Lawrence of Arabia: Auch Helden sind nicht unsterblich...

… denn öfter als nicht kehren sie als ganz normale Leute auf die Erde zurück. Beim Anblick des Filmes „Lawrence von Arabien“ geschah es – die Seele eines jungen Mannes von heute wurde von aufwühlenden Erinnerungen erschüttert. Lesen Sie hier vom beinahe unglaublichen Leben eines der größten Helden des 20. Jahrhunderts – und welche Charakterähnlichkeiten er mit in sein gegenwärtiges Erdenleben gebracht hat.

Wir sind nicht das Produkt des Augenblicks, sondern die Frucht der Geschichte. Unserer eigenen Geschichte, die oftmals viele zehntausende Jahre zurückreicht. So sind unsere Vorlieben, Neigungen und Talente weder eine Kapriole des Zufalls noch lediglich von unseren Eltern vererbt. Denn in Wirklichkeit sind wir unsere eigenen Ahnen und unsere Genetik ist nur die Verschlüsselung dessen, was wir in früheren Existenzen aus uns gemacht haben. Wenn dies in Übereinstimmung mit den Genen unserer Eltern liegt, dann nicht, weil dies uns die Gene weitergegeben haben, sondern weil wir aufgrund unserer eigenen Genetik Eltern aussuchten, die ähnlich ticken – damit wir wieder wir selbst sein können. Lawrence of Arabia In der letzten Ausgabe berichteten wir über einen Menschen, der in einem früheren Leben der beinahe vergessene Trafalgar-Sieger Admiral Collingwood war. Nun befassen wir uns mit einer noch schillernderen Verkörperung. Damit wollen wir die Tatsache der Reinkarnation auch für kritische Geister plausibel machen – am konkreten erlebten Beispiel. Denn kein Wissenschaftler kann bis heute wirklich erklären, weshalb es Wunderkinder gibt – einen Mozart beispielsweise. Menschen, die mit Fähigkeiten in diese Welt kommen, welche andere auch in einem langen Leben des Übens nicht erwerben könnten. Wiederverkörperung heißt die simple und logische Erklärung dafür: Solche Menschen haben ihr Talent schon in früheren Leben aufgebaut und bringen es nun – zur Reife erblüht – wieder mit. Andererseits sollen diese Reinkarnationsartikel aufzeigen, wie sehr wir selbst im heutigen Leben vom Fühlen, Denken und Handeln aus unseren früheren Existenzen beeinflusst werden. Mögen wir aus dieser Erkenntnis heraus mehr Verständnis für die Eigenarten und Schwächen unserer Mitmenschen entwickeln!

Sie verstehen bestimmt, dass wir die heutige Identität dieser Personen nicht enthüllen können. Wer möchte schon immer auf sein Vorleben angesprochen werden – sei es in (unangenehmer) Bewunderung oder aber in beißendem Hohn und Spott. Wir werden schließlich nicht grundlos mit dem „Band des Vergessens“ geboren, sollen wir doch das neue Erdenleben „frisch von der Leber weg“ leben dürfen, unbelastet von der Erinnerung um frühere Triumphe oder Übeltaten. Für die meisten von uns fiele die Bilanz aus früheren Tagen ohnehin so aus, dass sie mehr Soll als Haben, mehr Bürde als Zierde wäre. Und an Prüfungen bietet diese eine aktuelle Verkörperung doch in der Regel schon mehr als genug!

Deshalb empfehlen wir es niemandem, eine Reinkarnationstherapie oder Rückführung zu machen. Sind wir nämlich an einen Punkt in unserer geistigen Entwicklung gelangt, wo wir Erinnerungen an Vorleben haben dürfen oder vielleicht sogar haben sollen, dann wird es uns auch offenbar gemacht – ohne dass wir dies in Halb- oder Volltrance bei einem Therapeuten erzwingen.

Aber manchmal lässt sich das Heute besser und tiefer verstehen, wenn man das Damals kennt. Das trifft auch auf einen Menschen zu, den wir in langen Gesprächen persönlich kennenlernen durften.

Achterbahn vor der Flimmerkiste

Unser heutiger „Fall“ machte keine Reinkarnationstherapie – dafür wäre er wohl auch noch zu jung. Die frühere Verkörperung überfiel ihn jählings und völlig unerwartet an einem Novemberabend, als er ausgestreckt auf dem Sofa in der guten Stube lag. Der junge Mann, 18 Lenze an der Zahl, hatte sich von seinen Eltern überreden lassen, mit ihnen einen Klassiker der Filmgeschichte anzuschauen: David Leans Meisterwerk Lawrence of Arabia, im Jahre 1962 charismatisch gespielt von Peter O’Toole. Dass die Eltern fanden, er müsse den Film unbedingt sehen, hatte einen guten Grund: Vor Jahren schon offenbarte das Kind, es empfinde eine unerklärliche, tiefe Liebe für die arabischen Völker (ziemlich ungewöhnlich in den Jahren nach 9/11!), welche nur noch übertroffen werde von seiner Liebe zu allem, was Englisch ist – Mann und Land. Und da Thomas Edward Lawrence (so der bürgerliche Name von „Lawrence von Arabien“) Engländer gewesen war und im ersten Weltkrieg für ein befreites Arabien gekämpft hatte, waren sich Jans Eltern sicher, dass der Film ganz nach dem Geschmack ihres Sprösslings wäre.

Bei der Szene, wo Lawrence mit seinen arabischen Kämpfern losreitet, um die Türkenfestung in Akaba zu stürmen, rennt Jan zur Toilette und übergibt sich mehrmals. War ihm zuvor schlecht gewesen? Nein, keineswegs. Verwundert und etwas durch den Wind setzt sich Jan, um den Film weiter anzusehen. Und gerade als die Szene beginnt, wo Lawrence gezwungen ist, einen seiner Gefährten, der einen Mord begangen hat, eigenhändig zu erschießen, um eine Blutfehde zwischen den Stämmen zu vermeiden, eilt Jan ein zweites Mal zum stillen Örtchen und erbricht noch heftiger als das erste Mal.

Die Verwunderung von Jans Eltern schlägt in Besorgnis um. Was ist nur los mit ihm? Da blitzt plötzlich allen dreien derselbe Gedanke im Kopf auf: Was sie da auf dem Bildschirm betrachten, das hat Jan in seinem letzten Leben erlebt.

Ganz offensichtlich hatte der Anblick zweier emotionaler Schlüsselszenen die in Jans Ätherkörper schlummernden Erinnerungen so stark aufgerüttelt, dass der physische Körper augenblicklich mit Übelkeit darauf reagierte. Denn im feinstofflichen Ätherkörper, der den Körper wie eine zweite Haut umgibt, sind sämtliche Erfahrungen aus all unseren Inkarnationen festgehalten. Er ist das Speicherhaus, auf welches die rationale linke Gehirnhälfte unseres Tagesbewusstseins normalerweise keinen Zugriff hat (aufgrund des ätherischen „Band des Vergessens“). Wenn jemand beispielsweise eine tiefe, unerklärliche Angst vor Wasser hat, liegt der Grund dafür wahrscheinlich in einem unbewussten Erinnerungsreflex an eine lebensbedrohliche Situation im Wasser – womöglich sogar Tod durch Ertrinken.

Als Jan das zweite Mal von der Toilette zurückkommt, klagt er: „Aaah, ich habe die schlimmsten Kopfschmerzen meines Lebens. Mein Gott, tut das weh!“ Dabei leidet Jan ansonsten nie an Kopfweh. Ein, zwei Minuten später sind diese schädelspaltenden Schmerzen ebenso plötzlich verschwunden wie sie gekommen sind, genauso wie die Übelkeit. Da erinnert sich Jans Mutter, dass T.E. Lawrence mit 46 Jahren nach einem Motorradunfall an schweren Kopfverletzungen gestorben war. Denn auch der „Geist des Fleisches“ – unser Körperelemental, welches den physischen Körper durch jede Inkarnation hinweg für uns „am Laufen“ hält – kann sich unabhängig von uns erinnern. Unser „Körper“ ist nämlich stets derselbe, auch wenn er seine physische Erscheinung von Inkarnation zu Inkarnation ändern mag. Und so wurde Jans Körper mit dem Aufbrechen von dessen ätherischen Erinnerungen ebenfalls an die heftigen Kopfschmerzen erinnert, die ihm schließlich den Tod brachten.

In Bezug auf Jan erklärt das, weshalb der ansonsten mutige Junge den Motorroller, welchen seine älteren Brüder stets gern gefahren haben, unbeachtet vor der Haustür stehen lässt. Nur einmal ließ er sich dazu breitschlagen, hinten auf dem Mitfahrersitz Platz zu nehmen – und durchlitt während der kurzen Spritzfahrt durchs Wohnquartier Seelenqualen vor Angst. Seither kann ihn nichts und niemand mehr dazu bewegen, seinen Hintern auf eine solch zweirädrige Höllenmaschine zu setzen.

In den Wochen nach dem denkwürdigen Filmabend stellten Jans Eltern einige Nachforschungen über „Lawrence von Arabien“ an, was nicht schwierig ist, gehört er doch zu den größten Legenden des 20. Jahrhunderts. Die Biographien über ihn füllen ganze Bücherregale.

Vor Scham im Boden versinken

Thomas Edward Lawrence wird am 16. August 1888 als zweiter Sohn des anglo-irischen Adligen Sir Thomas Robert Tighe Chapman geboren, dem siebten Baron von Westmeath in Tremadoc, Nord Wales. Sein Nachname „Lawrence“ kommt vom illegitimen Vater seiner Mutter Sarah Junner, die von der Isle of Skye stammt. Sarah Junner selbst hatte als Kinderfrau den Haushalt von Chapman und seiner Gattin Edith in deren irischem Stammsitz geführt. Edith war eine so prinzipienversessene, frömmlerische Christin, dass ihr Gatte sich in die Arme der jungen Sarah flüchtete. Ihr erster gemeinsamer Sohn kam noch in Irland zur Welt, doch weil die betrogene Ehefrau Sir Thomas ein Ultimatum stellte, nahm das verliebte Paar Reißaus nach Wales. Fortan lebten die eigentlich adeligen Chapmans im Ruch der Illegalität und fern der besseren Gesellschaft unter dem falschen Namen Lawrence erst in Wales, dann im französischen Dinard an der Kanalküste und später am Rande des New Forest in Südengland. Schließlich zogen sie in die Universitätsstadt Oxford, weil ihre insgesamt fünf Söhne eine anständige Ausbildung bekommen sollten und das Geld nicht reichte, sie alle in ein Internat zu schicken.

Thomas Edward Lawrence

Thomas Edward Lawrence war gerade mal 28 bis 30 Jahre alt, als er die arabische Revolte anführte. Rechts: Der berückend schöne Wüstencanyon des Wadi Rumm, das sie auf ihrem Feldzug durchquerten.

Ungefähr in seinem zehnten Lebensjahr fand Thomas Edward, von allen „Ned“ genannt, heraus, dass irgendetwas mit seinen Eltern nicht stimmte, und das verstörte ihn zutiefst. Als Adeliger konnte sich sein Vater nicht entschließen, einer Arbeit nachzugehen, doch war er äußerst gebildet und allen technischen Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Lawrence-Jungen lebten also relativ isoliert in einem bürgerlichen, aber doch zu kleinen Haus an der Polstead Road 2 in Oxford; sie bekamen stets die neuesten Fahrräder und diskutierten englische Literatur oder die alten Griechen am Familientisch – das Nirgendwodazugehören war indes schwierig für den jungen Ned. Aufgrund von Gesprächsfetzen, die er aufgeschnappt hatte, kam er zum (irrigen) Schluss, dass sein Vater wohl nicht sein Erzeuger sei. Und ein „Bastard“ zu sein war natürlich im sittenstrengen Oxford Anfang des 20. Jahrhunderts eine echte Schande. So bemächtigte sich Neds Psyche eine unterdrückte Scham. Erst viel später, da er schon zur Legende geworden war, sollte er von seiner Mutter die Wahrheit erfahren.

Scham ist eines der zersetzendsten seelischen Gifte. Der junge Jan scheint Reste davon in die heutige Inkarnation mitgebracht zu haben – obwohl es in seinem jetzigen Leben keine Ursachen dafür gibt. Kompromittierendes Verhalten oder sich ungewollt lächerlich machen, erträgt er nicht nur im echten Leben sehr schlecht, sondern sogar, wenn er es bloß auf der Leinwand sieht. So schaffte er es nie, den Film Bridget Jones Diaries bis zum Ende anzusehen, ist dieser Streifen doch eine Aneinanderreihung peinlicher Szenen. Jan vergrub jedes Mal seinen Kopf unter der Wolldecke, wenn Bridget (alias Renée Zellweger) sich wieder einmal mitten ins Fettnäpfchen setzte.

Früh übt sich, wer ein berühmter Held sein will

Eine andere Eigenschaft, für die der junge Lawrence nicht immer geliebt wurde, hat Jan auch in den Rucksack für dieses Leben gepackt: Er scheut(e) sich nicht, Ältere und Respektspersonen zu kritisieren. Schon als neunjähriger Junge kanzelte Jan in der Schule wie ein Chef die völlig überforderte Primarlehrerin ab, wenn es ihr nicht gelang, den ohrenbetäubenden Lärm im Klassenzimmer einzudämmen: „Wenn Sie nicht fähig sind, hier einen geordneten Unterricht abzuhalten, dann haben Sie den Beruf verfehlt!“ Die Lehrerin wechselte übrigens den Beruf, nachdem sie Jans Klasse abgegeben hatte.

Ned „besaß einen ausgeprägten Sinn für Humor, der ihm als Knabe in misslichen Situationen oft sehr zustatten gekommen sein muss. Er kannte keine Furcht (…) Er war ein großer Bewunderer körperlicher Vorzüge bei Menschen, wenngleich sein eigener Körperbau nicht so stattlich war wie der seines Bruders Will“, berichtet Jeremy Wilson, der Jahrzehnte lang das Leben des Helden studiert hatte und als fundiertester Lawrence-Biograph gilt1 . Hin und wieder gab es freundschaftliche Ringkämpfe zwischen Ned und seinen Brüdern, bei denen diese „jedes Mal die Stärke seiner eisernen Handgelenke zu spüren bekamen.“ Auch Jan zeigt gerne die Stärke seiner „eisernen Handgelenke“, ist so humorvoll, dass er immer der Klassenclown war und bewundert schöne Körper so sehr, dass er schon mit 13 oder 14 Jahren begann, sich selbst einen ebensolchen anzutrainieren.

T. E. Lawrence

T. E. Lawrence als Angestellter des britischen Geheimdienstes in Kairo, kurz bevor seine eigentliche „Mission“ begann.

Als Junge strampelte Ned Lawrence auf dem Drahtesel Dutzende von Kilometer durch das Hügelland von Oxford, um sich zu stählen. Und auch der junge Jan pedalte kilometerweit durch das hügelige Hinterland seines heutigen Wohnorts, auf dass seine Beinmuskeln hart wie Granit würden. Ned hatte eine große Leidenschaft fürs Mittelalter, insbesondere die Kreuzzüge. Jan besaß seine ganze Kindheit hindurch imaginäre Burgen im Wald, um die er in seiner Vorstellung Schlachten schlug. Wie Ned verschlang er ständig Bücher mit Heldengeschichten und lebte meist viel mehr in der Welt seiner Phantasie als in der realen.

Jeden Abend vor dem Einschlafen sponn Jan in seinem Kopf eine komplizierte Saga aus dem Elfenreich weiter, voller Magier, böser Kreaturen und – natürlich – ritterlicher Helden. Der Junge ging sogar so weit, die Landkarte dieses Traumlandes aufzuzeichnen. Eines Tages – er war vielleicht 14 Jahre alt – setzte sich Jan hin, um das erste Kapitel des Buches, das in seinem Kopf lebte, niederzuschreiben. Nur seine Mutter durfte es lesen. „Was ich da sah, hatte so gar nichts mit der Sprache heutiger junger Leute zu tun“, erinnert sie sich. „Ich sagte scherzend zu Jan, ‚du schreibst ja wie ein Engländer aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts’.“

T.E. Lawrence wurde nicht nur als „Held der Wüste“ weltberühmt, sondern auch als Schriftsteller, der den Wüstenfeldzug in einem fast tausend Seiten dicken Buch namens Die sieben Säulen der Weisheit für die Nachwelt verewigte – und für seinen Stil von Koryphäen wie George Bernard Shaw oder auch Winston Churchill mit Lob überschüttet wurde. Bis an sein Lebensende hatte Lawrence unvollendete Bücher im Kopf, die er eines Tages niederschreiben wollte. Seine Übersetzung von Homers Odyssee aus dem Altgriechischen ins Englische, die er wenige Jahre vor seinem verfrühten Tod fertigte, ist übrigens bis auf den heutigen Tag die meistverkaufte in der englischsprachigen Welt.

Sturm auf Akaba

Die Szene aus David Leans Film „Lawrence of Arabia“ aus dem Jahr 1962 zeigt Lawrence (im weißen Gewand) mit Auda beim Sturm auf Akaba. Nach der „unmöglichen“ Durchquerung der Nefud-Wüste vertrieben die Beduinen die Türken aus der Hafenstadt.

Es scheint, dass sich das in einem Leben erworbene Charisma auch in ein nächstes hinüberrettet. Denn in jeder Klasse wurde Jan vom Lehrer zum Klassenchef bestimmt. Auf dem Pausenhof der Primarschüler war er innerhalb weniger Wochen als „die Kampfmaschine“ gefürchtet – selbst von wesentlich älteren Knaben. Dabei war er gar kein Angreifer, sondern setzte seine Unerschrockenheit und Kampflust zur Verteidigung anderer ein, die sich nicht zu wehren trauten. Ging er die Schulhaustreppe hoch, traten seine Mitschüler zur Seite, um ihn vorbeizulassen. Dasselbe auf der vollen Steinbank im Pausenhof: Einer stand immer auf, um Jan seinen Sitz anzubieten. Ein anderer band ihm sogar willig seine Schuhe zu. Gleichzeitig war er, der kecke Jan, aber auch Ratgeber in schwierigen Lebenslagen für seine Schulkameraden.

„Vermutlich war es im Herbst 1904, dass Lawrence sich bei einer Balgerei auf dem Sportplatz am Bein verletzte. Zunächst hielt er die Verletzung für unerheblich und nahm trotz starker Schmerzen weiterhin am Unterricht teil. Seine Brüder schoben ihn auf dem Fahrrad nach Hause und als der Arzt geholt wurde, stellte dieser fest, dass das Bein knapp oberhalb des Knöchels gebrochen war. Es dauerte lange, bis der Bruch heilte und Lawrence musste für den Rest des Trimesters der Schule fernbleiben“, schreibt Wilson in seiner Biographie.

Zu Jans Eigenheiten gehört, in den Abend- oder manchmal sogar Nachtstunden einsame Spaziergänge im heimischen Städtchen und den umliegenden Wäldern zu unternehmen, wobei in seinen Ohren machtvoll-epische Musik aus dem MP3-Player klingt. „Weißt du, Mama“, vertraute sich Jan einmal seiner Mutter an, „wenn ich dann so marschiere und mir heldenhafte Dinge vorstelle, beginnt plötzlich mein Unterschenkel zu schmerzen, und ich hinke ein wenig. Ich habe mir das nie erklären können.“ Auch der junge Lawrence hatte, so berichten es seine Biographen, gerne abendliche oder nächtliche Spaziergänge in und um Oxford unternommen – ganz alleine mit sich und dem Sternenhimmel.

Als ob er geahnt hätte, dass er eines Tages einen gestählten, ausdauernden Körper brauchen würde, hatte der junge Ned Lawrence seinen Körper diszipliniert – indem er tagelang fastete oder sich zu sportlichen Höchstleistungen antrieb. Sein Wissensdrang trieb in auf lange Fahrradtouren nach Frankreich, wo er mittelalterliche Burgen erforschte und zeichnete. Seine Briefe nach Hause sind meist auffällig unpersönlich – außer wenn es um seine körperliche Stärke geht: „Als (Mr. Lewis) von meiner Tour nach Fougères hörte, erklärte er, ich sei sehr stark und ich hätte Vaters Talent geerbt… Ich bin langsam stolz auf mich.“ Madame Chaignon „bekam einen Schock, als sie beim Baden meinen Bizeps sah. Sie hält mich für Herkules.“ Und weiter: „Meine Beinmuskeln sind jetzt hart wie Stahl. Ich hoffe, ich werde Mutter gefallen, wenn ich zurückkomme. Ich bin so braun wie eine Kaffeebohne.“ Jans Mutter lächelt. „Als ich dies las, dachte ich, Jan vor mir zu haben, wie er mir seine Oberarm-Muckis zeigt – ‚schau mal, hart wie Stahl’ – und wie er strahlt vor Freude, wenn man vergeblich versucht, sie ein bisschen zusammenzudrücken.“

Quellenangaben

  • 1 Jeremy Wilson: Lawrence von Arabien – Die Biographie, Econ Verlag