USA: Geiseln einer fremden Macht

Wie es einer kleinen Gruppe von Zionisten gelingt, die einzige Supermacht der Welt unter Kontrolle zu halten.

Neun Wochen lang befand sich das Enthüllungsbuch ‚They dare to speak out - People and Institutions confront Israel's Lobby' (‚Sie wagen es, auszupacken - Leute und Institutionen konfrontieren die Lobby Israels') auf der Bestsellerliste der renommierten Zeitung ‚The Washington Post'. Sein Autor, ein Mann, der 22 Jahre lang im amerikanischen Kongreß saß, deckt darin auf, wie die jüdische Lobby in Amerika es schafft,

  • den Kongress und andere Machtzentren der Regierung wirkungsvoll einzuschüchtern;
  • die Nahost-Politik der Vereinigten Staaten zu bestimmen,
  • Druck aus dem Weißen Haus abzuwehren;
  • dafür zu sorgen, dass die amerikanischen Zuwendungen an Israel beständig anwachsen und
  • die Haltung der Vereinigten Staaten im arabisch-israelischen Konflikt auf die eigenen Ziele hinzulenken.

 Paul Findley diente seinem Land von 1960 bis 1982 als republikanischer Kongressabgeordneter für den Bundesstaat Illinois (Hauptstadt: Chicago). 1972 wurde er dem Unterausschuss zugeteilt, der für die amerikanischen Beziehungen mit Europa und dem Nahen Osten zuständig ist. Acht Jahre später sollte er durch seine zufällige Verstrickung in den Nahostkonflikt in eine Schlammschlacht geraten, in der ihn das zionistische bzw. israelische Lager zu vernichten drohte.

Der Anlass für Findleys erste Reise in den Nahen Osten war der Brief einer besorgten amerikanischen Mutter, deren Sohn im Jemen im Gefängnis saß. Als nichtsahnender Tourist hatte dieser in einem für Zivilisten verbotenen Gebiet Fotos gemacht, worauf er wegen angeblicher Spionage zu fünf Jahren Einzelhaft verurteilt wurde. Findley besuchte den Gefangenen und konnte schließlich dessen Freilassung auf diplomatischem Weg erreichen.

Der amerikanische Kongressabgeordnete nutzte die Gelegenheit, auf eigene Faust die diplomatischen Beziehungen Amerikas zum Jemen und anderen arabischen Ländern zu verbessern - Beziehungen, um die es noch nie sehr gut gestanden hatte. So traf er sich unter anderem mit dem palästinensischen Regierungschef Yassir Arafat. Er lernte auf diesem Weg die Probleme der Palästinenser kennen und begann, sich fortan stark für jenes unterdrückte Volk und für den Frieden in Nahost einzusetzen. Damit geriet er ins Fadenkreuz der amerikanischen Israel-Lobby.

'Schmutzige Tricks'

Durch eine professionell geführte Kampagne, die von pro-israelischen Aktions-Komitees und einflussreichen Personengruppen unterstützt wurde, sollte Findleys Wiederwahl im Jahr 1980 mit allen Mitteln verhindert werden. Er wurde als "Israels Staatsfeind Nr. 1" attackiert und zur Unperson erklärt, indem man ihm jegliches moralisches Verhalten absprach. ‚Dirty tricks' – schmutzige Methoden – verfolgten Findley während seiner Wahlkampagne in die entferntesten Winkel des Landes. Störtrupps versuchten, ihn in Verruf zu bringen. So sollte er zum Beispiel eines Tages vor dem Kuratorium für Auslandsbeziehungen in Chicago über die amerikanische Außenpolitik sprechen. Gerade als er seine besonderen Anliegen bezüglich Palästina und Israel erläutern wollte, schrie jemand aufgeregt vom Eingang herüber:„ Wir haben soeben einen Anruf erhalten – hier im Saal ist eine Bombe installiert!“ Etwa fünfhundert Zuhörer stürzten panikartig zu den Ausgängen. Die Polizei fand wenig später unter dem Deckel des Konzertpianos, das auf der Bühne stand, ein mit Kaugummi gefülltes Eisenrohr.

Bei vielen öffentlichen Auftritten von Findley mischten sich solche Störtrupps unter die Menschenmenge und stimmten Pfeifkonzerte und Sprechchöre an: „Paul, Paul, he must go – he supports the PLO!“ („Paul soll abhauen, denn er unterstützt die PLO!“) Trotz der in ganz Amerika entfachten Hetze gewann er die 1980er Wahl in seinem Bundesstaat dennoch mit 56 Prozent der Stimmen. Während zwei Jahren konnte Findley seine Friedensbemühungen für den Nahen Osten also fortsetzen – bis er zwei Jahre später die Wahlen aber endgültig verlor.

Die für Paul Findley höchst bestürzenden Erfahrungen veranlassten ihn nach seiner Abwahl, die Fakten zu ergründen, die hinter all diesen dubiosen Machenschaften stecken mochten. So erschien 1985 sein eingangs erwähntes Buch, dem noch viele weitere folgen sollten (die neu überarbeitete Auflage erschien in den USA Anfang 2003). Auf Deutsch erschien sein Werk unter dem Titel: Die Israel Lobby – Hinter den Kulissen der amerikanischen Politik.

AIPAC – Die geheime Macht des Kapitols

Das American Israel Public Affairs Committee, kurz AIPAC (deutsch: Amerikanisch- Israelisches Komitee für öffentliche Angelegenheiten) ist das Hauptwerkzeug der Washingtoner Israel-Lobby. „Es ist nicht übertrieben“, schreibt Findley, „wenn ich behaupte, dass das AIPAC praktisch bei allen Aktivitäten, die sich auf den Nahen Osten beziehen, seine Kontrolle ausübt. Nahezu ohne Ausnahme biedern sich daher die Mitglieder von Senat und Repräsentantenhaus bei dieser einflussreichen Organisation an, denn die meisten sehen im AIPAC den eigentlichen Repräsentanten der politischen Macht, der ihre Chance bei den Wahlen steigern oder vernichten kann. (...) AIPAC – das bedeutet Macht, rohe, einschüchternde Gewalt.“

Die Bedeutung dieser Organisation wird in einem Beitrag der New York Times prägnant umrissen: „Die einflussreichste, bestgeführte und effektivste ausländische Interessengruppe in Washington.“ Der frühere Kongressabgeordnete Paul McCloskey ging noch einen Schritt weiter: Seiner Meinung nach wird der Kongress vom AIPAC „terrorisiert“. Zahlreiche Parlamentskollegen von Findley aus dem Senat und dem Repräsentantenhaus stimmten dieser Ansicht zu – allerdings nur in privaten Kreisen.

Genau betrachtet agieren die einzelnen Gruppen der Israel-Lobby (dazu gehören auch die Anti Defamation League ADL, die B’nai B’rith Loge, das American Jewish Committee, der Jewish National Fund oder der United Jewish Appeal) als informelle Außenstellen der israelischen Regierung. Die Lobby ist im Grunde ein ausländischer Agentenapparat. Trotzdem werden AIPAC-Bedienstete mit amerikanischen Steuergeldern entlöhnt; weshalb für sie auch nicht die Bestimmungen der amtlichen Registrierung von Auslandsagenten gelten.

Findley schreibt: „Die Lobby arbeitet leise und im Verborgenen. Sie erstickt fast jedes kritische Wort, das im Weißen Haus gegenüber Israel geäußert wird und tilgt auch aus den Medien die negativsten Israel-Berichte. Wer immer von dieser Lobby weiß, hält die Informationen jedoch gegenüber seinen Mitbürgern tunlichst zurück, um seinen Arbeitsplatz nicht zu riskieren oder sich nicht der Beschuldigung auszusetzen, ein Antisemit zu sein.“

Dieses Zusammenspiel von Einschüchterung und Unwissenheit bildet den Nährboden, auf dem die Israel-Lobby gedeiht. Ihre Drahtzieher meiden das Licht der Öffentlichkeit dermaßen erfolgreich, dass selbst manche alte Kämpfer der Washingtoner Szene sich ihrer Methoden und Auswirkungen nicht bewusst sind.

Eine bemerkenswerte Stellung hat der AIPAC-Direktor inne: Sein Einfluss ist gemäß Findley „überall zu spüren, wo die eigentlichen Schalthebel der Macht bewegt werden“. Um seine wichtige Aufgabe für Israel erfüllen zu können – manchmal in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, dann wieder ohne ihn – beschäftigt der AIPAC-Direktor ein Team von emsigen Spezialisten, die still und effektiv seine Anweisungen ausführen. Die Aufgabe des AIPAC besteht darin, die Politik Israels zu unterstützen – und sie nicht nach eigenen Vorstellungen zu formulieren. Dazu stehen seine Lobbyisten in täglichem Telefonkontakt mit der israelischen Botschaft, und sein Direktor trifft sich mindestens einmal in der Woche mit einem israelischen Diplomaten.

Die umstrittenste aller Publikationen des AIPAC ist eine sogenannte Feindliste. 1983 enthielt die gefällige 154-Seiten-Broschüre mit dem Titel Die Kampagne zur Verleumdung Israels eine Aufzählung der Akteure: 21Organisationen und 39 Einzelpersonen wurden darin vom AIPAC als israelfeindlich dargestellt. Um auf diese Feindliste zu kommen, reichte es damals schon, wenn man öffentlich einen unabhängigen palästinensischen Staat und ein Ende der israelischen West-Bank-Besiedlung befürwortete.

Gemäß dieser Definition müsste diese ‘Feindliste’ heute nicht nur den Präsidenten der Vereinigten Staaten mit einschließen, sondern mehr als die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung: Eine im Frühling 2002 durchgeführte Gallup-Umfrage ergab nämlich, dass 71 Prozent der Amerikaner von ihrer Regierung eine neutrale Politik im Nahen Osten erwarten. 60 Prozent waren gar dafür, sämtliche Finanzhilfe an Israel zu streichen, solange sich das Land nicht aus den besetzten Palästinensergebieten zurückzieht. – Leider wurde das amerikanische Volk nicht über seine eigene Meinung informiert, denn die großen Medienkonzerne, die Washington Post wie auch die New York Times verschwiegen die Existenz dieser Umfrage tunlichst.