Die Wahrheit über die Wiederkunft des Christus

„Tausend, aber nimmer Tausend“ orakelte der Schweizer Nationalheilige Niklaus von der Flühe (1417–1487) einst. Das Jahr 2000 kam und ging, ohne dass die Welt untergegangen wäre. Was aber nicht heißt, dass Abermillionen Armageddon-Anhänger ihren Traum von dem Erlöser, der vom Himmel steigt, aufgegeben hätten. Erfahren Sie hier, was die Wahrheit hinter dieser missverstandenen Allegorie aus der Bibel ist.

So stellen sich viele Christen die Wiederkunft Christi am Ende der Zeit vor. In Wahrheit beschreibt diese Allegorie vom König, der vom Himmel steigt, ein inneres Erwachen, durch welches der Mensch zu einem Christuswesen wird.

„Denn der Herr selbst wird beim Befehlsruf, bei der Stimme des Erzengels und bei dem Schall der Posaune Gottes herabkommen vom Himmel, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und so werden wir allezeit beim Herrn sein“ (1. Paulus-Brief an die Thessalonicher, 4,16–17).

Glauben Sie dies? Gehören auch Sie zu den etwa achthundert Millionen, die weltweit darauf warten, dass Jesus mit dem Schwert in der Hand vom Himmel herunterreitet, um die Welt zu richten? Was tun Sie, falls sich dies niemals ereignet? Verlieren Sie Ihren Glauben?

Es wird nicht geschehen. Jesus wird weder auf einer Wolke noch auf einem himmlischen Pferd herunterkommen – heute nicht und auch nach weiteren 2'000 Jahren nicht. Wozu auch? Was sollte daran Gutes oder Sinnvolles sein? Von der angeblichen Apokalypse wollen wir gar nicht erst reden. Selbst ohne sie – was würde die Wiederkehr Jesu bringen? Wie sollte es möglich sein, dass die Menschen auf der ganzen Welt ihn gleichzeitig sähen? Militärs könnten versuchen, die lästige, bedrohliche Erscheinung mit Raketen vom Himmel zu holen. Politiker würden sie zu einem üblen Scherz erklären, Systemmedien zu Fake News, die Gläubigen würden auf einmal zu Aluhutträgern, und ein Religionskrieg drohte, weil es der falsche Prophet wäre, der da am Firmament erschiene. Überall herrschte grenzenlose Aufregung oder auch Panik. Menschen, die sich für „wiedergeboren in Christus“ und daher für auserwählt halten, würden in religiöser Ekstase auf die Knie fallen und erwarten, dass sie nun in den Himmel entrückt werden. Wo sie dann aus sicherer Entfernung dem Inferno des Weltenbrandes beiwohnen könnten.

Die Erwartung zahlloser Christen ebenso wie Juden geht tatsächlich dahin, dass sie, wenn der Messias wiederkommt, in ihren physischen Körpern gen Himmel gezogen werden, ob sie lebendig oder schon tot sind, also auf dem Friedhof liegen. Denn aller Physik zum Trotz glauben Abermillionen, dass auch die Toten aus ihren Gräbern kommen und in den Himmel aufsteigen. Wie soll das gehen? Genau, physisch! Wussten Sie, dass in den USA in keinem Flugzeug zwei entrückungsgläubige Piloten im Cockpit sitzen dürfen, weil, wenn die Entrückung sie ja dann tatsächlich aus dem Cockpit in den Himmel beamen würde, das Flugzeug ja zum Absturz verdammt wäre, und mit ihm alle ungläubigen Passagiere.

Es gäbe wohl wenige unter uns, die nicht auf irgendeine Weise außer sich wären – vor Angst oder vor Verzückung. Das Außer-sich-Sein ist aber das Letzte, was Jesus sich für uns wünschen könnte. Vor allem, da das ganze Geheimnis der Wiederkunft Christi in unserem Innern schlummert und diese Welt und ihre Menschheit nur „erlöst“ werden können, wenn Tausende – und letztlich einmal alle Menschen – das „Wunder“ des Christus in sich manifestieren, damit das verheißene „Goldene Zeitalter“ auf Erden Einzug halten kann. Kein Spektakel also. Auch kein Medienereignis. Nicht einmal ein Weltuntergang!

Ja, was soll man denn nun von all den unheilschwangeren Prophezeiungen halten? Erstens: Visionen, wie sie Johannes in seiner Offenbarung (dem letzten Buch der Bibel, das die Apokalypse enthält) niederschrieb, können nur bildhaft erlebt werden. Das ist ihre Natur. Diese geschauten Bilder sind aber in der Regel allegorische Darstellungen innerer oder geistiger Vorgänge. Wenn beispielsweise „der Himmel einstürzt“, bedeutet dies, dass unsere überholten und kindlichen Glaubensvorstellungen in sich zusammenfallen müssen, um dann einem zutiefst innerlich erlebten Glauben Platz zu machen.

Und zweitens wird die prophezeite Rückkehr Jesu häufig als „Zweites Kommen“ missverstanden: Diese ist längst eingetreten, vor fast zwei Jahrtausenden schon! Denn kam er denn nicht wieder, nachdem man ihn vom Kreuz abgenommen und ins Grab gelegt hatte? So wie das jüdische Volk heute noch auf das Kommen seines Messias wartet, den es vor zweitausend Jahren ans Kreuz genagelt hat, so warten die Christen heute noch auf ein Zweites Kommen Jesu, das wenige Tage nach seiner Grablegung stattfand. „Seht den Feigenbaum und alle Bäume! Wenn sie schon ausschlagen, so erkennt ihr von selbst, da ihr es seht, dass der Sommer schon nahe ist. So erkennt auch ihr, wenn ihr dies geschehen seht, dass das Reich Gottes nahe ist. „Wahrlich, ich sage euch, dass dieses Geschlecht nicht vergehen wird, bis alles geschehen ist“ (Lukas 21, 29–34). Da steht es ja! Jesus versprach seinen Jüngern, dass noch zu ihren Lebzeiten – „dies Geschlecht (diese Generation) wird nicht sterben“ – der „Menschensohn“ wiederkommt. Jesus sprach offenkundig von der damaligen Zeit, nicht von heute – seither sind ja über achtzig Generationen (Geschlechter) vergangen. Dennoch glaubt ein großer Teil der gut zweieinhalb Milliarden Christen weltweit noch immer, Jesus komme nun endlich bald wieder, diesmal nicht als Erlöser, sondern als unbarmherziger Richter über die Welt.

Abgesehen davon, dass der Mensch Jesus nach seinem scheinbaren Tod am Kreuz kurze Zeit später physisch zu den Jüngern zurückgekehrt ist und der ungläubige Thomas seine Finger in Jesu Wundmale legen konnte, bezieht sich der biblische Begriff des „Menschensohnes“ oder „Trösters“ gar nicht auf Jesus, sondern auf den Christus. Hierin liegt das vielleicht tragischste aller Missverständnisse der christlichen Lehre.

Der Christusgeist manifestiert sich nun, da das Wassermann-Zeitalter angebrochen ist, immer stärker und fühlbar für all jene, die ihr Herz geöffnet haben. Doch das hat im Grunde nichts mit dem Zimmermannssohn Jesus zu tun. Jedenfalls nicht so, wie es die christliche Lehre behauptet. „ICH BIN der Weg, die Wahrheit und das Leben“, lehrte damals Jesus. Später münzte die Kirche dies in die Lehre um, dass wir Menschen nur durch Jesus in den Himmel kommen könnten. Doch er sprach vom CHRISTUS, vom ICH BIN, welches der einzige Weg, die einzige Wahrheit und das Leben ist. Nicht Jesus als Person oder „Sohn Gottes“ ist unsere Eintrittskarte ins Himmelreich, sondern der erwachte Christus in unserem Herzen. Als erster verkörperter Mensch hatte Jesus diese mystische Vereinigung mit Gott hier auf Erden manifestiert. Es ist uns allen bestimmt, irgendwann eins zu werden mit dem inneren CHRISTUS, der in der Dreifältigen Flamme eines jeden Menschen schlummert und der erweckt werden will. Wenn der Christus in uns erwacht, kehrt „der Menschensohn“ zurück, wie es in der Bibel heißt. Viele Christen missverstehen diesen mystischen Vorgang mit einer erneuten Wiederkunft Jesu auf Erden. Der Menschensohn aber wird so genannt, weil der Christus im Menschenherzen aufblüht. Jesus hingegen wird als Sohn Gottes bezeichnet, nicht als „Sohn des oder der Menschen“. Schon zu Lebzeiten Jesu wurden einige seiner Jünger eins mit ihrem Christus und empfingen diesen „vom Vater gesandten Tröster“, wie es Jesus versprochen hatte, da, wie er gesagt hatte, „diese Generation nicht vergehen“ werde, bevor dies eintrete.

Alle Menschen stammen aus derselben göttlichen Quelle. Alle Menschen sind verkörpert, um irgendwann in ihrer Entwicklung den Christus in sich zu erwecken und auf diese Weise eins mit der Göttlichkeit im Innern zu werden. Jesus zeigte uns, wie man dorthin gelangt [mehr dazu auf den Seiten 26–27]. Und er wollte, dass wir dasselbe erreichen wie er. Schon im Alten Testament steht in den Psalmen: „Ihr seid Götter und allzumal Kinder des Höchsten“ (Psalm 82,6), worauf Jesus Bezug nahm, als er die Pharisäer tadelte: „Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz ‚Ich habe gesagt, ihr seid Götter‘?“ (Joh. 10,34). Auch die alten Ägypter kannten Herkunft und Zweck der Menschheit. Eine ihrer Tempelinschriften lautete: „Götter sind unsterbliche Menschen. Menschen sind sterbliche Götter“.

Wir müssen also klar unterscheiden zwischen Yeshua-bar-Joseph, dem Sohn von Joseph, den wir Jesus nennen, und dem Christusbewusstsein, welches Jesus als erster Mensch auf Erden verkörperte. Der Christus ist der dritte Aspekt der Göttlichen Dreifaltigkeit, das „Kind“, die allumfassende Liebe. Jesu Mission war eine der Liebe, so wie Buddha Gautama dem Menschen die Erleuchtung, also die Vervollkommnung göttlicher Weisheit, brachte. Das vergangene Fische-Zeitalter war eines der (Nächsten-)Liebe, der Hingabe, des Ideals. Und Jesu Leben bildete das Muster für diese Qualitäten, die für die Menschheit in den zweitausend Jahren des Fische-Zeitalters, das nun zu Ende ist, hätten bestimmend sein sollen.