944 jene Männer in Uniform gekommen wären und sie brutal die Treppe hinuntergeschleift hätten, zusammen mit ihrer ganzen Familie und den übrigen Hinterhausbewohnern. Von da an ist Anne nur noch ein Sträfling. Alles Äußere, das einen Menschen zum Menschen macht, wird ihr genommen: Die Kleider, die Haare, der Schmuck, die Gesundheit, die Selbstbestimmung, die Würde. Alles, was ihr noch bleibt, ist im Innern: Ihr Glaube an Gott und der stille Winkel im Herzen, wo alle in die Geborgenheit wohnt.

Das Mädchen Barbro hat Angst vor Uniformen. Einen ersichtlichen Grund dafür gibt es nicht. Sie wurde 1954 in Schweden geboren, einem freien, demokratischen Land mit allen Menschenrechten. Niemals ist sie in Kontakt mit Uniformierten gekommen. Falsch. In ihren Träumen fangen sie sie, die Uniformierten. Vielleicht mag sie daher kein Versteckspiel und ist Fangen-Spielen das schlimmste, was es für sie gibt. Die Träume kommen immer wieder, seit sie ein Kleinkind war. Sie sind äußerst quälend: „Die Dunkelheit schließt sich immer enger um sie, sie weint und ist vor Schreck gelähmt. Ihr kleiner Körper zittert und ist in Schweiß gebadet.

Sie hört, wie sie im Treppenhaus laufen, der Kommandoton schneidet ihr wie ein Messer ins Fleisch, Hunde bellen, und mit einem Krachen wird die Tür eingetreten.

Sie versucht, sich zu verstecken, doch sie wird von einem Mann in Uniform hervorgezogen. Sie ruft nach ihrem Vater, aber es kommt keine Antwort. Es herrscht ein fürchterlicher Lärm. Gegenstände werden umgestoßen, Möbel auf den Kopf gestellt, und es wimmelt überall von Männern in Uniform. Sie hält verzweifelt ein Buch fest, das rot eingebunden ist, doch es wird ihr aus der Hand gerissen, während man sie abführt."

Barbro Karlén, wie alt waren Sie, als Ihnen klar wurde, daß die Erinnerungen und Träume, die Sie verfolgten, nicht aus dem jetzigen Leben stammten?

Barbro Karlén: „Ich denke, ich war etwa vier oder fünf Jahre alt. Da wurde mir wirklich klar, daß meine Erinnerungen nicht aus diesem Leben stammten. Ich erinnere mich, wie verwirrend es für mich war, daß es jeder vermied, auf meine Fragen einzugehen, warum man mich Barbro rief, wenn mein richtiger Name doch Anne war. Doch je mehr ich fragte, desto mehr wurde mir klar, daß ich solche Fragen nicht stellen sollte. So behielt ich sie für mich, und die Erinnerungen verblaßten allmählich immer mehr."

Als Sie erkannten, daß Sie offensichtlich in einer neuen Verkörperung waren –war dies in irgendeiner Weise überraschend für Sie? Oder fanden Sie es etwas ganz Natürliches?

Barbro: „Für mich war es vollkommen normal, und ich konnte nicht verstehen, warum all die Erwachsenen so verschreckt wirkten, wenn ich anfing, darüber zu sprechen."

Anfang Januar machte uns eine Leserin auf ein Buch aufmerksam: „Und die Wölfe heulten..." von Barbro Karlén. Als es bei mir auf dem Schreibtisch lag, war ich davon sogleich elektrisiert. Ich las es in einem Zug durch (es hat immerhin 237 Seiten), und für mich bestand keinen Augenblick ein Zweifel daran, daß die Autorin die Wahrheit schrieb. Sie ahnen es schon: Die heute 44jährige Schwedin Barbro Karlén ist die Wiederverkörperung des jüdischen Mädchens Anne Frank, das mit seinem Tagebuch posthum weltberühmt wurde. Obwohl ich der Reinkarnationstherapie überaus skeptisch gegenüberstehe, ist der ‚Fall‘ Barbro Karlén ein ganz anderer. Denn erstens hatte sie als kleines Kind Rückerinnerungen an ihre frühere Existenz, die so plastisch und wirklich waren wie unser aller Erinnerungen an Dinge, die sich früher in diesem unserem Leben ereigneten. Zweitens gibt es überreichlich Indizien dafür, daß Barbro wirklich Anne war – darauf kommen wir noch. Vor allem aber macht sich Barbro überhaupt nichts daraus, daß sie jene ‚berühmte‘, mittlerweile gar ‚legendäre‘ Anne Frank war. „Ich muß es niemandem beweisen", sagte sie unter anderem auch in einer Sendung des holländischen Fernsehens im Jahr 1995, anläßlich der Feier des 50jährigenKriegsendes. „Ich weiß es einfach, und das genügt."