Fünf „Bauernregeln“ für eine neue Zeit

Klar, die bekannten Bauernregeln drehen sich ums Wetter. Doch ist es an der Zeit, daß wir unser Verhältnis zu den Bauern neu definieren – und sie sich und ihr Wirken selbst auch!

1. Ehre den Bauern wie Dich selbst!

Mensch, sei dir bewußt, daß es nicht der Supermarkt, nicht der Großkonzern ist, welcher dich physisch am Leben erhält, sondern der Bauer.

Ohne sein Korn hast du kein Brot, ohne sein Gemüse, seine Kartoffeln und sein Vieh kein Mittag- und kein Abendessen. Blicke daher nicht geringschätzig auf den „schmutzigen, rückständigen“ Landwirt herab, sondern zeige ihm deine Dankbarkeit, indem du ihn mal besuchst. Oder deine Nahrung direkt bei ihm kaufst und ihm einmal Danke sagst für die schönen Äpfel, den leckeren Apfelsaft, das gute Mehl.

Indem du direkt bei ihm kaufst, tust du ihm und der Umwelt viel Gutes: Du reduzierst den Transportirrsinn von einem Ende Europas zum anderen und damit viel unnötigen Lärm und Abgase. Du verhinderst Sklavenarbeit in Gemüseplantagen und den Triumphzug unnatürlicher Produktionsformen wie Hors Sol oder Gentechnologie – denn beide leben vom Massenverkauf im Supermarkt. Du hilfst dir und deinem Körper, indem du reife Nahrung kaufst statt solcher, die zu früh geerntet und dann mit Gas künstlich nachgereift wurde. Denn nur reife Nahrung enthält noch an Vitalstoffen, was unsere leidenden Böden hergeben.

Deine Achtung und Wertschätzung helfen dem Bauern, sich selbst wieder hochzuschätzen. Denn mancher Landwirt leidet darunter, wie ein staatlicher „Almosenempfänger“ behandelt zu werden. Dabei steht er doch eigentlich ganz am Anfang der Unternehmerkette: Ohne seine Arbeit mit dem Boden, dem Wasser und der Luft kann selbst McDonalds keine Hamburger und Nestlé keine Schokoriegel verkaufen.

2. Betrachte die Sache des Bauern auch als Deine!

Überbrücke den Graben – hier die „moderne Gesellschaft“, dort die zurückgebliebenen Bauern. Ja, der Bauer mag manchmal einen harten Kopf haben. Das ist gut verständlich, ist er doch der Bewahrer und nicht der Revolutionär. Ist er doch tief verwurzelt an die Scholle gebunden, und nicht ein multifunktionaler moderner Luftikus. Trage ruhig ein wenig frischen Wind zu ihm hin, aber tue es mit Respekt. Immerhin ist er bald vom Aussterben bedroht. Wußtest du, daß vor hundert Jahren zwischen 40 (Schweiz) und 75 Prozent (Österreich) der Menschen noch in der Landwirtschaft arbeiten mußten, um etwas auf dem Teller zu haben? Da war die Wertschätzung für das Stück Käse zum trockenen, harten Brot noch groß!

Apropos Brot: Kennst du noch das Sprichwort: Hartes Brot ist nicht hart; kein Brot, das ist hart!? Heute blicken uns die Kinder verständnislos an, wenn wir ihnen das sagen, weil sie zwei Tage altes Brot nicht mehr essen wollen. Doch liegt die Zeit noch nicht weit zurück, als Essen rationiert war, ob der Magen knurrte oder nicht, da ein Stück altes Brot Überleben bedeuten konnte. Damals nämlich, als man zu Waffen statt Pflugscharen griff und den Erdboden mit Bombenkratern statt Getreide überzog. Das war in der Schweiz die Zeit, wo die Menschen wie niemals zuvor Solidarität mit den Bauern zeigten. Sie mußten es, denn es ging um ihr eigenes Überleben. In der berühmten „Anbauschlacht“ wurde jeder Zipfel Land bebaut, mit Kartoffeln, Getreide und Gemüse. Die Viehwirtschaft wurde reduziert; da man die Wiesen nicht den Kühen überlassen konnte und Fleisch ein verzichtbarer Luxus war. Die Bauern zogen mit Pferd und Wagen an die Grenze, um die Schweiz vor dem Feind zu sichern. Es war also die Stunde der tapferen Bäuerinnen, ihrer Kinder, des „Großätti“ und „Großmüetti“, die im „Stöckli“ wohnten. Und es war die Stunde der ganzen Bevölkerung, die lernte, was von der Ackerscholle bis zum vollen Teller nötig ist. Und die Teller waren gefüllt! Dank diesem einmaligen, gemeinsamen Anpacken mußte die Schweiz, die vor dem Zweiten Weltkrieg fünfzig Prozent ihres Nahrungsbedarfs hatte importieren müssen, keine Rationierung für Kartoffeln, Getreide und Gemüse einführen.

Zu dieser Zeit wurde auch der Landdienst der Jugend populär: Schüler, die einen Teil ihrer Sommerferien als Helfer auf dem Hof verbrachten. Anstrengende Wochen vielleicht, aber glückliche, weil naturverbundene, die zugleich den Charakter schulten. Wie wäre es, den Landdienst heute wieder populär zu machen?

Er könnte dabei vom Gesetz der Exklusivität profitieren: Es ist gar nicht mehr so einfach, einen Platz auf einem Hof zu finden. Denn heute arbeiten gerade noch mal drei Prozent der Bevölkerung für die Grundlage zum Leben der ganzen Hundert!

Helfen wir mit, daß es nicht noch weniger werden. Daß aus dem Bauer nicht aus schierem Zwang zur Größe ein kalt kalkulierender Bodenindustrieller wird. Es reicht, wenn die Nahrung später in die Mühlen der Industrie gerät.

3. Bauer, liebe Deine Arbeit wie Dich selbst!

Erstens einmal, werter Bauer, liebe dich für das, was du tust. Schiele nicht nach einem „leichteren“ Leben mit festem Feierabend und zugesicherten Ferien. Denn Bauer sein ist nicht einfach Beruf, es ist immer auch eine Berufung. Bist du auf einem Hof geboren, dann kann es gut sein, daß er deine Lebensaufgabe ist. Sieh, welche Vorteile du hast: Du bist dein eigener Herr und Meister (vergiß die Kontrolleure und die Funktionäre, auch wenn sie manchmal lästig wie Zecken sein mögen – es reicht, daß du dich mit ihnen beschäftigst, wenn sie vorbeischauen). Sei dir bewußt, daß dir eine große Chance gegeben wurde: Zu einem Leben mit ganz viel Echtheit. Mit wahren Werten. Und einer Einfachheit, die erst die Seele glücklich macht. Das Glück liegt nicht in möglichst vielen Dingen, nicht in tausend kleinen Freiheiten. Das Glück liegt im sinnreichen, hingebungsvollen Tun für eine wichtige Sache. Nebenbei: Wer hat heute noch so eine exklusive Wohnlage wie du? Umgeben von nichts als Natur, mit weitem Blick und wenig Lärm? Wer das Glück, mit der Partnerin zusammen den Alltag zu gestalten? Den Kindern sinnvolle Freizeitbeschäftigungen bieten zu können, indem sie nämlich mit anpacken, statt vor dem Computerbildschirm Stielaugen zu bekommen? Wer kann ein so ganzheitliches, gemeinschaftliches Leben führen mit seiner Familie? Wer erlebt schon die wohlige Müdigkeit eines Tages körperlicher Arbeit an frischer Luft, statt völlig verzerrter Nerven und flimmernder Augen nach einem hektischen Tag im klimatisierten Großraumbüro, garniert mit ein wenig Mobbing von ebenso gestreßten Mitarbeitern?

4. Bauer, sieh Dich als Hüter der Erde!

Ah, jetzt wird’s kitschig, denkst du vielleicht. Warum denn? Ist es nicht so, daß ohne den Bauern die Landschaft veröden und verwildern würde? Wir statt über gepflegte Wiesen zu schlendern uns durch Brombeergestrüpp kämpfen müßten? Ohne deine Obhut, Bauer, wird aus Kulturland Brache – und aus Brache irgendwann Beton. Denn der Profit frißt alles, was zum Fraße freiliegt. Du sorgst also mit deiner Tätigkeit nicht nur dafür, daß wir zu essen haben, sondern auch, daß sich unsere Länder nicht in wuchernde Agglomerationswüsten oder endlose Einfamilienhäuserplantagen verwandeln.

Was wäre der Frühling ohne die gelben Rapsfelder und den Jubelgesang der Kirschblüten? Der Sommer ohne den wogenden Weizen und der Herbst ohne diese wunderbaren Düfte der Erde, die leise auf den Äckern glimmenden Feuer, die Kisten voller bunter Äpfel… und was wären die Alpenländer ohne weidende Kühe? Nicht mehr interessant für die Japaner! Das war jetzt übrigens ein Scherz, oder wenigstens der Versuch dazu.

Ja, Bauer, das gehört zu den Geschenken, die du deinem Volke machst. Und es würde diesem gut anstehen, sie wenigstens mal als solche wahrzunehmen, auch wenn sie nicht in schönes Papier verpackt und mit Schleife versehen sind. Ohne Bauer gibt es keine Landschaft! Ohne Bauer gibt es Steppen und Urwald und Wüsten, aber kein schönes Land, welches das Auge beglückt und die Seele nährt.

5. Bauer, liebe die Dir Anvertraute Schöpfung!

Jetzt wird’s noch kitschiger… doch es muß sein! Bauer, du bestimmst mit deiner Haltung, ob du der Freund der Erde bist, der Freund des Wetters, der Freund deiner Tiere – oder ihr Feind. Siehst du sie mit Besorgnis, Geringschätzung, Furcht oder Ärger, dann bist du ihr Feind. Und wie es sich für Feinde gehört, müssen sie kämpfen. Und verwandeln dabei manch einen Hof in einen heimlichen Kriegsschauplatz, bei dem alle leiden – die Krume unter dem Gift, die Pflanzen unter der Gentechnik, die Tiere unter der Haltung und vollkommenen Lieblosigkeit, und der Bauer – ja, der Bauer leidet auch. Der Bauer leidet dann unter all der „Plackerei“, ohne zu wissen, warum. Doch wer Leid sät, kann keine Freude ernten. Das müßte denen, die wissen, daß wenn sie Weizen säen, keine Gerste wachsen wird, eigentlich einleuchten. Doch manchmal erkennt man das, was am nächsten liegt, überhaupt nicht mehr. Weil es eben so selbstverständlich geworden ist.

Genauso, wie kein Heilmittel den Körper gesunden läßt, sondern dem Körper höchstens helfen kann, sich selbst schneller zu heilen, genauso ist es nicht der Bauer, der die Kartoffel macht. Er kann ihr nur ideale Bedingungen verschaffen. Der Rest ist „Gottes Werk“ – oder wie auch immer du es nennen willst. Etwas Eigenständiges, Höheres lebt in der Natur, und das ist es, was Leben hervorbringt. Manche nennen es ganz einfach den „Geist Gottes“. Jedenfalls ist auch der Gentechniker nicht in der Lage, Wachstum hervorzubringen. Er kann es allenfalls ankicken oder manipulieren. Die Kraft, die dem Samen innewohnt, kommt nicht vom Menschen. Sie ist geheimnisvoll. Sie ist die ursprüngliche Kraft des Lebens – und über diese hat kein Mensch die Macht.

Jetzt wird’s noch kitschiger… doch es muß sein! Bauer, du bestimmst mit deiner Haltung, ob du der Freund der Erde bist, der Freund des Wetters, der Freund deiner Tiere – oder ihr Feind. Siehst du sie mit Besorgnis, Geringschätzung, Furcht oder Ärger, dann bist du ihr Feind. Und wie es sich für Feinde gehört, müssen sie kämpfen. Und verwandeln dabei manch einen Hof in einen heimlichen Kriegsschauplatz, bei dem alle leiden – die Krume unter dem Gift, die Pflanzen unter der Gentechnik, die Tiere unter der Haltung und vollkommenen Lieblosigkeit, und der Bauer – ja, der Bauer leidet auch. Der Bauer leidet dann unter all der „Plackerei“, ohne zu wissen, warum. Doch wer Leid sät, kann keine Freude ernten. Das müßte denen, die wissen, daß wenn sie Weizen säen, keine Gerste wachsen wird, eigentlich einleuchten. Doch manchmal erkennt man das, was am nächsten liegt, überhaupt nicht mehr. Weil es eben so selbstverständlich geworden ist. Genauso, wie kein Heilmittel den Körper gesunden läßt, sondern dem Körper höchstens helfen kann, sich selbst schneller zu heilen, genauso ist es nicht der Bauer, der die Kartoffel macht. Er kann ihr nur ideale Bedingungen verschaffen. Der Rest ist „Gottes Werk“ – oder wie auch immer du es nennen willst. Etwas Eigenständiges, Höheres lebt in der Natur, und das ist es, was Leben hervorbringt. Manche nennen es ganz einfach den „Geist Gottes“. Jedenfalls ist auch der Gentechniker nicht in der Lage, Wachstum hervorzubringen. Er kann es allenfalls ankicken oder manipulieren. Die Kraft, die dem Samen innewohnt, kommt nicht vom Menschen. Sie ist geheimnisvoll. Sie ist die ursprüngliche Kraft des Lebens – und über diese hat kein Mensch die Macht.

Die richtige Haltung des Bauern liegt also in der Erkenntnis, daß er der „Geburtshelfer“ für eine großartige Ernte ist, und nicht ihr Erzeuger. Er ist nur ein Glied in einer Kette, die auch aus dem Boden, dem Sonnenschein, dem Regen, der Wärme, dem Wind besteht. Und wenn all diese Glieder vollkommen ineinander greifen, hängt am Ende dieser Kette das Füllhorn einer wunderbaren Ernte. Schwächelt ein Kettenglied, wird das Füllhorn weniger voll sein, egal, wie stark das Kettenglied des Bauern auch sein mag. Und wenn er mit Gewalt versucht, mit Chemie und Technik, herbeizuzwingen, was sich natürlich nicht einstellen will, dann mag er kurzfristig Gewinn daraus ziehen. Doch langfristig sägt er die übrigen Kettenglieder an, und eines Tages reißen sie.

Es gibt aber auch Bauern, die haben sich entschieden, die Natur zum Mitarbeiter zu machen. Die erleben verblüfft, wie die ganze Natur nur darauf wartet, mit ihnen zusammenzuarbeiten beim Hervorbringen grandioser, beglückender Ernten. Sie stehen für jene Gruppe „neuer“ Bauern, welche ihre Berufung mit Liebe, Demut und Lernbereitschaft ausüben – und dafür mit Staunen, Freude und herzförmigen Kartoffeln belohnt werden. Und dem wunderbaren Gefühl, ein Freund der Schöpfung zu sein.

Fünf „Bauernregeln“ für eine neue Zeit

Klar, die bekannten Bauernregeln drehen sich ums Wetter. Doch ist es an der Zeit, daß wir unser Verhältnis zu den Bauern neu definieren – und sie sich und ihr Wirken selbst auch!

1. Ehre den Bauern wie Dich selbst!

Mensch, sei dir bewußt, daß es nicht der Supermarkt, nicht der Großkonzern ist, welcher dich physisch am Leben erhält, sondern der Bauer. Ohne sein Korn hast du kein Brot, ohne sein Gemüse, seine Kartoffeln und sein Vieh kein Mittag- und kein Abendessen. Blicke daher nicht geringschätzig auf den „schmutzigen, rückständigen“ Landwirt herab, sondern zeige ihm deine Dankbarkeit, indem du ihn mal besuchst. Oder deine Nahrung direkt bei ihm kaufst und ihm einmal Danke sagst für die schönen Äpfel, den leckeren Apfelsaft, das gute Mehl. Indem du direkt bei ihm kaufst, tust du ihm und der Umwelt viel Gutes: Du reduzierst den Transportirrsinn von einem Ende Europas zum anderen und damit viel unnötigen Lärm und Abgase. Du verhinderst Sklavenarbeit in Gemüseplantagen und den Triumphzug unnatürlicher Produktionsformen wie Hors Sol oder Gentechnologie – denn beide leben vom Massenverkauf im Supermarkt. Du hilfst dir und deinem Körper, indem du reife Nahrung kaufst statt solcher, die zu früh geerntet und dann mit Gas künstlich nachgereift wurde. Denn nur reife Nahrung enthält noch an Vitalstoffen, was unsere leidenden Böden hergeben. Deine Achtung und Wertschätzung helfen dem Bauern, sich selbst wieder hochzuschätzen. Denn mancher Landwirt leidet darunter, wie ein staatlicher „Almosenempfänger“ behandelt zu werden. Dabei steht er doch eigentlich ganz am Anfang der Unternehmerkette: Ohne seine Arbeit mit dem Boden, dem Wasser und der Luft kann selbst McDonalds keine Hamburger und Nestlé keine Schokoriegel verkaufen.

2. Betrachte die Sache des Bauern auch als Deine!

Überbrücke den Graben – hier die „moderne Gesellschaft“, dort die zurückgebliebenen Bauern. Ja, der Bauer mag manchmal einen harten Kopf haben. Das ist gut verständlich, ist er doch der Bewahrer und nicht der Revolutionär. Ist er doch tief verwurzelt an die Scholle gebunden, und nicht ein multifunktionaler moderner Luftikus. Trage ruhig ein wenig frischen Wind zu ihm hin, aber tue es mit Respekt. Immerhin ist er bald vom Aussterben bedroht. Wußtest du, daß vor hundert Jahren zwischen 40 (Schweiz) und 75 Prozent (Österreich) der Menschen noch in der Landwirtschaft arbeiten mußten, um etwas auf dem Teller zu haben? Da war die Wertschätzung für das Stück Käse zum trockenen, harten Brot noch groß! Apropos Brot: Kennst du noch das Sprichwort: Hartes Brot ist nicht hart; kein Brot, das ist hart!? Heute blicken uns die Kinder verständnislos an, wenn wir ihnen das sagen, weil sie zwei Tage altes Brot nicht mehr essen wollen. Doch liegt die Zeit noch nicht weit zurück, als Essen rationiert war, ob der Magen knurrte oder nicht, da ein Stück altes Brot Überleben bedeuten konnte. Damals nämlich, als man zu Waffen statt Pflugscharen griff und den Erdboden mit Bombenkratern statt Getreide überzog. Das war in der Schweiz die Zeit, wo die Menschen wie niemals zuvor Solidarität mit den Bauern zeigten. Sie mußten es, denn es ging um ihr eigenes Überleben. In der berühmten „Anbauschlacht“ wurde jeder Zipfel Land bebaut, mit Kartoffeln, Getreide und Gemüse. Die Viehwirtschaft wurde reduziert; da man die Wiesen nicht den Kühen überlassen konnte und Fleisch ein verzichtbarer Luxus war. Die Bauern zogen mit Pferd und Wagen an die Grenze, um die Schweiz vor dem Feind zu sichern. Es war also die Stunde der tapferen Bäuerinnen, ihrer Kinder, des „Großätti“ und „Großmüetti“, die im „Stöckli“ wohnten. Und es war die Stunde der ganzen Bevölkerung, die lernte, was von der Ackerscholle bis zum vollen Teller nötig ist. Und die Teller waren gefüllt! Dank diesem einmaligen, gemeinsamen Anpacken mußte die Schweiz, die vor dem Zweiten Weltkrieg fünfzig Prozent ihres Nahrungsbedarfs hatte importieren müssen, keine Rationierung für Kartoffeln, Getreide und Gemüse einführen. Zu dieser Zeit wurde auch der Landdienst der Jugend populär: Schüler, die einen Teil ihrer Sommerferien als Helfer auf dem Hof verbrachten. Anstrengende Wochen vielleicht, aber glückliche, weil naturverbundene, die zugleich den Charakter schulten. Wie wäre es, den Landdienst heute wieder populär zu machen? Er könnte dabei vom Gesetz der Exklusivität profitieren: Es ist gar nicht mehr so einfach, einen Platz auf einem Hof zu finden. Denn heute arbeiten gerade noch mal drei Prozent der Bevölkerung für die Grundlage zum Leben der ganzen Hundert! Helfen wir mit, daß es nicht noch weniger werden. Daß aus dem Bauer nicht aus schierem Zwang zur Größe ein kalt kalkulierender Bodenindustrieller wird. Es reicht, wenn die Nahrung später in die Mühlen der Industrie gerät.

3. Bauer, liebe Deine Arbeit wie Dich selbst!

Erstens einmal, werter Bauer, liebe dich für das, was du tust. Schiele nicht nach einem „leichteren“ Leben mit festem Feierabend und zugesicherten Ferien. Denn Bauer sein ist nicht einfach Beruf, es ist immer auch eine Berufung. Bist du auf einem Hof geboren, dann kann es gut sein, daß er deine Lebensaufgabe ist. Sieh, welche Vorteile du hast: Du bist dein eigener Herr und Meister (vergiß die Kontrolleure und die Funktionäre, auch wenn sie manchmal lästig wie Zecken sein mögen – es reicht, daß du dich mit ihnen beschäftigst, wenn sie vorbeischauen). Sei dir bewußt, daß dir eine große Chance gegeben wurde: Zu einem Leben mit ganz viel Echtheit. Mit wahren Werten. Und einer Einfachheit, die erst die Seele glücklich macht. Das Glück liegt nicht in möglichst vielen Dingen, nicht in tausend kleinen Freiheiten. Das Glück liegt im sinnreichen, hingebungsvollen Tun für eine wichtige Sache. Nebenbei: Wer hat heute noch so eine exklusive Wohnlage wie du? Umgeben von nichts als Natur, mit weitem Blick und wenig Lärm? Wer das Glück, mit der Partnerin zusammen den Alltag zu gestalten? Den Kindern sinnvolle Freizeitbeschäftigungen bieten zu können, indem sie nämlich mit anpacken, statt vor dem Computerbildschirm Stielaugen zu bekommen? Wer kann ein so ganzheitliches, gemeinschaftliches Leben führen mit seiner Familie? Wer erlebt schon die wohlige Müdigkeit eines Tages körperlicher Arbeit an frischer Luft, statt völlig verzerrter Nerven und flimmernder Augen nach einem hektischen Tag im klimatisierten Großraumbüro, garniert mit ein wenig Mobbing von ebenso gestreßten Mitarbeitern?

4. Bauer, sieh Dich als Hüter der Erde!

Ah, jetzt wird’s kitschig, denkst du vielleicht. Warum denn? Ist es nicht so, daß ohne den Bauern die Landschaft veröden und verwildern würde? Wir statt über gepflegte Wiesen zu schlendern uns durch Brombeergestrüpp kämpfen müßten? Ohne deine Obhut, Bauer, wird aus Kulturland Brache – und aus Brache irgendwann Beton. Denn der Profit frißt alles, was zum Fraße freiliegt. Du sorgst also mit deiner Tätigkeit nicht nur dafür, daß wir zu essen haben, sondern auch, daß sich unsere Länder nicht in wuchernde Agglomerationswüsten oder endlose Einfamilienhäuserplantagen verwandeln. Was wäre der Frühling ohne die gelben Rapsfelder und den Jubelgesang der Kirschblüten? Der Sommer ohne den wogenden Weizen und der Herbst ohne diese wunderbaren Düfte der Erde, die leise auf den Äckern glimmenden Feuer, die Kisten voller bunter Äpfel… und was wären die Alpenländer ohne weidende Kühe? Nicht mehr interessant für die Japaner! Das war jetzt übrigens ein Scherz, oder wenigstens der Versuch dazu. Ja, Bauer, das gehört zu den Geschenken, die du deinem Volke machst. Und es würde diesem gut anstehen, sie wenigstens mal als solche wahrzunehmen, auch wenn sie nicht in schönes Papier verpackt und mit Schleife versehen sind. Ohne Bauer gibt es keine Landschaft! Ohne Bauer gibt es Steppen und Urwald und Wüsten, aber kein schönes Land, welches das Auge beglückt und die Seele nährt.

5. Bauer, liebe die Dir Anvertraute Schöpfung!

Jetzt wird’s noch kitschiger… doch es muß sein! Bauer, du bestimmst mit deiner Haltung, ob du der Freund der Erde bist, der Freund des Wetters, der Freund deiner Tiere – oder ihr Feind. Siehst du sie mit Besorgnis, Geringschätzung, Furcht oder Ärger, dann bist du ihr Feind. Und wie es sich für Feinde gehört, müssen sie kämpfen. Und verwandeln dabei manch einen Hof in einen heimlichen Kriegsschauplatz, bei dem alle leiden – die Krume unter dem Gift, die Pflanzen unter der Gentechnik, die Tiere unter der Haltung und vollkommenen Lieblosigkeit, und der Bauer – ja, der Bauer leidet auch. Der Bauer leidet dann unter all der „Plackerei“, ohne zu wissen, warum. Doch wer Leid sät, kann keine Freude ernten. Das müßte denen, die wissen, daß wenn sie Weizen säen, keine Gerste wachsen wird, eigentlich einleuchten. Doch manchmal erkennt man das, was am nächsten liegt, überhaupt nicht mehr. Weil es eben so selbstverständlich geworden ist. Genauso, wie kein Heilmittel den Körper gesunden läßt, sondern dem Körper höchstens helfen kann, sich selbst schneller zu heilen, genauso ist es nicht der Bauer, der die Kartoffel macht. Er kann ihr nur ideale Bedingungen verschaffen. Der Rest ist „Gottes Werk“ – oder wie auch immer du es nennen willst. Etwas Eigenständiges, Höheres lebt in der Natur, und das ist es, was Leben hervorbringt. Manche nennen es ganz einfach den „Geist Gottes“. Jedenfalls ist auch der Gentechniker nicht in der Lage, Wachstum hervorzubringen. Er kann es allenfalls ankicken oder manipulieren. Die Kraft, die dem Samen innewohnt, kommt nicht vom Menschen. Sie ist geheimnisvoll. Sie ist die ursprünglicheKraft des Lebens – und über diese hat kein Mensch die Macht. Die richtige Haltung des Bauern liegt also in der Erkenntnis, daß er der „Geburtshelfer“ für eine großartige Ernte ist, und nicht ihr Erzeuger. Er ist nur ein Glied in einer Kette, die auch aus dem Boden, dem Sonnenschein, dem Regen, der Wärme, dem Wind besteht. Und wenn all diese Glieder vollkommen ineinander greifen, hängt am Ende dieser Kette das Füllhorn einer wunderbaren Ernte. Schwächelt ein Kettenglied, wird das Füllhorn weniger voll sein, egal, wie stark das Kettenglied des Bauern auch sein mag. Und wenn er mit Gewalt versucht, mit Chemie und Technik, herbeizuzwingen, was sich natürlich nicht einstellen will, dann mag er kurzfristig Gewinn daraus ziehen. Doch langfristig sägt er die übrigen Kettenglieder an, und eines Tages reißen sie. Es gibt aber auch Bauern, die haben sich entschieden, die Natur zum Mitarbeiter zu machen. Die erleben verblüfft, wie die ganze Natur nur darauf wartet, mit ihnen zusammenzuarbeiten beim Hervorbringen grandioser, beglückender Ernten. Sie stehen für jene Gruppe „neuer“ Bauern, welche ihre Berufung mit Liebe, Demut und Lernbereitschaft ausüben – und dafür mit Staunen, Freude und herzförmigen Kartoffeln belohnt werden. Und dem wunderbaren Gefühl, ein Freund der Schöpfung zu sein.