Das Jenseits: "Die Seelen kennen keinen Tod"

Das Leben ist ewig, der Tod nur einen Schritt vom Schlaf entfernt. Die Welt im Jenseits schafft sich jeder selbst – indem er auch drüben erntet, was er hüben gesät hat. Über die verschiedenen Regionen der jenseitigen Welt.

Der große französische Dichter Victor Hugo (1802-1885) schrieb kurz vor seinem Tod: „Wenn ich zu Grabe gehe, so kann ich gleich vielen anderen sagen: ‚Ich habe mein Tagewerk vollbracht‘, aber ich kann nicht sagen: ‚Ich habe mein Leben geendet‘. Mein Tagewerk wird am nächsten Morgen wieder anfangen. Das Grab ist keine Sackgasse, sondern eine offene Durchfahrt; es schließt sich im Zwielicht am Abend und tut sich bei der Morgendämmerung auf. Ich bin im steten Wachsen begriffen; denn ich liebe diese Welt als mein Vaterland. Mein Werk fängt erst an; der Durst nach dem Unendlichen beweist die Unendlichkeit.“

Nach dem Tod fährt die Seele fort, in anderen Kreisen ihre Denkkraft zu üben und das Universum von anderen Seiten zu beschauen.

Nach dem Tod fährt die Seele fort, in anderen Kreisen ihre Denkkraft zu üben und das Universum von anderen Seiten zu beschauen.

Daß unser Leben mit dem irdischen Tod nicht endet, ist dem geistig wachen Menschen bewußt, wenn auch die Vorstellungen über das Leben nach dem Tode auseinandergehen. Berichte über Nahtod-Erfahrungen erscheinen mittlerweile selbst in der Regenbogenpresse, und die Kommunikation mit Verstorbenen wird in der Feierabend-TV-Show gepflegt. Vorsicht ist jedoch angebracht, denn so manches, was uns als Fakt verkauft wird, ist Fiktion der üblen Sorte. Um ein gutes Unterscheidungsvermögen zu entwickeln, ist es unumgänglich, die Gesetzmäßigkeiten, die im Jenseits walten, etwas eingehender zu betrachten.

Häufig erzählen Angehörige, daß sie von den Verstorbenen kurz nach deren Ableben besucht worden seien. Wie jene Frau, die während eines Jahres fern von ihrer Heimat im Urwald von Südamerika lebt: Plötzlich schrickt sie mitten in der Nacht aus ihrem Schlaf hoch, weil ‚da jemand im Zimmer ist‘. Überrascht erkennt sie deutlich die Umrisse ihrer Großmutter, wie diese in fahlem Lichte leuchtend über ihr an der Zimmerdecke schwebt. Lange und ernst schaut die Lichtgestalt sie an, dann huscht ein Lächeln über ihr Gesicht und der ‚Spuk‘ ist verschwunden – und kehrt auch nie wieder.

„Ich hatte ein sehr inniges Verhältnis zu meiner Großmutter. Als ich dann nach Südamerika reiste, machte sie sich große Sorgen um mich, weil sie fürchtete, der ‚wilde Dschungel‘ berge große Gefahren“, erzählt die Frau heute. „Sie schrieb mir oft und wollte immer wissen, ob es mir auch wirklich gut gehe. Etwa drei Wochen nach jener seltsamen Erscheinung erhielt ich die schriftliche Nachricht, daß meine Großmutter gestorben sei. Es war genau der Tag, wo sie mir nachts erschienen war. Für mich ist heute klar, daß sie sich nach dem Tode endlich selbst davon überzeugen wollte, wie es mir geht. Da sie nun nicht mehr an Zeit oder Raum gebunden war, suchte sie mich in Südamerika auf. Als sie mit eigenen Augen sah, daß ich wohlbehalten war, konnte sie sich beruhigt in die höheren Reiche zurückziehen.“

Den Tod gar nicht bemerkt

Manche Menschen, die sich während ihres Erdenlebens nicht für geistige Dinge interessierten, realisieren zuerst gar nicht, daß sie sich im Jenseits befinden. Sie machen weiter wie auf Erden – wälzen dieselben Probleme, jagen denselben Terminen oder auch Frauen nach, unterrichten, forschen, malen oder reparieren genauso, wie sie es in ihrem irdischen Berufe taten.

Es kann überraschend lange dauern, bis einem Verstorbenen allmählich dämmert, daß er nicht mehr unter den ‚Lebenden‘ weilt. Der Besitzer einer chemischen Farbenfabrik beispielsweise, der durch einen Schlaganfall aus dem Leben schied, ‚arbeitete‘ längere Zeit jeden Tag in seiner Fabrik weiter. Als er schließlich begriff, daß er gestorben war, zog ihn seine Traurigkeit zu seinen hinterbliebenen Angehörigen hin. Er begann nun, sie des nachts, wenn sie schliefen und ihn in seiner Jenseitssphäre besuchten, eifrig zu unterrichten und auch zu trösten, damit sie am nächsten Morgen gestärkt und inspiriert aufwachen sollten. Erst nach längerer Zeit, nachdem ihm selbst tiefere und eindringlichere Belehrungen gegeben worden waren, zog er sich allmählich in sich selbst zurück, um sich für die Erhebung in höhere Reiche vorzubereiten.

Ähnlich mag sich eine Mutter, die frühzeitig aus ihrem Leben gerissen wurde, um ihre verwaisten Kinder bemühen und ihnen im Schlafe Trost und Inspiration schenken. Irgendwann kann sie sich dann von ihren Liebsten lösen und in den inneren Reichen weiterschreiten. Desgleichen vermag ein früh verstorbenes Kind in der Nacht seine Eltern zu trösten, indem es ihnen versichert, daß es glücklich, froh und gesund sei.

Die geschilderten Vorgänge sind Beispiele dessen, was Menschen mit durchschnittlichem Bewußtsein kurz nach dem Tode erleben mögen. Durch das Ablegen ihres physischen Körpers hat sich am Wesen und Charakter des Verstorbenen nichts verändert. Deshalb kehren manche Verstorbenen in den Stunden und Tagen nach ihrem Ableben zu jenen Menschen zurück, die sie lieben; oder sie besuchen jenen Ort, der in ihrer Vorstellung am stärksten lebendig ist, sei es nun ihr Haus, ihre Wohnung oder der Arbeitsplatz.

Der Verstorbene trifft also zuerst im Jenseits auf ziemlich genau die Welt, in der er auf der Erde lebte. Dem ist so, weil sich in der körperlosen Sphäre jede Vorstellung sofort verwirklicht. Denkt der Verstorbene an sein Haus, sieht er es schon vor sich; erinnert er sich an seine fröhlich spielenden Kinder, sind diese in seiner Vorstellung bei ihm im Garten und ins Spiel vertieft. Dies bedeutet also, daß es keinen ‚allgemeingültigen Himmel‘ gibt, sondern jeder Mensch sich seinen ‚Himmel‘ selber denkt und vorstellt, wenn er ihn denn betritt.

Die einzige Gesetzmäßigkeit betrifft den strukturellen Aufbau der jenseitigen Sphären. Entsprechend der Siebenfältigkeit aller Erscheinungsformen hat auch der Himmel sieben Sphären (über die sieben Körper des Menschen konnten Sie in ZS 9 lesen). In seinem 1927 erschienen Buch ‚Wo sind die Toten?‘ beschrieb der hellsichtige Theosophe Erhard Bäzner die Gliederung der jenseitigen Sphären:

An die physisch sichtbare Welt grenzt die Wunschwelt, auch Astralwelt genannt. Sie ist nicht eigentlich real, sondern eine Art ‚Ausgeburt der Phantasie‘, sprich eine Schöpfung der menschlichen Gefühle und Begierden. Sie ist nicht zum längeren Verbleib der ‚Verstorbenen‘ vorgesehen. Eigentlich sollten diese direkt in höhere, reinere Sphären weitergehen, doch ein kleiner Prozentsatz der Menschheit bleibt hier hängen. Man bezeichnet sie gemeinhin als ‚Erdgebundene‘. Solange sie den Weg in die höheren Sphären nicht gefunden haben, können sie sich nicht wieder verkörpern.