Wer fürchtet sich nicht davor, in späteren Jahren an Alzheimer zu erkranken? Die globalen Prognosen sind tatsächlich düster. Doch warum entgleiten unserem Gehirn die Erinnerungen? Was die Forschung darüber herausgefunden hat – und warum wir dem großen Vergessen nicht hilflos ausgeliefert sind.
Als Margaret Thatcher einmal beim Dinner mit ihrem Kabinett Roastbeef bestellt hatte, fragte sie der Kellner, was denn mit dem Gemüse sei. „Das Gemüse“, antwortete die Eiserne Lady, „das Gemüse nimmt auch Roastbeef.“ Die traurige Ironie an dieser Anekdote: Jahre später sollte die erste Premierministerin Großbritanniens im Kopf selber ‘zu Gemüse’ werden … So, wie das jeden Tag 15'000 Menschen widerfährt. Die weltweit 35 Millionen Alzheimer-Fälle verursachen schon heute Kosten von über 600 Milliarden Dollar pro Jahr. In den USA ist Alzheimer nach Krebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten mit einer halben Million Toten jährlich zur dritthäufigsten Todesursache aufgestiegen. Bis ins Jahr 2050 soll sich die globale Zahl von Demenz-erkrankungen auf 135 Millionen verdreifachen. Manche Experten sprechen deshalb von einem finanziellen ‘Tsunami’, der auf das Gesundheitswesen zurollt.
Dabei ist Demenz vermeidbar, manchmal sogar heilbar. Nur etwa zwei Prozent aller Alzheimererkrankungen seien genetisch bedingt, sagen Forscher. Alle anderen Fälle gehen auf falsche Ernährung und beschleunigte Alterungsprozesse im Gehirn zurück und sind daher beeinflussbar. Mit zunehmendem Alter wird nicht nur unser Körper etwas langsamer, sondern in der Regel auch das Gehirn. Das ist normal. Tatsächlich ist es so, dass unser Gehirn besser altert als der Rest des Körpers. Und neue Forschung belegt: Wir können sogar bis ins hohe Alter ständig neue Gehirnzellen bilden – unser Oberstübchen muss also in seiner Leistung gar nicht erst nachlassen!1 Bei einem Drittel der Menschen, so schätzt man, baut das Gehirn indes unnatürlich schnell ab. Wie aber lässt sich das frühzeitig erkennen?
Die Lehrmeinung besagt, dass Ablagerungen von bestimmten Eiweißbruchstücken im Gehirn die Kommunikation der Nervenzellen behindern. Somit gelten diese Amyloid-Plaques als wichtigster Auslöser und Indikator von Alzheimer. Doch das kann so nicht stimmen. Da wäre zum Beispiel die berühmte Nonnenstudie des Demenzforschers David Snowdon. Er durfte über mehrere Jahre die geistigen Fähigkeiten von insgesamt 600 amerikanischen Ordensschwestern testen und nach deren Tod viele Gehirne auf Plaques untersuchen. „Das vollkommen überraschende Ergebnis zeigte, dass die Gehirne einiger Nonnen, obwohl sie bis ins hohe Alter geistig fit waren und ein ausgezeichnetes Gedächtnis hatten, alle Spuren einer schweren Alzheimer-Erkrankung aufwiesen: Demenzgrad 6, was eigentlich das Alzheimer-Endstadium ist.“
Sind Plaques womöglich sogar ein Schutzmechanismus des Körpers? Zu diesem Schluss gelangte eine Forschergruppe an der Universität Boston. Sie fanden heraus, dass die Plaques das Wachstum von Candida-Pilzen und Bakterien hemmen. Der aus den Gehirnen von verstorbenen Alzheimerpatienten entnommene ‘Eiweißmüll’ wirkt wie ein Antibiotikum. Die Wissenschaftler vermuten deshalb, die Ablagerungen könnten Teil des Immunsystems sein. Möglicherweise würde im Gehirn von Alzheimerkranken deshalb viel Beta-Amyloid produziert, weil zuvor eine Infektion mit Erregern oder eine Verletzung erfolgte.
Vielleicht sind Spirochäten solche Erreger, also jene Bakterien, die für die Borreliose verantwortlich gemacht werden. Immerhin konnte man in einer Studie die DNA solcher Spirochäten in den Plaques bei acht von zehn Alzheimer-Patienten nachweisen. Und Borreliose verursacht Entzündungen im ganzen Körper. Auch der amerikanische Hirnforscher Dr. Pat McGeer sieht in der Alzheimer-Krankheit eine Entzündung des Gehirns. Er fand zwar keinen Virus, machte jedoch beim Einfärben der Hirnzellen verstorbener Alzheimerpatienten eine andere Entdeckung: McGeer fand Unmengen spezieller Zellen, die nur dann auftreten, wenn das Gehirn entzündet ist. Diese sogenannten Mikrogliazellen gehören zur Immunpolizei des Zentralnervensystems und sind die Verteidigungstruppen des Gehirns. Mikroglia sind darauf programmiert, Viren und Bakterien zu fressen, doch sie attackieren auch die Plaques, die – wie wir gesehen haben – sehr wohl ebenfalls Teil der körpereigenen Immunabwehr sein könnten. Nehmen die Mikroglia zu stark überhand, greifen sie schließlich sogar die Nervenzellen des Gehirns an und zerstören damit auch die lebenswichtigen Synapsen und Nervenzellenverbindungen. Ist Alzheimer also eine chronische Gehirnentzündung? Pat McGeer fand heraus, dass man bereits 1919 hohe Konzentrationen von Mikroglia im Gehirn von Demenzkranken entdeckt hatte. Allerdings schenkte niemand diesem Umstand sonderlich Beachtung.
Gründe für einen Entzündungsprozess im Gehirn gibt es viele. Zum Beispiel heftige Stöße oder Kopfverletzungen. Deshalb erkranken überdurchschnittlich viele Sportler wie Boxer oder Football-Spieler relativ früh an Alzheimer. Infektionskrankheiten wie Borreliose können auch eine Rolle spielen. Eine starke toxische Belastung des Körpers löst ebenfalls unterschwellig Entzündungen aus. Das kann durch Strahlung wie Elektrosmog oder Mobilfunk ebenso verursacht werden wie durch Gifte, die wir über die Luft, das Wasser und die Nahrung aufnehmen. Zudem führen toxische Stoffwechselabfälle schädlicher Viren und Bakterien, die sich in unserem Körper zu stark eingenistet haben, zu chronischen Entzündungen. Diesbezüglich liegen die zwei größten Entzündungsherde nicht im Gehirn, sondern im Mundraum und im Darm, von wo sie dann in den Kopf streuen. Von chronischen Entzündungen ist nicht nur das Zahnfleisch betroffen, sondern häufig auch der Kiefer. Implantate aus Metall verursachen massive Blockaden der betroffenen Energiemeridiane (jeder Zahn ist ein wichtiger Meridianpunkt der jeweiligen Energiebahn, die durch den ganzen Körper verläuft). Deshalb sollte man ausschließlich Implantate aus Zirkon/Keramik verwenden. Verwesungsgifte von wurzelbehandelten – und damit toten – Zähnen oder das Blei der Amalgamfüllungen belasten das Immunsystem ebenso; schädliche Erreger siedeln sich leichter an. Immer ist auch ein Entzündungsprozess die Folge.
Der andere Grund für viele chronische Entzündungen ist eine gestörte Verdauung, worauf wir noch genauer eingehen werden. Darm und Kopf sind extrem eng miteinander verflochten, man spricht sogar vom ‘Darmhirn’. Wenn das Untergeschoss schlingert, kippt auch das Oberstübchen aus dem Gleichgewicht.
Treten die ersten alzheimertypischen Symptome auf, hat die Krankheit in Wahrheit längst begonnen. Deshalb entwickelte Dr. McGeer ein Frühwarnsystem mit einem Biomarker, das es erlauben soll, eine sich anbahnende Demenz bis zu fünfzehn Jahre vor dem sichtbaren Ausbruch von Alzheimer zu erkennen. Eine Speichelprobe, die das Beta-Amyloid der Plaques enthält, weist auf einen beginnenden Demenzprozess hin – also auf eine chronische Entzündung im Gehirn (weil die Plaques ja als natürliches Antibiotikum wirken). Eine solche ‘Neuroinflammation’ ist nämlich nicht nur die Ursache für Alzheimer, sondern auch für Parkinson und ALS.
Da liegt die Frage nahe: Sind herkömmliche entzündungshemmende Medikamente, wie sie beispielsweise Rheumakranke nehmen, in der Lage, Alzheimer zu verhindern? Könnte man bei ersten Anzeichen von Demenz einfach Ibuprofen oder Voltaren schlucken und den Prozess stoppen? – So scheint es in der Tat. Dies zeigten Tierversuche, wo man Alzheimer-Mäusen stark anti-inflammatorische Mittel ins Futter mischte, worauf sich diese nach einer gewissen Zeit genauso zu verhalten begannen wie die gesunden Mäuse. Pat McGeer kontaktierte Rheumatologen auf der ganzen Welt und wollte wissen, ob sie Rheumapatienten hätten, die auch an Alzheimer litten. Praktisch nie, war die Antwort.
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