Das Geheimnis der Omega-Fettsäuren

Weshalb Fisch und vor allem gewisse Pflanzenöle so wichtig für unsere Gesundheit sind.

Omega-3-Fettsäuren finden sich nicht nur in fettigem Fisch wie Lachs, sondern vor allem auch in gewissen Pflanzenölen. Die beste und nachhaltigste Quelle sind jedoch Meeresalgen!

In den letzten Jahren hat man in vielen Publikationen und in den Medien über die essentiellen, lebensnotwendigen Fettsäuren berichtet. Dabei spielen die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren eine besonders wichtige Rolle. So wie unser Körper ein Säure-Basen-Gleichgewicht anstrebt, so benötigt er auch ein günstiges Omega-3- und Omega-6-Verhältnis. Wird das nicht berücksichtigt, kann es zu empfindlichen Störungen und Krankheitssymptomen kommen.

Wenn Fette vom Stoffwechsel aufgespaltet werden, setzen sie Nebenprodukte, wie beispielsweise Gewebehormone (medizinisch „Prostaglandine“) frei. Gewebehormone sind flinke Boten zwischen den Zellen. Sie können nützlich oder auch schädlich sein, je nach Art des aufgespalteten Fettes. Obwohl diese Gewebehormone im Körper nur wenige Minuten lang aktiv sind, wäre unser Leben ohne sie gar nicht möglich. Sie können das Immunsystem aktivieren oder deaktivieren, Blut gerinnen lassen oder verflüssigen, den Blutdruck regeln und Entzündungsreaktionen auslösen oder eine entzündungshemmende Funktion ausüben und vieles mehr.

Diese entzündungsfördernden Gewebehormone sind ganz wichtig im Abwehrgeschehen des Körpers. Doch wir benötigen sie nur in einer verschwindend geringen Menge. Wenn sie zu stark auftreten, kann es zu Schwellungen, Rötungen und entzündlichen allergischen und chronischen Reaktionen kommen.

Unser Körper braucht Prostaglandine, welche Entzündungen fördern, damit wir uns gegen Infektionen wehren können. Er braucht aber auch Prostaglandine, die Entzündungen wieder bremsen. Beide müssen zueinander in einem vernünftigen Gleichgewicht stehen. Und beide Arten werden von der Zusammensetzung der Fettsäuren in unserem Körper bestimmt.

Die Arachidonsäure (Omega-6) ist eine ungesättigte Fettsäure, die wir selber in unserem Körper bilden oder mit tierischen Nahrungsmitteln zu uns nehmen. Pflanzen sind nicht in der Lage, Arachidonsäure aufzubauen; sie ist also in pflanzlicher Nahrung nicht zu finden. So ist es logisch, dass sich die Menge der Arachidonsäure in unserem Körper mit Hilfe der Ernährung beeinflussen lässt.

Insbesondere die Omega-6-Fettsäuren aktivieren vermehrt Gewebehormone. Zu diesen gehören Prostaglandine, Leukotriene, Thromboxane und Zytokine, ebenso wie freie radikale Chemikalien, die Entzündungen auslösen und sich als Neurotoxine (Nervengifte) erweisen können. Gewebehormone aus Omega-6- und Omega-3-Fetten haben oft eine gegensätzliche Funktion: Die Gewebehormone aus Omega-6-Fettsäuren fördern Entzündungen und aktivieren Immunzellen. Das kann zum Beispiel bei einem Infekt wichtig sein. Dauert die Aktivierung jedoch zu lange an, kann dies zu fatalen Folgen wie Autoimmunerkrankungen und Allergien führen. Gewebehormone aus Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend und normalisieren das Immunsystem. Deshalb kann die Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren helfen, vielen Krankheiten vorzubeugen. Zwar tritt die entzündungshemmende Wirkung der Omega-3-Fettsäuren erst allmählich ein, da sie sich nur langsam im Körpergewebe anreichern. Dafür wirken sie aber meist nachhaltiger als chemische Arzneimittel und sind meist auch besser verträglich.

Es ist daher wichtig, darauf zu achten, dass in unserem Körper ein optimales Gleichgewicht zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren besteht. Die Alpha Linolensäure (Omega-3) kommt in relativ großen Mengen in Leinöl, Sojaöl, Weizenkeimöl, Hagebuttenkernöl, Rapsöl, Hanföl und Walnussöl vor. Weitere Omega-3-Fettsäuren (wie die Eicosapentaensäure [EPA] und die Docosahexaensäure [DHA]) sind in den Algen kalter Meereswasser und damit auch im Fett von Fischen enthalten, die sich von ihnen ernähren. Die Alpha Linolensäure ist eine Vorstufe von EPA und DHA.

Unser Organismus kann aus Alpha Linolensäure begrenzt EPA und DHA bilden. Allerdings kann eine hohe Zufuhr von Omega-6-Fettsäuren die Umwandlung von Alpha Linolensäure in EPA und DHA beeinträchtigen. Die Omega-3- (Alpha Linolensäure) und die Omega-6-Fettsäuren (Linolsäure) konkurrieren bei der Biosynthese um das gleiche Enzymsystem. Die Empfehlung ist deshalb ein Verhältnis von 4:1. Das heißt, eine gute Gehirnfunktion wäre im Verhältnis von 4 Molekülen Omega-6- zu einem Molekül Omega-3-Fettsäure optimal. (Z. B. bei Rapsöl und Zedernnussöl 2:1, bei Hanföl 3:1, bei Walnussöl 4:1 und Weizenkeimöl 6:1, Sojaöl 9:1.) Leider ist heute bei den meisten verwendeten Ölen und Fetten das Verhältnis ca. 15:1 – sie enthalten also zu viel Omega-6.

Man kann auch Ölmischungen verwenden, um das Verhältnis Omega-3- zu Omega-6-Fetten zu verbessern. Wichtig ist in jedem Fall, die Öle kühl zu lagern. Da Omega-6-Fette besser haltbar sind als Omega-3-Fette, findet man diese Öle zahlreich im Supermarkt.

Omega-9

Neben den mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren gibt es auch noch die Omega-9-Fettsäuren. Sie sind einfach ungesättigte Fettsäuren. Die Ölsäure, die reichlich in Olivenöl (69 %), Raps- und Kürbiskernöl und fast auch in allen pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten vorkommt, ist die wichtigste der einfach ungesättigten Fettsäuren. Sie kann dazu beitragen, die Gesundheit der Arterien zu verbessern. Im Übermaß allerdings kann Ölsäure die Aufnahme essentieller Fettsäuren und die Bildung von Prostaglandinen beeinträchtigen.

Was sind Fette?

Fette sind unentbehrliche Bestandteile unserer Nahrung; sie sind umgewandelte Kohlenhydrate und wie diese Energie- und Wärmespender für unseren Körper. Die Fette bilden eine „Leiter“ aus Kohlenstoff und ein „Geländer“ aus Wasserstoffatomen. Diese Wasserstoff-Kohlenstoff-Verknüpfung bezeichnen wir als Fettsäure. Die Anzahl der Wasserstoffatome pro Kohlenstoffatom entscheidet, ob es sich um eine gesättigte oder um eine ungesättigte bzw. mehrfach ungesättigte Fettsäure handelt.

Die Fette sind wasserunlösliche, energiereiche Verbindungen, welche im Darm von Enzymen der Bauchspeicheldrüse in Glycerin und Fettsäure gespalten werden. Mit der Lymphflüssigkeit kommen sie dann aus dem Darm in das Körpergewebe. Transportiert werden die Fette im Körper durch Eiweißmoleküle im Blut.

Fett ist nicht gleich Fett

Eine gesättigte Fettsäure ist nicht mehr aufnahmefähig. Dagegen kann eine ungesättigte Fettsäure noch Substanzen in ihr chemisches Gefüge einbauen, das heißt, sie kann sich im Körper mit Mineralstoffen, Eiweiß und Sauerstoff verbinden und so einen normalen Zellstoffwechsel und insbesondere eine optimale Zellatmung gewährleisten. Die hoch ungesättigten Fettsäuren greifen kräftig in den inneren Stoffumsatz und damit in die Energiegewinnung des Körpers ein. Sie sind besonders wertvoll, da sie mit bestimmten Eiweißstoffen hochenergetische Verbindungen eingehen können. Genau diese Verbindungen sind es, die unsere Zellen unter anderem für eine ausreichende Sauerstoffaufnahme und für bestimmte enzymgesteuerte Prozesse brauchen. Gesättigte Fettsäuren hingegen, wie sie beispielsweise in Margarine, Wurst und Käse vorkommen, können – im Übermaß genossen – negative Auswirkungen auf den Körper haben und etwa die Arterienverkalkung begünstigen.

Omega-3-Fettstoffe fürs Gehirn

Die Zusammensetzung der Fette hat auch einen starken Einfluss auf unser Gehirn. Omega-3-Fettsäuren halten insbesondere die Zellmembranen des Gehirns weich und beweglich. Diese Membranen bestehen aus zwei Schichten Fettmolekülen (Phospholipiden), und die Flexibilität der Membranen und damit der Zellen hängt von der Beschaffenheit dieser Fette ab. Bei gehärteten und tierischen Fetten kann die Flexibilität der Zellmembranen nachlassen und spröde und steif werden.

Zellmembranen müssen biegsam sein und in ständiger fließender Bewegung, um die Kommunikationswunder fertigzubringen, die sich im Gehirn abspielen. Das gilt insbesondere für die Synapsen der Gehirnzellen – die Verbindungspunkte, an denen die Nervenzellen zusammentreffen, um ihre Botschaften auszutauschen. Diese „synaptischen Lücken“, an denen die Signale von einer Zelle auf die andere überspringen, sind die Quelle der Fähigkeiten des Gehirns.

Damit das Gehirn in Höchstform kommt, benötigt es ein Gleichgewicht zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Am wichtigsten für die Gehirnfunktion sind die Omega-3 DHA und EPA. DHA ist die Königin der Fettsäuren. Ich habe bereits erwähnt, dass Erwachsene die Alpha Linolensäure in das Kraftwerk DHA umwandeln können. Alpha Linolensäure erhalten wir vom grünen Blatt, von Gemüse, Leinsamen, Leinsamenöl, Rapsöl, Walnüssen, Seetang und Algenprodukten. Auch Fische beziehen Omega-3-Fettsäuren über die Nahrungskette.

Die Alpha Linolensäure erhöht gleichzeitig die Versorgung mit Acetylcholin, dem wichtigsten Botenstoff des Gehirns.

Pflanzenöl statt Fischöl

Manch ein Ernährungsberater und Arzt empfiehlt, viel Fisch zu essen oder Fischölkapseln einzunehmen. Letzteres kann vom Geschmack her unangenehm sein. Außerdem bestehen die Fischöle oft aus instabilen Molekülen, die durch Lichtbestrahlung zum Zerfall neigen. Dabei entstehen freie Radikale. Überdies sollte man die zunehmenden toxischen Belastungen (Dioxin, Quecksilber, PCBs), denen Fische in den Weltmeeren ausgesetzt sind, in Betracht ziehen. Deshalb rate ich dazu, pflanzlichen Omega-3-Quellen den Vorzug zu geben. Diese sind zudem konzentrierter, wie Zahlen belegen. Der Gehalt von Omega-3-Fettsäuren in Milligramm pro 100 Gramm liegt bei:

  • Hering bis 3’720
  • Lachs bis 2’500
  • Forellen bis 500
  • Weizenkeimöl bis 8’900
  • Sojaöl bis 7’600
  • Walnußöl bis 13’400

Leinöl enthält doppelt so viele Omega-3-Fettsäuren wie Fischöl in gleicher Menge. Ein Esslöffel Leinöl pro Tag reicht aus, um gute Gewebehormone zu bekommen.

Omega-3-Fettsäuren lagern sich in die Zellen der Darmschleimhaut ein. Dadurch verleihen sie der Zellwand Beweglichkeit, so dass sich die Stoffwechselleistung verbessert. Auch bei den Krankheiten Morbus Crohn und Collitis ulcerosa haben sich Omega-3-Gaben bewährt.

Viele Ernährungswissenschaftler erhoffen sich durch die wissenschaftlich erwiesenen entzündungshemmenden Eigenschaften der Omega-3-Fettsäuren eine Hilfe bei der Eindämmung der immer mehr zunehmenden Allergien.

Omega-6-Arachidonsäure

Bei der Umwandlung von Omega-6-Fettsäuren entsteht die Arachidon-Fettsäure. Ihr Hauptlieferant sind Fleischprodukte. Mittlerweile ist die Rolle, die die Arachidonsäure spielt, recht gut aufgeklärt. An sich ist sie Bestandteil der Membranen der menschlichen Zellen. Muskelzellen enthalten relativ wenig von dieser Fettsäure, während der Gehalt in den Nervenzellen und in sehr stoffwechselaktiven Zellen wie Leber und anderen Organzellen sehr hoch ist.

Doch der Bedarf, den unser Körper an Arachidonsäure hat, ist mit 0,1 Milligramm pro Tag sehr gering. Durch die übliche Fleischkost werden aber rund 200 bis 400 Milligramm aufgenommen, das ist etwa die zweitausend- bis viertausendfache Menge. In Schweineleber befinden sich 870 Milligramm pro 100 Gramm, in Kalbsleber 350, im Eigelb 300 und in Thunfisch 280 Milligramm.

Die Zufuhr von Arachidonsäure sollte 50 Milligramm nicht überschreiten. Vegetarische Kost enthält keine Arachidonsäure und kann deshalb bei Rheumaleiden hilfreich sein. Arachidonsäure wirkt indirekt auf die Blutplättchen bzw. blutverdickend. Das ist meist nicht erwünscht. Dem wirkt die Omega-3-Fettsäure entgegen, da sie das Blut verdünnt. Ist zu viel Arachidonsäure vorhanden, kann dies unvorhergesehene chemische Reaktionen auslösen, die sogar Körperzellen zerstören können.

Barry Sears schreibt in seinem Buch Optimum: „Überschüssige Arachidonsäure ist der schlimmste biologische Alptraum. Sie ist der Baustein für schlechte Eicosanoide (Gewebehormone), einschließlich Thromboxan A2 (das die Thrombozyten-Aggregation stimuliert), PGE2 (das Schmerz verschlimmert und das Immunsystem unterdrückt) und Leukotriene (die Allergien und Hautkrankheiten fördern). Arachidonsäure ist dermaßen stark und gefährlich, dass Kaninchen, denen es ins Blut injiziert wurde, innerhalb von drei Minuten starben.“

Unter bestimmten Bedingungen kann Arachidonsäure auch am Tod von Nervenzellen stark beteiligt sein oder die Produktion von Glutamat anregen. Zu viel Glutamat provoziert die Nervenzellen, immer und immer wieder „abzufeuern“, bis sie völlig erschöpft sind. Auch hier helfen Omega-3-Fettsäuren, den Schaden, den ein Zuviel an Omega-6 Fetten in den Gehirnzellen anrichtet, einzudämmen.

Es gibt bereits Tausende von wissenschaftlichen Studien, die die positiven Effekte von Omega-3-Fettsäuren auf die Gesundheit belegen, insbesondere die Blutfettwerte verbessern und normalisieren. Sie erweitern, wie schon erwähnt, die Blutgefäße und machen zähes Blut dünnflüssiger. Studien haben aber auch gezeigt, dass die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren durch Arachidonsäure (Omega-6), die ja meist bei entzündlichen Prozessen mitbeteiligt ist, blockiert oder verdrängt wird.

Einerseits sind Entzündungen ein notwendiger Teil des Überlebenskampfes in unserem Körper, andererseits muss chronisches und gesteigertes Entzündungsgeschehen als Ursache vieler Krankheiten erkannt werden. Auch hier gilt die alte Weisheit: Zu wenig und zu viel verdirbt des Lebens Spiel. Gerade in diesem Wechselspiel des Lebens haben die Gewebehormone bzw. die essentiellen Fettsäuren eine in ihrer Tragweite noch nicht genügend erkannte Rolle inne.

Halten wir nochmals fest: Die Omega-6-Fettsäuren (Linolsäure und Arachidonsäure) als Ausgangsstoffe für die Prostaglandinbildung (Gewebehormone) wirken entzündungsfördernd, während die Omega-3-Fettsäuren (Alpha-Linolensäure) entzündungshemmend sind. Deshalb ist es ratsam, bei Omega-6-Fettsäuren kürzer zu treten und im richtigen Verhältnis auch Omega-3-Fettsäuren zu sich zu nehmen, damit nicht die entzündungsfördernden Prostaglandine überwiegen bzw. dominieren.

Entzündungsprozesse werden durch eine auf Fleischnahrung ausgerichtete Ernährung begünstigt (Stichwort: Arachidonsäure). Ein übermäßiger Genuss von Eiweiß bewirkt zudem Übersäuerung. In der Folge setzen Mastzellen Histamin frei, was wiederum Entzündungen und allergische Reaktionen auslösen kann. Rheumatische (= entzündliche) Erkrankungen haben in den vergangenen fünfzig Jahren um neunzig Prozent zugenommen. Dabei ist zu bemerken, dass die Allergien und Hautkrankheiten fördernden Gewebehormone Leukotriene, welche aus der Arachidonsäure (Omega-6) entstehen, etwa tausendmal aktiver sind als Histamin.

Empfehlungen

Zusammenfassend rate ich, bei der Ernährung auf folgendes zu achten:

  • die Aufnahme von Arachidonsäure (Omega-6) vermindern (ideal ist eine vegetarische Ernährung);
  • gleichzeitig ausreichend Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien zu sich nehmen,
  • bestehendes Übergewicht abbauen,
  • viel Obst und Gemüse roh oder mit schonendem Garverfahren essen,
  • auf Genussgifte verzichten.

Das ist die beste Art, sich die Jugend zu erhalten und ein gesundes Altwerden zu gestalten.