"Hinter jedem grossen Mann steht eine grosse Frau." Das altbekannte Sprichwort hat für die Mission Jesu besondere Gültigkeit. Aus mystischen Quellen erhalten wir Einblick in das Leben der Familie Jesu’, und lernen dabei, daß jener große Avatar ohne die lebenslange Unterstützung seiner Mutter seine Aufgabe vielleicht nicht so vollendet hätte ausführen können.
Die Qualität einer Familie wird von der Mutter getragen. Ihre Liebe, Hingabe und Reinheit bestimmen, ob eine Familie heil(ig) ist. Im Fernen Osten verehren die Mütter (und nicht nur sie) Kwan Yin, die Göttin der Barmherzigkeit und der Familie. Im Katholizismus des Westens verehrt man die 'Muttergottes', die 'Jungfrau' Maria. Die Protestanten haben sie aus ihrem persönlichen Himmel weitgehend verbannt, und für junge, aufgeklärte Mütter ist sie nicht mehr als eine leicht antiquierte Statue in der Kirche, die man sich nur schon wegen ihres angeblich jungfräulichen Gebärens nicht als ernsthaftes Vorbild nehmen mag. Doch welch ein Vorbild könnte, sollte sie sein! Denn Jesus hätte seine immense Aufgabe niemals vollbringen können ohne den lebenslangen Dienst seiner Mutter. Die Rolle der Mutter Maria wird gewaltig unterschätzt, ist sie doch zur Verkörperung einer Eigenschaft geworden, die für alle Mütter ein Muß ist, die möchten, daß aus ihren Kindern das Beste werden kann – im Sinn des göttlichen Planes: Mutter Maria hielt lebenslang die 'unbefleckte Vorstellung' aufrecht für ihren Sohn. Sie stammt aus dem Engelreich, und der Beiname 'Königin der Engel', den man ihr verliehen hat, entspricht einer kosmischen Wahrheit. Sie verkörperte sich genauso freiwillig auf Erden, wie ihr Sohn dies tat. Damit sie sich an ihre große Aufgabe würde erinnern können, versprach ihr der Erzengel Raphael, noch bevor sie Verkörperung annahm, daß er kommen und sie an ihre Aufgabe erinnern würde.
Bevor sie sich inkarnierte, mußte sie im 'Jenseits' eine große Prüfung bestehen, während derer mit aller Kraft versucht wurde, ihre Gedanken zu stören und zu zerstreuen. Sie jedoch hielt sie unentwegt auf ein vollkommenes Bild in ihrem Geiste gerichtet. Erst, als sie diesen gedanklichen Stürmen und Versuchungen über drei Stunden lang getrotzt hatte, war der Test bestanden. Die Vorbereitungen auf diese 'Schlußprüfung' hatten Jahrhunderte in Anspruch genommen, während derer Maria lernte, diese unerschütterliche Ruhe im Aufrechterhalten eines Bildes zu erreichen, die für die Erdenmission Jesu' von fundamentaler Bedeutung war.
Die Redensart, daß Mutter Maria 'voll der Gnaden' gewesen sei, bezieht sich darauf, daß sie ihr ganzes Leben im Zustand der 'horchenden Gnade' verbrachte. Sie hätte Erzengel Gabriel nicht wahrgenommen, als er zu ihr kam, wenn sie sich nicht im Zustand der 'horchenden Gnade' befunden hätte. Und Joseph hätte die Warnung des Engels, vor Herodes nach Ägypten zu fliehen, ebenso wenig vernommen, wäre er nicht im Zustand 'horchender Gnade' gewesen. Nur indem sie die innere Verbindung mit Gott stetig am Leben erhielten, hörten sie die feine Stimme, die ihnen riet.
Das ganze Erdenleben von Maria, der Palästinenserin, war vom Alter von drei Jahren an vollkommen Gott geweiht. Mit drei Jahren wurde die kleine Maria in den Tempel von Luxor/Oberägypten gebracht. Sie war dort nicht allein, sondern wurde zusammenmit anderen Mädchen bis zur Zeit ihrer Reife erzogen. Ihre Lehrer waren wohl gütig, doch forderte das Tempelleben äußerst strenge Disziplin. Viel Zeit verbrachte sie mit dem Studium der Prophezeiungen des Alten Testaments. Während jener Zeit schon entwickelte sie eine tiefe Liebe zu Vesta, dem weiblichen Aspekt unseres Vater-Mutter-Gottes (Helios und Vesta), und so wie andere Kinder eine Puppe in den Armen wiegen, wiegte die kleine Maria die ganze Welt in ihren Armen. Ständig war sie von Engeln umgeben, die sich an ihrem Duft erfreuten.
Nachts kam oft Erzengel Michael zu ihr in ihr kleines Gemach, um ihr zu helfen und sie zu belehren. Er ließ eine Gruppe von kleinen Schutzengeln auf ihrem Bett hin- und hermarschieren – so, wie Kinder es mit Spielzeugsoldaten machen. Michael belehrte die kleine Maria über die Arbeit der Schutzengel, deren Aufgabe es war (und ist!), die Seelen der Menschen wo immer möglich freizuhalten von den heimtückischen Einflüssen der Unreinheit. Später führten die kleinen Engel die verschiedensten Geschichten auf, um Marias Bewußtsein die Allmacht Gottes zu beweisen.
Die Priester im Tempel waren unterrichtet worden, daß sie ganz besonders Marias Konzentrationsfähigkeit zu schulen hatten. Mit etwa fünf Jahren lernte sie, die heilige Schrift zu kopieren, während Altersgenossinnen draußen auf dem Rasen spielten und tanzten. Am Nachmittag erhielt sie im Garten oft Besuch von Erzengel Raphael, dessen Liebe keine Grenzen kannte. Es war ja noch gar nicht lange her, daß sie selbst die himmlischen Reiche verlassen hatte, und so fühlte sie sich am wohlsten mit ihren Erzengel-Freunden.
Als sie größer wurde, verblaßten die 'Engelsschwingen' immer mehr. Es waren dies die 'dunklen' Jahre ihrer Seele. Jene Zeit überbrückte sie, in dem sie über das Einssein Gottes mit ihr selbst meditierte.
Schließlich wurde sie aus dem Tempel entlassen. Als sie Joseph, ihren Mann kennenlernte, erkannte sie hinter ihm den mächtigen Erzengel Zadkiel, den Engel des siebten Strahls. Sie wußte sogleich, daß es Joseph war, für den sie bestimmt war. Zum ersten Mal seit Kindertagen hatte sie wieder einen der mächtigen Engel erblickt!
Als dann der Erzengel Gabriel zu ihr kam und ihr verkündete, daß sie den künftigen Messias gebären werde, war dies eine große Prüfung für sie. Sie mußte nämlich absolutes Stillschweigen darüber bewahren und durfte keinem Menschen davon erzählen. "Ich tat dies viele, viele Monate lang, auch noch nach der Geburt des Kindes; sogar noch auf der Flucht nach Ägypten und auch während der frühen Jahre seiner Kindheit. Der Mutterstolz hätte es gern (wenn auch im Vertrauen) den Priestern des Tempels erzählt, damit sie besonders sorgfältig mit diesem geheiligten und schönen Kinde umgingen. Aber die Weisheit des Gesetzes erlaubte es nicht", steht in den 'Memoiren der geliebten Maria'. "Ich durfte sein zartes Selbst nicht solchen Energien aussetzen, die entfesselt worden wären, wenn meine Lippen auch nur angedeutet hätten, was ich im Herzen wußte. Joseph und ich sprachen oft darüber, wenn wir unser Kind beim Spielen beobachteten, doch wir erzählten es niemandem."
Schon in der Zeit, als sie sich auf die Ankunft des Kindes vorbereiteten, hatten sie viel gebetet, um ihre Mission siegreich zu beenden. "Ich fertigte Kleidungsstücke für das kommende Kindlein und genoß die Gemeinschaft mit Joseph. Joseph war Mystiker und in geistiger Hinsicht ein sehr fortgeschrittener Mann. Er war Mitglied der Bruderschaft der Essener und er wußte sehr viel über die geistigen Gesetze. In jenen Monaten der Wartezeit übermittelte er mir eine ganze Menge vom geistigen Gesetz. (…)Wir beteten auch in jener Nacht in Bethlehem, als ich die ersten feinen Haarfäden von Jesus über meine Finger rollte und Joseph lächelnd sagte: "Ich glaube, wir haben nun das Schlimmste überstanden."
Noch als Jesus ein ganz kleiner Junge war, zeigte sich schon die Schönheit seines Geistes. Er hatte überhaupt kein Karma, und in seinen Gedanken und Gefühlen gab es nicht das kleinste Staubkorn, das seine Reinheit hätte beflecken können. Seine Sinne waren aufs höchste entwickelt. Sein Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten hatte einen höheren Vollkommenheitsgrad entwickelt als das anderer Kinder. Zudem besaß er eine starke Intuition für die geistigen Bereiche. Er war wie ein zartbesaitetes Instrument, dafür geschaffen, nicht nur die Schwingungen der physischen, sondern auch der höheren Sphären zu empfangen.
So war er in der Lage, die Welt der Erscheinungen in der Klarheit seiner Sinne mit viel größerer Kraft an sich zu ziehen, als dies ein trübes, dumpfes Bewußtsein vermag, das eher existiert als wirklich lebt. Doch war Jesus wie jeder andere Mensch auch mit dem Freien Willen ausgestattet, in den nicht einmal seine Mutter eingreifen durfte. Seine Mutter hatte den geistigen Schutz um ihr Kind in jeder Minute aufrechtzuerhalten. "Es war mehr denn je vonnöten, strenge Wache zu halten", steht in ihren Memoiren. "Das heilige Christ-Selbst eines Individuums verfügt noch nicht über genügend Kontrolle, die Träger zu beschützen, solange diese sich in den frühen Jahren der Kindheit und des Wachstums befinden."
Jesus lebte auch keineswegs in einer Wunderwelt. Er wuchs mit großer Wahrscheinlichkeit in Zippori (Sepphoris) auf, das zur Zeit der römischen Besetzung die Hauptstadt Galiläas war. Nicht nur Römer wohnten auf diesem strategisch günstig gelegenen Hügel, sondern auch begüterte Einheimische lebten an dessen Hängen. Die Stadt, von einer eigenen Quelle und fruchtbarem Boden genährt, hatte damals großen Einfluß.
Obwohl Zippori nur wenige Kilometer nordwestlich und in Sichtweite von Nazareth liegt, lebte Jesus sicher nicht in Nazareth, weil es dieses damals noch gar nicht gab. Dies weiß inzwischen auch die Forschung, da die erste jüdische Siedlung dieses Namens, El Nazira, dort erst 300 Jahre nach Christus entstand. Das alte Zippori, wie es zu Jesu Zeiten war, wurde 1931 entdeckt, und erst seit 1985 hat man große Teile davon ausgegraben.
Jesus war übrigens auch kein Jude, sondern ein Galiläer. Damals gab es nämlich die drei Provinzen Judäa (dort lebten die Juden), Samaria und Galiläa. Daß man damals durchaus gewichtige Unterschiede ableitete, wird am biblischen Beispiel des barmherzigen Samariters deutlich oder auch an Jesu Aufforderung an seine Apostel: "Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter" (Matth. 10, 5).
Höchstwahrscheinlich in Zippori also lebte die Familie, in engster Nachbarschaft mit Lahmen, Hinkenden und Kranken, mit Siechen an Geist und Körper, die sich am Fuße der Stadt zusammendrängten. Jesus war auch kein Einzelkind; seine Mutter gebar nach ihm sechs weitere Kinder.
Der wunderschöne, zartbesaitete Knabe, gekleidet in eine schlichte weiße Tunika, mit den von Josef angefertigten Sandalen an den Füßen, war den Gedanken jeder Ebene ausgesetzt. Nur die Liebe seiner Eltern hüllte ihn schützend ein. Damals sagte seine Mutter zu ihm: "Mein Sohn, deine Seele hat die Kraft, alles zu verherrlichen, was du als wirklich anerkennen willst. Du kannst ebenso gut die Erscheinungen von Krankheit und Elend verherrlichen - wie den Herrn über alles Leben." Ganz besonders lehrte sie ihren Sohn, statt die Unvollkommenheit der Vollkommenheit des Herrn zu verherrlichen.
Als Jesus noch klein war, machte sie ein Spiel daraus. Wenn er mit Schrammen und kleineren Verletzungen nach Hause kam, sagte sie zu ihm, "wir werden doch nicht etwa diese Schrammen verherrlichen! Wir wollen unseren Herrn verherrlichen!" Und Mutter, Vater und Sohn lenkten ihre Aufmerksamkeit auf das Vollkommene Muster und zogen die heilende Kraft der Gottesgegenwart in ihr Wesen, bis die Wunde verschwand.
Sie taten dies täglich und bauten so ein Kraftfeld auf, von dem Mutter Maria fühlte, daß es einen positiven Schutz gegen die Erscheinungen des Bösen bildete. So konnte er am Kreuz dem Tod ins Auge sehen, ohne auch nur den Bruchteil einer Sekunde lang diese Erscheinung als wirklich anzunehmen. Er lenkte alle Kräfte dem Leben zu und verherrlichte die Macht dieses Lebens - bis er den Tod besiegt hatte.
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