Mit skrupellosen Methoden hat die Pharmaindustrie das Gesundheitswesen korrumpiert und sich unermesslich viel Macht sowie Geld verschafft. Die Rechnung zahlt der Patient – oft mit seinem Leben. Ein Experte ersten Ranges schildert, warum wir uns und unsere Lieben möglichst von den Fängen der Schulmedizin fernhalten sollten.
„Herr Doktor, mir geht es gar nicht gut, ich bin so traurig“, erklärt eine 87-jährige Frau dem Arzt im Krankenhaus. Seit Wochen ist sie hier wegen eines Oberschenkelhalsbruches in Behandlung, was ihren Alltag verständlicherweise grau macht. Der Arzt verschreibt ihr ein Antidepressivum. Auf einmal will die bis dahin geistig fitte, tief gläubige Dame nicht mehr zu ihrer Familie nach Hause, sondern ins Altersheim. Dort verliert sie ihre heitere Seite ganz, hört auf zu beten und spricht hauptsächlich davon, endlich sterben zu wollen, weil alles sinnlos sei. Schließlich entscheidet sich ihre Tochter doch, sie aus dem Altersheim zu sich nach Hause zu nehmen. Sie setzt die Psycho-Pille ab – und rasch ist die betagte Frau geistig wieder die Alte! Sie nimmt wie früher am Leben teil, kehrt wieder zu ihrem abendlichen Gebetsritual zurück und verlebt noch sechs erfüllte Jahre im Familienkreis, bis sie im Beisein ihrer Tochter sanft in die „schönere andere Welt“, wie sie das Jenseits immer bezeichnete, hinüberschläft. Die alte Frau hatte Glück, dass sie Verwandte hatte, die sich um sie kümmerten und gegenüber der Schulmedizin kritisch eingestellt waren.
Doch andere hatten nicht dieses Glück. Wie der dreizehnjährige US-Amerikaner Matt Miller, der unglücklich war, nachdem seine Familie in ein neues Stadtviertel gezogen war und er alle seine Freunde aus der Kindheit hatte verlassen müssen. Der Arzt verschrieb ihm das Antidepressivum Zoloft und sagte ihm, er solle in einer Woche wieder in die Praxis kommen. Bevor die Woche vorbei war, kletterte Matt in seinen Kleiderschrank und erhängte sich an einem etwas höher hängenden Haken. Er ist kein Einzelfall, sondern steht für unzählige Opfer der Pharmaindustrie.
Wer rücksichtslos mit dem Auto fährt und dadurch den Tod eines Menschen am Zebrastreifen verursacht, kommt ins Gefängnis. Wer als rücksichtsloser Pharma-Manager wissentlich ein schädigendes Medikament auf den Markt bringt und damit den Tod Tausender Menschen in Kauf nimmt, bekommt einen Bonus in Millionenhöhe und wird von der Politik hofiert: „Wenn es um kriminelle Strukturen geht, stehen Pharmakonzerne der Mafia um nichts nach“, erklärt der profilierte Pharmakritiker Peter C. Gøtzsche. Ein ehemaliger Marketingdirektor des Pharmariesen Pfizer, der sich vom Saulus zum Paulus wandelte, ergänzt: „Es ist beängstigend, wie viele Ähnlichkeiten zwischen dieser Industrie und der Mafia bestehen. Die Mafia verdient obszön viel Geld, ebenso diese Industrie. Die Nebenwirkungen des organisierten Verbrechens sind Tötungen und Tote, genau wie in der Pharmaindustrie. Die Mafia besticht Politiker und andere, genau wie die Pharmaindus-trie … Der Unterschied besteht darin, dass die Leute in der Pharmaindustrie – nun ja, ich würde sagen, 99 Prozent von ihnen – sich für gesetzestreue Bürger halten, nicht für Leute, die jemals eine Bank ausrauben würden … Es ist beinahe vergleichbar mit Kriegsverbrechen: Im Krieg tun Menschen Dinge, die sie sich vorher nie zugetraut hätten. In einer Gruppe tun Menschen Dinge, die sie sonst nicht tun würden.“ Noch einen Unterschied gebe es: Die Mafia bringt weniger Menschen um … Große Sprüche? Eben nicht. Gøtzsche arbeitete jahrelang selbst für Pharmaunternehmen und ist nun Facharzt sowie Professor für klinisches Forschungsdesign in Kopenhagen. Er veröffentlichte wissenschaftliche Artikel in allen wichtigen medizinischen Fachzeitschriften der Welt. Sein geballtes Wissen packte er in das Buch „Tödliche Medizin und organisierte Kriminalität“. Obwohl es nichts als die Realität wiedergibt, liest es sich wie ein Krimi und handelt „vom Versagen des ganzen Systems, dessen Ursache weit verbreitete Kriminalität, Korruption und unzulängliche Überwachung von Medikamenten sind“. Es bietet eine wissenschaftlich fundierte Dokumentation über den moralischen Verfall auf allen Ebenen. Gleichzeitig ist das Werk auch ein feuriger Appell für eine weitgehende Abkehr von der Einnahme schulmedizinischer Medikamente – und das von einem Schulmediziner, der keinerlei Sympathien für die Alternativmedizin hegt.
Medikamente sind in der westlichen Welt – nach Herzkrankheiten und Krebs – die dritthäufigste Todesursache. In Deutschland kommen jährlich rund fünfzigtausend Menschen an Medikamenten um. Schon die Anfänge der größten Medikamentenhersteller sind alles andere als ruhmreich: Viele handelten mit Opium, Morphium oder Heroin, wie der Schweizer Konzern Roche, der zwischen den beiden Weltkriegen Morphin an die Unterwelt verkaufte. Heute wird die Droge Krebskranken ganz legal als schwerstes Schmerzmittel verabreicht, das das Gehirn lähmt und Heilung verunmöglicht. Danach machte Roche das Beruhigungsmittel Valium zum meistverkauften Medikament der Welt, dessen Großhandelspreis fünfundzwanzigmal über dem Goldpreis lag. Ethisch betrachtet sei es gleichgültig, ob Mittel, die das Gehirn beeinflussen, legal oder illegal verkauft werden. Der Unterschied sei lediglich, dass Dealer von Heroin als skrupellos, Verkäufer legaler, aber schädlicher Medikamente meist als wohltätig gelten. Pharmakonzerne verstießen bewusst gegen Gesetze, um noch mehr Gewinne einzufahren. So zahlte Glaxo-SmithKline 2011 in den USA drei Milliarden Dollar, weil es mehrere Medikamente illegal für nicht zugelassene Indikationen vermarktet hatte, Pfizer hatte 2,3 Milliarden Dollar für ähnliche Delikte oder Eli Lilly ebenfalls 2009 1,4 Milliarden Dollar wegen illegaler Vertriebsmethoden zu berappen. Könnte es sich um Einzelfälle gehandelt haben? Nein, ist sich Gøtzsche sicher: Große wie kleine Unternehmen der Branche verstießen ständig und ohne Skrupel gegen Gesetze. „Todesfälle und schwere Nebenwirkungen werden einfach in Kauf genommen.“ Die Gesetzesverstöße seien derart verbreitet, häufig und vielfältig, dass nur eine Schlussfolgerung möglich sei: „Sie werden vorsätzlich begangen, weil Verbrechen sich auszahlen. Die Unternehmen betrachten die Strafen als Betriebsausgaben und setzen ihre illegalen Aktivitäten fort, als wäre nichts gewesen.“ Nur Strafausmaße, die Pharmakonzerne die Existenz kosten könnten, würden abschreckend wirken, so der mutige dänische Buchautor.
Der erste große Pharmaskandal betraf das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan (in Österreich und der Schweiz als Softenon verkauft) mit dem Wirkstoff Thalidomid. Da es auch bei Schwangerschaftsübelkeit wirkte, wurde es ab der Markteinführung 1957 speziell für Schwangere empfohlen, was fatale Folgen hatte: Rund zehntausend Kinder kamen mit schweren Missbildungen an den Gliedmaßen zur Welt, zusätzlich verursachte es bei zahlreichen Frauen Abgänge und Fehlgeburten. Obwohl immer mehr Ärzte und Wissenschaftler auf den Zusammenhang mit dem Mittel hinwiesen, nahm es das Unternehmen Grünenthal erst 1961 vom Markt. Unfassbarerweise ist Thalidomid heute wieder im Einsatz: Bei Leprakranken in armen Ländern und seit 2008 auch in der EU: Hier darf es bei über 65-Jährigen gegen das multiple Myelom, einer Krebserkrankung des Knochenmarks angewendet werden.
Zwar wurden nach dem Contergan-Skandal genaue Zulassungs- und Überwachungskriterien für Medikamente formuliert und dementsprechende Behörden gegründet, doch scheint die Unverfrorenheit der Pharmakonzerne heute noch größer zu sein, wie unzählige Skandale der jungen Vergangenheit zeigen.
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