Die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer zu erkranken, liegt heute bei über fünfzig Prozent. Gemeinhin gilt, dass Alzheimer als Begleiterscheinung unserer gesteigerten Lebenserwartung akzeptiert werden muss. Doch laut einem deutschen Arzt ist nicht unser langes Leben die Ursache – sondern wie wir leben! Dabei wäre es so einfach, bis ins hohe Alter geistig fit zu bleiben!
Es gibt zwei Formen von Alzheimer: die erblich bedingte Form und die sporadische. Bei Ersterer liegt eine Mutation der sogenannten Alzheimer-Gene vor, die dann innerhalb der Familie weitergegeben werden. Davon sind aber weltweit nur einige Hundert Familien betroffen! Die sporadische Form hingegen kann uns alle treffen und tritt erst ab dem 65. Altersjahr auf; deshalb wird sie auch als Spätform bezeichnet. Bei dieser Form gibt es keine eindeutige genetische Ursache, doch glauben viele Experten (fälschlicherweise), dass der Grund für die Erkrankung ebenfalls in den Genen liegt. Denn sie beobachten, dass das Risiko für sporadischen Alzheimer ansteigt, wenn es in der Familie bereits Alzheimer-Fälle gab oder gibt. Doch wird hier das Pferd von hinten aufgezäumt. Denn bei der Spätform von Alzheimer ist die Familie zwar der gemeinsame Nenner, aber gleichzeitig auch Teil der Ursache! Denn laut dem Molekulargenetiker Michael Nehls sind es weniger unsere Gene als vielmehr unser Lebensstil, der ausschlaggebend ist, ob wir an Alzheimer erkranken werden. Nehls zeigt in seinem Buch Die Alzheimer-Lüge1 auf, dass wir Menschen innerhalb einer kulturellen Gemeinschaft unsere Lebensgewohnheiten teilen – und viel stärker noch innerhalb unserer Familien! Nehls zufolge haben wir es also in unseren Händen, ob wir gesund und geistig fit alt werden. Doch was ist es, das unser Gehirn verkümmern und uns in die graue Welt des Vergessens driften lässt? Um diese Frage beantworten zu können, muss ein bisschen ausgeholt werden.
Etwas vom Wichtigsten in unserem Gehirn sind die Neuronen (Nervenzellen), die durch Synapsen miteinander verbunden werden. Diese Synapsen sind praktisch die „Datenautobahnen“ unseres Gehirns. Je mehr wir diese Verknüpfungen abrufen und benutzen, desto stärker werden die einzelnen Verbindungen und umso leistungsfähiger ist unser Denkapparat. Während unserer ersten Lebensjahre werden deutlich mehr Neuronen und Synapsen gebildet2 , als wir für unser Leben eigentlich brauchen würden. Dieser Neuronen-Überschuss ermöglicht es uns, theoretisch alles zu werden, was wir möchten. Deshalb hat auch jeder Mensch von Geburt an dieselben Chancen – wenn auch die äußeren Umstände nie die gleichen sind.
Es sind dann unsere individuellen Erfahrungen, die diese Synapsen überleben oder verschwinden, stärker oder schwächer werden lassen. Wir haben es also in der Hand, wie sich unser Gehirn entwickelt. Neuronen, die keine funktionellen Kontaktstellen mit anderen etablieren konnten, werden wieder entfernt beziehungsweise entfernen sich selber. Denn wie alle Zellen in unserem Körper, so haben auch die Neuronen im Gehirn die Möglichkeit für den programmierten Zelltod (Apoptose). Dieses Programm wird automatisch aktiviert, wenn von außen keine Lebenserhaltungssignale mehr kommen. Wenn die Zelle also nicht mehr hört, dass sie „gebraucht wird“. Diese „Entsorgung“ nicht benutzter Nervenzellen ist auch ein Segen für uns, denn durch die vielen unnützen Verschaltungen wäre unser Gehirn weniger leistungsfähig und würde viel zu viel Energie verbrauchen. Ab einem gewissen Punkt bestünde unser Daseinsgrund dann einzig aus Essen – um unser Gehirn mit Energie versorgen zu können. Wir können unser Gehirn also trainieren und haben es in der Hand, welche neuronalen Verknüpfungen bestehen bleiben und welche gelöscht werden.
Betrachtet man unsere Gesellschaft, so stellt man fest, dass sie ähnlich einem Körper ebenfalls aus Tausenden von Zellen besteht – aus uns Menschen. Interessanterweise kennt auch unsere Gesellschaft eine Art des Zelltodes. So steigt zum Beispiel das Suizidrisiko, wenn Leute arbeitslos werden. Wenn auch sie kein „Wir brauchen dich!“ mehr zu hören bekommen – wie bei den Synapsen im Gehirn! So führt denn auch das Versiegen von äußeren sozialen Kontakten zwischen Menschen zu einer Abnahme der inneren „sozialen“ Kontakte zwischen den Neuronen. Und das wiederum führt nachgewiesenermaßen zu Alzheimer und Gedächtnisverlust! Doch warum haben soziale Kontakte einen Einfluss auf unser Gehirn?
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