Ehe ist... wenn man trotzdem liebt!

Da sah doch alles so ideal aus, am Tag der Hochzeit. Und nun hängt der Himmel voll schwarzer Wolken. Lesen Sie hier, wie Sie dafür sorgen, daß in Ihrer Ehe auch noch nach Jahren schönes Wetter herrscht.

Am Tage, als Ihr Euch das Jawort gabt, hing der Himmel voller Geigen und diese spielten ein Liebeslied, das niemals zu Ende gehen würde. Das wußtet Ihr, und so schwebtet Ihr weich auf Eurer Wolke hinaus in Eure gemeinsame Zukunft, die großartig und beglückend sein würde – ein niemals endendes Märchen.

„Das große Geheimnis jeder guten Ehe ist, jeden Unglücksfall als Zwischenfall und keinen Zwischenfall als Unglücksfall zu behandeln.“

„Das große Geheimnis jeder guten Ehe ist, jeden Unglücksfall als Zwischenfall und keinen Zwischenfall als Unglücksfall zu behandeln.“

Es gibt auch jene unglücklichen Paare, die schon beim Jawort oder kurz danach spüren, daß es falsch ist, was sie da tun. Daß es nicht halten wird. Daß sie diesen Menschen neben sich gar nicht richtig kennen, geschweige denn von ganzem Herzen und mit ganzer Seele lieben. Das einzige, was vielleicht ganz liebt, ist der Körper. Doch ist der Körper wie eine launische Diva – je mehr man ihm nachgibt, desto unberechenbarer und maßloser wird er. Lao Russell, die mit dem Mystiker Walter Russell eine Ehe tiefster seelischer Verbundenheit und höchster Romantik lebte, gab einmal allen Ehewilligen den Rat: Nur wenn man 23 von 24 Stunden der beste Kamerad seines Geliebten sein kann, mag eine Ehe halten – und dann ist auch die sexuelle Vereinigung in der 24. Stunde ekstatisch und erfüllend.

Einen Menschen zu heiraten, mit dem man nicht reden kann, dessen Ziele ganz woanders festgeknüpft sind als die eigenen, der einem geistig in keiner Weise gewachsen ist – sie hat wenig Chancen, jemals das werden zu können, was eine wahre Ehe ausmacht:

  • Die größte Einweihungsschule auf Erden
  • die Möglichkeit, gemeinsam großartige, schöpferische Ideen zu gebären
  • undebensogroßartigenLebensströmeneinausgeglichenesHeimzumAufwachsen zu bieten.

Doch Sie: Sie haben einen ebenbürtigen Partner geheiratet, Sie liebten ihn mehr als Ihr Leben, Sie waren bereit, alles für ihn, bzw. sie zu tun; und überall mit ihr/ihm hinzugehen.

Und Sie können sich nicht erklären, wie jener verzauberte Rosengarten sich über die Jahre in einen verwahrlosten, öden Platz verwandeln konnte – einen Ort, aus dem Sie lieber heute als morgen entfliehen möchten; ein Ort, an dem Herz und Seele ein Wehklagen befällt – umso mehr, als Sie genau wissen, daß Sie nichts dafür können, daß ihr einstiger Garten Eden zu so einem beschämend häßlichen Stück Erde wurde.

„Das große Geheimnis jeder guten Ehe ist, jeden Unglücksfall als Zwischenfall und keinen Zwischenfall als Unglücksfall zu behandeln."

Harold Nicolson

Da sind wir ja nun alle in guter Gesellschaft, denn keiner kann ja jemals irgendetwas für irgendetwas, nicht wahr? Und schon gar nicht in Beziehungen – und noch viel weniger in Ehen. Denn der Mann sagt: „Habe ich nicht all die Jahre alles getan im Geschäft, um Dir und den Kindern einen guten Lebensstil zu ermöglichen?" Und die Frau sagt: „Und ich? Rackere ich mich nicht tagtäglich im Haushalt ab, verdien' noch obendrein dazu in meinem Halbtagsjob, und als Dank sind die Kinder frech und abweisend, und kümmerst Du Dich nur immer noch weniger um mich? Und habe ich nicht für Dich und die Kinder auch noch auf eine eigene Karriere verzichtet?"

Wir sehen: Lauter Opfer, und weit und breit kein Täter in Sicht.

Wenn wir uns in einer Ehe befinden, die eigentlich nur noch eine Arbeits- und Interessengemeinschaft ist, müssen wir ganz ehrlich mit uns sein: Wollten wir denn eine Liebesehe? Oder haben wir einfach im Hafen des gemeinsamen Lebens angelegt, um das Eheschiff zu verlassen, und danach nur unseren eigenen Interessen nachzugehen – mit dem angenehmen Wissen im Hintergrund, daß das Schiff ja im Hafen ankert, und wir jeden Abend dorthin zurückgehen können? Wollten wir eine innige Nähe zu unserem Herz- und Seelenpartner lebenslang pflegen – oder ist uns zu viel Nähe im Grunde zuwider, weil sie uns aufwühlt, verwundbar macht – und wir nicht so viel Unruhe in unsrem Gefühlsleben möchten?

Rosen, die man nicht gießt, nicht düngt, nicht schneidet, denen man nicht liebende Aufmerksamkeit schenkt, werden jedes Jahr schütterer, und eines Tages werden wir sie unter wuchernden Brombeerstauden nicht mehr finden. Natürlich ist es mit der Liebe genauso. Daher kommt es, daß manche Menschen, die zwei- oder dreimal verheiratet waren, nicht mehr heiraten wollen: Solange sie ihres Partners nicht sicher waren, gaben sie sich Mühe, gingen auf ihn ein, verwöhnten ihn, überraschten ihn. Kaum war jedoch der Ring über den Finger gestreift, war er ja verpflichtet, da zu sein – und dann konnte man sich den anderen Dingen des Lebens zu-und von ihm abwenden. Und der Zerfall des einstigen Liebesgartens nahm seinen Lauf. Und jeder erwartete, daß, wenn schon, der andere düngen und schneiden und wässern solle.

„Die Ehe ist eine Romanze, in welcher der Held im ersten Kapitel stirbt."

Unbekannt

Dies ist einer der fundamentalen Irrtümer in Beziehungen und Ehen: Darauf zu warten, daß der andere ‚tut‘. Lao Russell schrieb dazu in ihrem Buch ‚Love‘: „Wenn Menschen heiraten, nur weil sie glauben, so würde ihnen Glück geschenkt, dann beginnen sie ihr gemeinsames Leben mit dem größten Verhinderer romantischer Liebe. Wir sollten niemals heiraten mit dem Gedanken, daß irgendjemand uns glücklich macht, sondern mit dem Gedanken, was wir geben können, um denjenigen glücklich zu machen."

Denn Liebe ist nicht einfach körperliche Verzückung. Auch nicht das Gefühl der Abhängigkeit, das sich hinter dem Liebesschwur des „ich kann ohne dich nicht leben" verbirgt. Gerade die Liebe in der Ehe erstickt, wenn da einfach zwei darauf harren, daß der andere sie glücklich macht, ihr inneres Vakuum füllt, sie vor Depressionen bewahrt und ihnen Sicherheit gibt. Eine Zeitlang erfüllt die romantische Verliebtheit all diese Bedürfnisse scheinbar wie von allein (scheinbar, denn der romantisch Verliebte strengt sich meist sehr an, sich von seiner besten Seite zu zeigen, doch verhindert die romantische Verliebtheit, daß er diese Anstrengung als anstrengend empfinden würde). Spätestens nach vier Jahren, meist aber schon viel früher, ist die Phase der romantischen Verliebtheit unwiederholbar vorbei. Von nun an bedarf die Liebe der Anstrengung – solcher, die man bewußt auf sich nimmt.

„Was ist Liebe anderes als Geben?" fragt Lao Russell. Uff! So haben wir uns das denn doch nicht vorgestellt! Dumm gelaufen – denn, fügt Lao Russell an: „Zu versuchen, ein Leben mit immerwährender Liebe zu führen, ohne die Liebe zu kennen, ist, wie wenn man ohne Straßenkarte durchs Land fährt." Höchstwahrscheinlich endet man in einer Irrfahrt und kommt nicht dort an, wo man hin wollte: Ins Land ehelichen Glücks.