Das tausendfältige Antlitz Gottes

Jeder Mensch ist einzigartig. Dennoch verbindet uns derselbe göttliche Ursprung. Im Bewusstsein dieser Einheit liegt die Kraft, kulturelle und religiöse Gegensätze zu überwinden. So werden wir lernen, das Licht Gottes in den Augen aller Menschen zu erkennen und zu ehren.

„Gott wird keinen Menschen nach seiner Hautfarbe fragen. Gott wird fragen, was der Mensch getan hat.“

Sikh-Religion

Gerade jetzt, wo mit dem Wassermann-Zeitalter die Ära der Einheit aller Religionen, ihr Aufgehen in einer allumfassenden, universalen Religion angebrochen ist – gerade jetzt fechten die Dämonen von Fanatismus und Trennung ihren(hoffentlich)letzten, schauerlichen Kampf. Mögen diese für die Terrorschläge in den USA verantwortlichen Muslime auch nur als Marionetten benutzt worden sein, so ist es doch religiöser Fanatismus, der sie das, was ihr Glaubensbegründer lehrte, vergessen läßt.

Die Menschheit ist ein herrlich bunter Wandteppich, gewoben aus unzähligen, verschiedenfarbigen Fäden. Jeder Faden ist einzigartig, weil jeder Mensch einzigartig ist. Wir kennen das Ideal der Gleichheit–und verstehen darunter meistens Gleichmacherei und Uniformität. Kein einziger Schneekristall ist jedoch gleich wie ein anderer; wie sollen es dann die Menschen sein? In Wahrheit bedeutet Gleichheit, frei zu sein von Kritik und Urteil, weder zu verurteilen, noch verurteilt zu werden. Wenn wir diese Form der Gleichheit praktizieren, dann kommen wir in die Einheit hinein. Wir erkennen, daß wir alle eine Melodie spielen in der großen Sinfonie des Lebens.

Das Wesen des Buddha

Fanatismus ist immer fehl am Platz, weil er ein Extrem ist. Wie Buddha müssen wir Menschen jedoch der Spur des Pfeiles folgen und auf dem schmalen, goldenen Pfad der Ausgeglichenheit wandeln. Stellen Sie sich eine Pyramide vor, deren Spitze nur die Breite eines Haares aufweist. Auf dieser schmalen Spitze steht freischwebend ein goldener Stab von Armeslänge in absoluter Stille. Kein noch so großer Sturm, kein Erdbeben vermag diesen Stab zu erschüttern – das ist die Gelassenheit des Buddha.

Nichts kann die Ausgeglichenheit des Buddha aus dem Lotbringen. Auch nicht die Katastrophe von New York. Denn wer selbst mitleidet und die Kontrolle über seine Gefühle verliert, der kann seinen in Not geratenen Mitmenschen nicht mehr helfen. Er ist selbst in den Treibsand der Verzweiflung geraten.

Das heißt nun aber nicht, daß der Buddha kein Mitgefühl hätte. Im Gegenteil. Sein Verständnis und seine Liebe für die Menschheit ist so groß, daß die Buddhisten glauben, Buddha halte die ganze Welt in seinen tröstenden Armen umfangen. Erkennt die Schmerzen der Welt sehr wohl, doch er hat sie durch Liebe überwunden.

Diese vollkommene Gelassenheit des Buddha ist wie ein unverrückbarer Fels in der Brandung, ein Leuchtturm, der dem schwankenden und stampfenden Lebensschiff auch im schwersten Sturm sicher den Weg weist.

Das Fundament ist die Liebe. Die Buddhisten nennen ihre Heiligen deshalb Bodhisattvas – zukünftige Buddhas. Sie verkörpern die allumfassende Liebe, jenes dritte Prinzip der Dreifaltigkeit in unserem Herzen, das Jesus als erster Mensch auf Erden in Vollkommenheit lebte. Deshalb nennen wir Ihn heute den Christus. Jene vollkommene Liebe geht der buddhischen Erleuchtung voraus. Beides sind Entwicklungsschritte in der geistigen Evolution des Menschen. Christus oder Bodhisattva –bloß zwei verschiedene Worte für ein und dasselbe: die Verkörperung der unpersönlichen, alles umfangenden Liebe.

In diesem Geist können wir den Opfern von solchen Katastrophen, wie sie in den USA eingetreten sind, helfen – auch wenn wir nicht persönlich vor Ort sind. Unsere Gedanken und Gefühle sind reale Kräfte, die weder an Raum noch Zeit gebunden sind. Wasserforscher Masaru Emoto konnte mit seinen Wasserkristallbildern beispielsweise zeigen, wie die Gebete und das Mitgefühl von Menschen aus aller Welt sich im Trinkwasser der von einem Erdbeben heimgesuchten japanischen Stadt Kobe manifestierten und dieses Wasser energetisch aufluden (vgl. ).Wenn wir also die Menschen von New York in unserer Vorstellung liebevoll in den Armen halten, so fließt unser positiver Energiestrom zu ihnen hin. Sind wir ausgeglichen und mitfühlend wie ein Buddha, werden die Menschen Trost empfinden. Sind wir jedoch selber völlig geschockt und emotional aufgelöst, so wird das ihre Verzweiflung nur stärken.

Das Ideal des Franziskus

Solche Terroranschläge, wie sie New York erlebt hat, sind niemals der Wille Gottes. Sie können auch nicht entschuldigt werden. Und dennoch gilt Goethes wunderbarer Ausspruch von der „Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft.“ Amerika, diese Plastikwelt des Unwirklichen, wo der Schein so viel mehr zählt als das Sein, ist auf brutalste Weise aus seiner Lethargie herausgerissen worden. Für einmal zerbrachen sich junge Mädchen ihren Kopf nicht über Nasenkorrekturen und aufgespritzte Brüste, sondern über dem wahren Sinn des Lebens.

„Weißt du“, erzählte mir eine amerikanische Freundin am Telefon, „wir waren zur Zeit der Attentate in Mexiko, von wo wir am selben Tag in die Staaten zurückfliegen wollten. Das ging natürlich nicht, weil der amerikanische Luftraum ja dicht gemacht worden war. Also hatten wir Gelegenheit, mit den vielen Amerikanern zu reden, die mit uns auf den nächsten Flug warteten. Trotz der schrecklichen Nachricht war ich gerührt, denn ich sah wieder Hoffnung für mein Land: Das allgegenwärtige Shopping und die penetrante amerikanische Vergnügungssucht waren verschwunden. Die Menschen redeten miteinander über die wirklich wichtigen Dinge im Leben, sie trösteten sich gegenseitig und hörten einander endlich wieder einmal richtig zu.“

In diesen schweren Tagen ist die amerikanische Nation zusammengewachsen. Freiwillige aus allen Landesteilen reisten nach New York, um zu helfen. Im Dienst am Mitmenschen suchten sie den eigenen Schmerz zu überwinden. Viele Amerikaner entdeckten die Werte der wahren Brüderlichkeit und des Dienstes am Nächsten, und damit das Ideal des neuen Zeitalters. Wissend oder nicht haben sie Franz von Assisi zum Vorbild, der vor über 700 Jahren schon gebetet hatte: „Hilf mir, oh Herr, daß ich nicht verlange, getröstet zu werden, sondern zu trösten.“