Überwachung: Droh(n)ende Zukunft?

Es schwirrt und summt immer mehr über unseren Köpfen. Der Mensch hat sich in ein neues Spielzeug verliebt: die Drohne. Doch was für viele einfach nur ein großer Spaß ist, bedeutet anderen Geld, Macht – und Kontrolle.

Die Lüfte gehören längst nicht mehr allein den Vögeln, Schmetterlingen und Insekten, doch bald könnte es dort oben so richtig eng werden. Online-Händler wie Amazon oder Google, aber auch Post- und Paketdienste oder Fast-Food-Ketten wollen in Zukunft ihre Kunden aus der Luft beliefern. Der Warenversand auf der Straße, Schiene oder selbst per Schiff dauert viel zu lange, zu verstopft sind alle Wege, zu hoch die Kosten für Benzin und andere Energieträger. Und wer mag schon einen oder zwei Tage auf die bestellte Ware warten, wenn er sie in höchstens dreißig Minuten erhalten kann, wie es Amazon verspricht? Möglich machen soll dies alles der flächendeckende Einsatz von Lieferdrohnen. Bereits im Dezember 2016 verschickte Amazon im englischen Cambridge testweise die Bestellung eines Kunden – ein Tablet-Gerät und eine Tüte Popcorn – per Drohne. Und dank einer Partnerschaft mit der Fastfood-Kette Chipotle (und diversen Ausnahmebewilligungen zu Testzwecken) können sich die Studenten der Virginia Polytechnic Institute and State University (Virginia Tech) die Burritos direkt auf den Campus im amerikanischen Blacksburg liefern lassen. Ein anderer Fastfood-Riese, Domino’s Pizza, hat angekündigt, in Zukunft die Neuseeländer mit Pizza aus der Luft beglücken zu wollen. Ist ja auch peinlich, dem Pizza-Boten im Feierabend-Schlabberlook die Türe öffnen und mit ihm ein paar Worte wechseln zu müssen …

Sei’s der Nachbar oder der Staat: Mit der Privatsphäre ist es vorbei, wenn die Drohne durch das Fenster späht.

Sei’s der Nachbar oder der Staat: Mit der Privatsphäre ist es vorbei, wenn die Drohne durch das Fenster späht.

Von Amerika über Island, Afrika (Ruanda, Tansania), Europa bis Australien wird eifrig geforscht und getestet, was sich mit den surrenden Flugrobotern alles schneller und billiger versenden ließe; allerdings gilt es, bei der praktischen Umsetzung noch ein paar Hürden zu nehmen, denn in den meisten Ländern, etwa den USA und Deutschland, verstößt die Auslieferung von Waren per Drohne zurzeit noch gegen das Gesetz. Für wie lange noch, steht auf einem anderen Blatt, der Druck der Industrie auf die Politik ist enorm.

Auch die technischen Anforderungen sind längst nicht alle gemeistert. Bei jedem Gebäude bietet sich eine andere Situation durch Bäume, Buschwerk, architektonische Unterschiede, geparkte Fahrzeuge, Gartenmöbel und so weiter, welche die Drohne erkennen und um welche herum sie manövrieren muss, und sie muss mit Stromleitungen, Wind und Wetter zurechtkommen. Auch kann man die Ware ja nicht einfach auf gut Glück im Vorgarten oder auf der Terrasse abwerfen, will man nicht riskieren, ein im Sandkasten spielendes Kind, das Meerschweinchen der Familie oder den teuren Lamborghini zu treffen, abgesehen vom bedenklichen Zustand, in dem sich dann die gelieferte Pizza befinden dürfte. Die Ideen reichen daher vom Fallschirm bis zum Paket-Butler, eine Art Kiste, die beim Haus aufgestellt und per Code aktiviert wird. Die Drohne würde das Paket darin abliefern, worauf sich der Paket-Butler wieder automatisch verschließt. In dünn besiedeltem Gebiet mag das funktionieren, in Städten jedoch müssten andere Ideen her. Natürlich haben sich Amazon & Co. auch darüber längst Gedanken gemacht. Amazon hat sich bereits das Konzept für städtische Räume patentieren lassen. Die Waren sollen per Lastwagen zu einem mehrstöckigen Turm, der einem Bienenkorb ähnelt, geliefert und dort vollautomatisch per Aufzug an die Drohnen verteilt werden. Diese starten dann von verschiedenen Plattformen aus, bringen die Ware zum Kunden und kehren dann selbstständig zum Turm zurück, um wieder aufgeladen und neu bestückt zu werden. Letztliches Ziel der Konzerne ist die lückenlose, vollautomatische Warenkette.

Zudem eignen sich die Drohnen prima als Vorläufer für andere automatisierte Anwendungen wie autonome Fahrzeuge oder Haushalt- Roboter. Bedenkt man, dass allein die Schweizerische Post bereits im Jahr 2016 160 Millionen Pakete beförderte und das Volumen an Paketlieferungen stark im Steigen begriffen ist, käme man pro Tag auf rund eine halbe Million auszuliefernder Pakete. Die Deutsche Post DHL und Hermes bewältigen zusammen zirka 4,4 Millionen Päckchen pro Tag, um die Weihnachtszeit steigt die Menge um mehr als das Doppelte. Und das Logistikunternehmen UPS stellt weltweit täglich um die siebzehn Millionen Pakete zu. Selbst wenn man berücksichtigt, dass einige Pakete für jetzige Liefer-Drohnen noch zu schwer wären und die Konzerne darüber nachdenken, mit welchen Konstruktionsänderungen an den Drohnen der Lärm eingedämmt werden könnte, wäre das Brummen und Geschwirr in der Luft noch immer gewaltig.

Alles nur Spaß?

Doch nebst den Konzernen sind noch viele andere „auf die Drohne gekommen“, nicht zuletzt Privatpersonen. Während in Deutschland bereits rund 300'000 „Spielzeug- Drohnen“ herumschwirren und zirka 100'000 Stück in der Schweiz, haben die USA schon die Millionen-Grenze geknackt. Goldmann Sachs prophezeit einen Absatzmarkt von siebzehn Milliarden US-Dollar für private Drohnen bis zum Jahr 2020 und weltweit sollen sich dann bereits zwischen 4,5 bis sieben Millionen Drohnen in privaten Händen befinden. Zählt man andere Nutzungsformen, zum Beispiel zu wissenschaftlichen Zwecken, in der Landwirtschaft oder Photographie dazu, sind die Zahlen noch um ein Vielfaches höher.